#140 "Permanente Angststimmung": Der Fall Föttinger/Theater in der Josefstadt
Jan 17, 2025
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Fabian Burstein, Podcast-Host von "Bühneneingang", und Wolfgang Renzl, ein Wiener Rechtsanwalt, der 18 Theatermitarbeiter des Theaters in der Josefstadt vertritt, diskutieren den Fall Föttinger. Sie beleuchten die Vorwürfe gegen den Theaterdirektor, die von Machtmissbrauch bis zu aggressivem Verhalten reichen. Themen wie das besorgniserregende Klima im Theater und die Herausforderungen des Kulturbetriebs werden ebenfalls angesprochen. Es wird über die Unsicherheiten und psychologischen Belastungen der Bühnenkünstler diskutiert.
Die anonymisierten Berichte von Theatermitarbeitern decken ein toxisches Arbeitsklima und Übergriffe durch Direktor Herbert Vöttinger auf.
Wolfgang Renzl hebt hervor, dass viele Betroffene aus Angst vor Repressalien zögerten, sich an die Kanzlei Dorda zu wenden.
Die mangelnde Transparenz und der anhaltende Einfluss Vöttingers behindern wirkliche Veränderungen und erhalten ein Klima der Angst im Theater.
Deep dives
Vorwürfe gegen Herbert Vöttinger
Herbert Vöttinger, Direktor des Wiener Theaters in der Josefstadt, sieht sich seit September 2023 schweren Vorwürfen gegenüber. Beschäftigte des Theaters haben anonymisierte Berichte über ein übergriffiges Verhalten Vöttingers sowie ein toxisches Arbeitsklima erhoben. Diese Berichte führten zur Beauftragung der Kanzlei Dorda, die jedoch in ihren ersten Ergebnissen keine juristischen Konsequenzen ableitete. Kritiker sind besorgt über die mangelnde Transparenz und die fortdauernde Macht Vöttingers innerhalb der Institution.
Rolle des Anwalts Wolfgang Renzel
Wolfgang Renzel, ein Anwalt der Kanzlei ParLaw, hat betroffene Mitarbeiter vertreten und dafür gesorgt, dass ihre anonymen Berichte ernst genommen werden. Er stellte fest, dass viele Betroffene zögerten, sich bei Dorda zu melden, da sie aus Angst vor Repressalien unter Vöttingers Führung rechneten. Renzel ermöglichte es den Opfern, ihre Erfahrungen anonym einzureichen, was es ihm erlaubte, diese in der Aufarbeitung der Vorwürfe zu berücksichtigen. Diese Strategie erwies sich als entscheidend, um ein klareres Bild der missbräuchlichen Verhältnisse zu gewinnen.
Machtmissbrauch und veraltete Strukturen
Die Berichte über Vöttinger zeigen ein Bild eines machtmissbrauchenden Direktors, der in veralteten Verhaltensmustern stecken geblieben ist. Aussagen deuten darauf hin, dass er glaubt, künstlerische Exzellenz könne nur durch die Herabwürdigung von Mitarbeitern erzielt werden. Renzel betont, dass dies nicht nur fachlich nicht fundiert, sondern auch unethisch sei und einem modernen Arbeitsumfeld widerspricht. Ein Raum des Vertrauens sei entscheidend für kreatives Schaffen, während Angst und Druck kontraproduktiv wirken.
Interne Aufarbeitung und deren Mängel
Die Aufarbeitung durch die Kanzlei Dorda stieß auf massive Kritik, da sie nicht aktiv nach früheren Mitarbeitern suchte oder systematisch Beweise sammelte. Vöttinger hatte weiterhin Einfluss, was zu einem Klima der Angst beitrug, und die interne Ermittlung wurde mehr als eine Abarbeitung denn als echte Aufklärung wahrgenommen. Viele Betroffene waren unsicher darüber, ob ihre Berichte wahr genommen und ernst genommen wurden, was das Vertrauen in den Prozess schädigte. Diese schwache Aufarbeitung macht es schwer, glaubwürdige Veränderungen innerhalb des Theaters zu erreichen.
Folgen für das Theater und die Arkitektur der Macht
Ein Gefühl der Unsicherheit und Angst prägt das Theaterumfeld, da viele Mitarbeiter befürchten, ihre Stellung zu verlieren, sollten sie sich gegen Vöttinger äußern. Die Politik hat offenbar Einfluss auf die Causa, da Subventionskürzungen angedroht wurden, sollte der Druck auf das Theater steigen. Das bestätigt die Befürchtung, dass diese Dynamik dazu führt, dass Kritiker sich nicht trauen, Missstände anzusprechen. Der Druck, die „Familienatmosphäre“ zu wahren, hindert die Theatermitarbeiter daran, grundlegende Veränderungen einzufordern.
Von Michael Nikbakhsh. Dunkelkammer Ausgabe #140 ist wieder eine Gemeinschaftsproduktion mit Fabian Burstein vom Podcast Bühneneingang. Wir befragen den Wiener Rechtsanwalt Wolfgang Renzl. Er vertritt 18 aktive und ehemalige Beschäftigte des Theaters in der Josefstadt, die Direktor Herbert Föttinger in anonymisierten Aussagen belasten. Die Rede ist von Herabwürdigungen, Wutausbrüchen und körperlichen beziehungsweise sexuellen Übergriffen. Und: Was wurde bei einer Sitzung der Ensemblevertretung mit dem Josefstadt-Stiftungsvorstand Thomas Drozda im September vergangenen Jahres gesagt? Die Ensemblevertretung fühlte sich nach Erscheinen eines kritischen Artikels im STANDARD von Drodza offenbar unter Druck gesetzt, sich pro Föttinger zu positionieren. Thomas Drozda verneint in einer Stellungnahme jede Druckausübung und auch Herbert Föttinger weist die gegen ihn gerichteten Vorwürfe zurück. Die Dunkelkammer ist ein Stück Pressefreiheit.
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