Nina Horaczek, Chefreporterin des Falter Magazins und Autorin einer Reportage über die Jenischen, und Kurt Langbein, Filmemacher eines Dokumentarfilms über die Jenischen, sprechen über die oft ignorierte Geschichte dieser diskriminierten Volksgruppe. Sie thematisieren die traumatischen Erfahrungen von jenischen Kindern in Heimen und die Herausforderungen der aktuellen Diskriminierung. Die beiden enthüllen zudem die Schwierigkeiten bei der offiziellen Anerkennung der Jenischen und die Dringlichkeit einer Entschuldigung für die vergangenen Vergehen.
Die jenische Volksgruppe in Österreich kämpft um gesellschaftliche Anerkennung und Sichtbarkeit, während ihre kulturellen Traditionen durch Modernisierung bedroht sind.
Im Gegensatz zur Schweiz, wo die Jenischen anerkannt sind, bleibt die Umsetzung konkreter Maßnahmen zur Anerkennung in Österreich bislang aus.
Deep dives
Die Geschichte der Jenischen
Die jenische Volksgruppe in Österreich ist eine weitgehend unbekannte Minderheit, die historisch diskriminiert und verfolgt wurde, insbesondere während des Nationalsozialismus. Diese Volksgruppe lebte traditionell als fahrendes Volk, vermittelte ihre Dienstleistungen durch Reisen und erlebte einen tiefen Zusammenhalt in ihren Gemeinschaften. Trotz einer Aufwertung ihrer Kultur in der heutigen Zeit als Teil eines Identitätsprozesses ist das Wissen über die Jenischen in der breiten Öffentlichkeit immer noch sehr begrenzt. Viele Mitglieder dieser Gruppe haben nie die Anerkennung als eigene Volksgruppe erhalten und kämpfen weiterhin um gesellschaftliche Sichtbarkeit und Akzeptanz ihrer Traditionen und Sprache.
Identität und Kultur der Jenischen
Die jenischen Menschen haben eine eigene, mündlich überlieferte Kultur und eine Sprache, die sich stark vom Deutschen unterscheidet. Ihre Identität ist stark mit ihrer semi-nomadischen Lebensweise verbunden, die es ihnen ermöglichte, während der warmen Monate durch die Regionen zu ziehen. Interviews mit Angehörigen dieser Gruppe zeigen ein starkes Freiheitsgefühl und den hohen Stellenwert von Solidarität, was auf das Überleben in oft prekären Lebensumständen hinweist. Diese kulturellen Merkmale sind jedoch bedroht durch die Modernisierung und die damit einhergehende Diskriminierung in der Gesellschaft.
Die Anerkennung und Herausforderungen der Jenischen
Die mangelnde Anerkennung der Jenischen als Volksgruppe in Österreich bleibt ein zentrales Thema, da im Regierungsprogramm der Türkis-Grünen Koalition zwar eine Prüfung ihrer Anerkennung erwähnt wird, aber keine konkreten Maßnahmen umgesetzt wurden. In der Schweiz hingegen sind die Jenischen bereits als eigene Volksgruppe anerkannt, was mit öffentlichen Entschuldigungen und Entschädigungen für erlittenes Unrecht einherging. Diese Diskrepanz zwischen den Ländern verdeutlicht die Herausforderungen, mit denen die Jenischen in Österreich konfrontiert sind, darunter anhaltende Diskriminierung und ein Prestigewandel in der Gesellschaft. Ein Dokumentarfilm über diese Gruppe soll deren Vergangenheitsbewältigung und den Drang zur öffentlichen Anerkennung thematisieren.
Die wenig bekannte Volksgruppe wartet in Österreich immer noch auf die Anerkennung. Dabei ist im türkis-grünen Regierungsprogramm ein Durchbruch angekündigt. Journalistische Erkundungen über eine Minderheit, die als fahrendes Volk diskriminiert und verfolgt wurde, mit Falter-Chefreporterin Nina Horaczek und dem Filmemacher Kurt Langbein.