Marcus Wolter: "Chef sein ist kein Zustand, den man abends ablegt"
Jun 13, 2023
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Marcus Wolter, Geschäftsführer von Banijay und Entdecker von Stefan Raab, spricht über die Herausforderungen und Chancen der Führung. Er betont, dass Vorbilder nicht immer perfekt sein müssen und dass echte Führung weit über den Büroalltag hinausgeht. Wolter diskutiert, wie wichtig es ist, Mitarbeitende im Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben zu unterstützen, und hebt hervor, dass die Auswahl von Vorbildern mit Bedacht erfolgen sollte. Besonders kritisiert er den Einfluss von Reality-Stars und deren Vorbildfunktion in der Gesellschaft.
Führungskräfte sollten sich als Vorbilder in allen Lebensbereichen verhalten, da Leadership über Bürozeiten hinausgeht.
Leidenschaft für die Arbeit ist wichtig, aber Führungskräfte müssen darauf achten, den Druck nicht auf die Mitarbeitenden zu übertragen.
Selbstreflexion und das Lernen aus Fehlern sind entscheidend, um eine offene und innovative Arbeitsatmosphäre zu fördern.
Deep dives
Die Rolle von Vorbildern in der Führung
Führungskräfte sollten sich mit dem Thema Vorbilder auseinandersetzen, da es wichtig ist, sowohl Chefs als auch Mitarbeitende als Inspirationsquellen zu betrachten. Der Gast betont, dass niemand nur einen Einzigen als Vorbild haben sollte; stattdessen könne man von jedem in der Hierarchie lernen. Diese Einsicht inkludiert sowohl positive als auch negative Aspekte von Führung, was zu einer abwechslungsreichen Entwicklung des eigenen Führungsstils führt. Ein Beispiel, das er anführt, ist eine frühere Chefin, die stets innovatives Denken förderte und die Haltung prägte, dass Fehler nicht verziehen werden sollten, was ihn sowohl motivierte als auch als abschreckend empfand.
Führung und persönliche Integrität
Eine Führungsposition verpflichtet dazu, als Vorbild im alltäglichen Leben zu agieren, sie endet nicht mit der Arbeit. Das eget eine konstante Awareness darüber, wie das persönliche Verhalten die Wahrnehmung von der Rolle als Chef beeinflussen kann. Ein Beispiel, das er gibt, ist das Verhalten in öffentlichen Situationen, wie beim Treffen von Mitarbeitenden; selbst in der Freizeit sollte das Bewusstsein für die Vorbildfunktion präsent sein. Diese Verantwortung im persönlichen Umfeld wird als Herausforderung beschrieben, die ein Chef im Alltag meistern muss.
Die Balance zwischen Leidenschaft und Work-Life-Balance
Leidenschaft wird als ein zentraler Aspekt für Führungskräfte beschrieben, die ihren Job nicht nur als Pflicht, sondern als Bereicherung empfinden sollten. Eine unproduktive Überidentifikation mit der Arbeit kann jedoch negative Auswirkungen auf die Work-Life-Balance haben. Während leidenschaftliches Arbeiten gefördert wird, wird auch betont, dass Mitarbeitende nicht den gleichen Druck verspüren sollten, wie es bei der Führungskraft der Fall ist. Es ist wichtig, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die sowohl Engagement als auch eine gesunde Balance zwischen Arbeit und Freizeit unterstützt.
Lernen aus Fehlern und Selbstreflexion
Selbstreflexion wird als wesentlicher Bestandteil des Führungsstils hervorgehoben, um sich kontinuierlich zu verbessern. Fehler werden als unvermeidlich angesehen und die Fähigkeit, aus ihnen zu lernen, wird als Stärke beschrieben. Das Beispiel eines Referenten, der schlicht acknowledges, dass der Lebensstil des Chefs nicht nachahmenswert ist, zeigt, wie wichtig Ehrlichkeit und Feedback im Führungsprozess sind. Diese Aspekte fördern nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern auch eine offene Arbeitsatmosphäre, die Innovation und Wachstum begünstigt.
Die Dynamik der Vorbildrolle
Die Wahrnehmung von Vorbildern kann sich mit der Zeit verändern; es ist entscheidend, sich von den positiven Aspekten herauszufordern, während man die weniger wünschenswerten Merkmale meidet. Es wird diskutiert, dass auch Führungspersönlichkeiten aus ihrer Position heraus Polarisierung erzeugen können, was sowohl Inspiration als auch Ansporn für die Mitarbeitenden darstellt. Die Herausforderung, eine von den Mitarbeitenden akzeptierte Vorbildrolle zu sein, erfordert ein ständiges Feedback und Anpassungen im eigenen Verhalten. Am Ende ist es wichtig, die Menschlichkeit zu betonen und eine Arbeitskultur zu fördern, in der Lernen und Wachsen die zentralen Elemente sind.
Wie wichtig ist es für Mitarbeitende, einen Chef zu haben, an dem sie sich ein Vorbild nehmen können? Sollte es bei Vorbildern im Beruf wirklich ums Aufschauen gehen oder eher ums Nachahmen? Der Fernsehproduzent Marcus Wolter sagt: "Die meisten unserer Führungskräfte können das, was sie tun, besser, als ich es jemals könnte". Dennoch legt er Wert darauf, sich auch in seiner Freizeit als Chef zu benehmen, sollte er auf Mitarbeitende treffen, denn: "Leadership geht weit über die Bürozeiten hinaus".
Marcus Wolter ist Geschäftsführer und Gesellschafter von Banijay, der größten unabhängigen Fernsehproduktionsfirma in Deutschland. Er gilt als Entdecker von Stefan Raab, auf ihn gehen unter anderem die Fernsehformate Joko & Claas, Big Brother und Schlag den Raab zurück. In der neuen Folge des Podcasts Was Chefinnen wirklich denken sprechen die Hosts Moritz Müller-Wirth und Leonie Seifert mit Wolter, darüber, wie vorbildhaft es ist, dass er sich auch aus dem Urlaub meldet, ob Vorbild-Sein mit dem Alter zu tun hat – und warum sich Realitity-Stars nun wirklich niemand zu Vorbild nehmen sollte.
Sie erreichen das Podcastteam unter chefinnen@zeit.de.