Ex-SPÖ-Vizekanzler Hannes Androsch über die neue Welt(un)ordnung – #50
Apr 27, 2018
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Hannes Androsch, ehemaliger sozialdemokratischer Vizekanzler und Industrieller, diskutiert die chaotische Weltlage und den Aufstieg Chinas in seinem Buch "Zukunft. Erkennen / Gestalten". Er analysiert die Herausforderungen für Europa und die Sozialdemokratie. Außerdem wird die Idee einer proeuropäischen politischen Einheit unter Missachtung autoritärer Strömungen erörtert. Barbara Tóth gibt dazu Einblicke in die geopolitischen Veränderungen und die wachsende Bedeutung Indiens als demokratische Kraft im globalen Kontext.
Hannes Androsch betont die Gefahren des autoritären Nationalismus und die Notwendigkeit einer pro-europäischen Politik, um die liberalen Werte zu schützen.
Die Ungewissheit bei jüngeren Politikern zwischen Erneuerung und Rückkehr zu alten Taktiken stellt eine erhebliche Herausforderung für die Zukunft dar.
Deep dives
Die Weltoffenheit Österreichs in den 70er Jahren
In den 1970er Jahren erlebte Österreich eine Phase der Weltoffenheit, geprägt von politischen Veränderungen und einem kulturellen Umbruch. Die politische Führung unter Bruno Kreisky nutzte diese Aufbruchstimmung, um die Bevölkerung von der Notwendigkeit einer globalen Integration zu überzeugen, was zu mehreren Wahlerfolgen führte. Diese Zeit war beeinflusst von internationalen Ereignissen, wie der Studentenrevolution und dem Prager Frühling, die den Wunsch nach Veränderung und Modernisierung verstärkten. Kreisky wurde nicht als Populist, sondern als ein Politiker gesehen, der die Bedürfnisse der Menschen verstand und entsprechende Maßnahmen zur politischen Gestaltung ergriff.
Die aktuellen Herausforderungen unter Sebastian Kurz
Sebastian Kurz wird als Vertreter einer Rückkehr zu nationalistischer Politik wahrgenommen, indem er viele Maßnahmen rückgängig macht, die unter Kreisky als fortschrittlich galten. Diese Rückwärtstendenz wird als Reaktion auf die Flüchtlingskrise von 2015 interpretiert, wobei Kurz versucht, die Grenzen zu schließen und eine Art nationale Einigung herzustellen, die als Rückschritt bewertet wird. Androsch hebt hervor, dass die jüngeren Generationen einen Wandel herbeiführen könnten, sind sich jedoch uneinig darüber, ob dies im Sinne einer echten Erneuerung oder vielmehr als eine Rückkehr zu alten Taktiken geschieht. Die Herausforderungen für junge Politiker sind erheblich, da sie oft sich zwischen Erfahrung und dem Anspruch an Erneuerung bewegen müssen.
Österreichs geopolitische Isolation in Europa
Die geopolitische Lage Österreichs wird als zunehmend isoliert innerhalb Europas beschrieben, während die EU Gefahr läuft, an Einfluss zu verlieren. Es wird eine kritische Haltung zur politischen Ausrichtung der österreichischen Regierung gegenüber autoritären Regierungen und nationalistischen Strömungen in Europa artikuliert. Androsch warnt vor einer Tendenz, sich aus globalen Angelegenheiten zurückzuziehen, und sieht im autoritären Nationalismus eine ernsthafte Bedrohung für die liberalen Werte. Der Dialog über mögliche neue pro-europäische Bewegungen, die es der Sozialdemokratie ermöglichen könnten, ihre Stimme zurückzugewinnen, ist dringend notwendig.
In dem Buch „Zukunft. Erkennen / Gestalten“ analysiert Hannes Androsch die chaotische Weltsituation mit dem Ende des amerikanischen Jahrhunderts und dem Aufstieg Chinas. Wir besprechen die Gefahren dieser weltweiten Umbruchsituation für Europa und die Chancen einer fraktionsübergreifenden proeuropäischen Listen bei den Europawahlen unter der Fahne des französischen Präsidenten Macron.
Zu hören: der Industrielle und ehemalige sozialdemokratische Vizekanzler Hannes Androsch, Journalist Georg Hofmann-Ostenhof, Falter-Redakteurin Barbara Tóth.