Wie denken und handeln Superreiche? Vermögensforscher Thomas Druyen hat ihnen in den Kopf geschaut
Sep 20, 2024
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Thomas Druyen, Vermögensforscher und Professor an der Sigmund-Freud Universität in Wien, gibt Einblicke in die Psyche der Superreichen. Er diskutiert, ab wann man als reich gilt und wie Selfmade-Millionäre in den letzten Jahren an Einfluss gewonnen haben. Besonders spannend ist die Rolle von Innovation und Leidenschaft im Weg zum Wohlstand. Druyen betont, dass es nicht ums Geld geht, sondern darum, mit Reichtum etwas zu bewirken. Er beleuchtet zudem die psychologischen Eigenschaften, die den Aufstieg zu den Reichen beeinflussen.
Reichtum wird in Deutschland als relativ betrachtet, wobei technologische Innovationen einen wachsenden Einfluss auf die Vermögensbildung haben.
Viele Superreiche kämpfen mit emotionalen Herausforderungen, insbesondere solche, die plötzlich zu extremem Reichtum gelangen und damit nicht umgehen können.
Führungspersönlichkeiten müssen interdisziplinär und kooperativ agieren, um den Herausforderungen der digitalen Transformation in einer komplexen Welt begegnen zu können.
Deep dives
Technologischer Fortschritt versus Transformationsmüdigkeit
Es wird ein starkes Ungleichgewicht zwischen der Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts und der emotionalen Lähmung der Gesellschaft deutlich. Während technologische Innovationen, insbesondere in der künstlichen Intelligenz, rasant voranschreiten, fühlen sich viele Menschen überfordert und skeptisch gegenüber diesen Veränderungen. Dies führt zu einer Transformationsmüdigkeit, bei der sich eine Unentschlossenheit gegenüber notwendigen Anpassungen und Veränderungen bemerkbar macht. Dieser Gegensatz zwischen Fortschritt und psychologischer Ermüdung stellt eine signifikante Herausforderung für Einzelpersonen und Organisationen dar.
Der Reichtum und seine psychologischen Dimensionen
Die Definition von Reichtum in Deutschland wird als vielschichtig und relativ gesehen, mit einem Einkommen von 3000 Euro als einer der Indikatoren für Reichtum. Der Fokus liegt jedoch auf dem Unterschied zwischen Selfmade-Millionären und Erben, wobei die Mehrheit der Superreichen in der letzten Zeit aus dem Technologiebereich stammt. Auch wird aufgezeigt, dass Reichtum nicht automatisch zu Glück führt, da die Zufriedenheit ab einer bestimmten Einkommensschwelle nicht proportional zum hohen Einkommen steigt. Dies bedeutet, dass über 100.000 Euro jährlich keinen signifikanten Anstieg im Glücksniveau mit sich bringen.
Psychologische Veränderungen durch enormen Reichtum
Reichtum kann tiefgreifende Auswirkungen auf die psychische Verfassung und das Verhalten von Individuen haben. Menschen, die aus mittleren Verhältnissen zu extremen Reichtum gelangen, haben oft Schwierigkeiten, mit diesen Veränderungen umzugehen, was zu emotionalen und sozialen Herausforderungen führt. Ein Beispiel sind Lottogewinner, die nach kurzer Zeit oft substanzielle Summen verlieren, da sie nicht vorbereitet sind, mit dem plötzlichen Reichtum umzugehen. Der Druck und die Erwartungshaltung können dazu führen, dass diese Personen Entscheidungen treffen, die zu ihrem finanziellen Ruin führen.
Die Bedeutung von Erziehung in wohlhabenden Familien
In wohlhabenden Familien wird betont, wie wichtig es ist, Werte wie Demut und Selbstbeschränkung zu vermitteln, um den Kindern ein gesundes Verhältnis zu Reichtum und Erfolg zu ermöglichen. Erfolgreiche Familien steuern oft durch offene Kommunikation und einen Zugang zu widerstandsfähigen Bildungseinrichtungen, um emotionale Probleme in der nächsten Generation zu vermeiden. Zudem wird die Idee hervorgehoben, dass Kinder von wohlhabenden Eltern in einer Umgebung großwerden sollten, die Herausforderungen bietet, um ihre Selbstentfaltung zu fördern. Der richtige Umgang mit Reichtum spielt eine entscheidende Rolle für das Wohlergehen und die psychische Gesundheit der Nachfolgenden Generationen.
Führung und Zukunftsorientierung in komplexen Zeiten
In der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Landschaft wird ein Umdenken in der Führungskompetenz gefordert, um auf die Herausforderungen der digitalen Transformation zu reagieren. Die Notwendigkeit besteht darin, Komplexität nicht zu reduzieren, sondern zu verstehen, was in einer dynamischen, globalisierten Welt unerlässlich ist. Führungspersonen sollten interdisziplinär und kooperativ agieren, um die komplexen Realitäten unserer Zeit zu meistern. Es wird betont, dass die Anpassungsfähigkeit und die Bereitschaft zur Veränderung entscheidend sind, um als Gesellschaft in einer zunehmend technisierten Welt bestehen zu können.
Ab welchem Vermögen gilt man eigentlich als reich? Wie verändert sich die Psyche der Superreichen? Und ist es heutzutage einfacher, schon in jungen Jahren Multimilliardär zu werden? Diese Fragen beschäftigen Thomas Druyen. Er ist Vermögensforscher, Autor und Professor an der Sigmund-Freud Universität in Wien.
Im Gespräch mit Handelsblatt Chefredakteur Sebastian Matthes gibt Druyen tiefe Einblicke in die Welt der Reichen. Er beleuchtet, was Menschen dazu bewegt, extrem wohlhabend zu werden. Besonders spannend findet Druyen die Frage, wie sich Reiche untereinander unterscheiden. Dabei macht er deutlich: Ab einem gewissen Vermögensniveau leben Superreiche in „einem anderen Weltall“. Druyen beschreibt, wie Selfmade-Millionäre in den letzten Jahrzehnten an Einfluss gewonnen haben und unterstreicht die Bedeutung von Innovationen, insbesondere im Technologiebereich, die es jungen Menschen heute erleichtern, wohlhabend zu werden
Druyen betont, dass der Weg zum Wohlstand kein Zufall sei. „Es ist eine Leidenschaft“, sagt er, die Unternehmer wie Elon Musk motiviere, immer weiterzugehen - selbst wenn sie mehrfach scheitern. „Da ist wirklich keine und keiner, der mir den Eindruck vermittelt, es ging ums Geld. Darüber reden die gar nicht. Es geht darum, mit dem Geld etwas zu machen“, erläutert Druyen.