Larissa Rhyn, Chefredakteurin von Tamedia und Expertin für Schweizer Politik, analysiert die jüngsten Entwicklungen im neuen EU-Vertrag. Die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU stehen im Fokus, besonders die strittigen Themen wie Reisefreiheit und Zuwanderung. Rhyn erklärt die Bedenken der SVP und der Gewerkschaften und evaluiert die Chancen des Vertrags bei einer Abstimmung. Außerdem wird die brisante Frage erörtert, was passiert, wenn auch dieser Versuch scheitert.
Der neue EU-Vertrag zwischen der Schweiz und der EU stellt eine bedeutende Weiterentwicklung bestehender Abkommen dar, um bilaterale Beziehungen zu stärken.
Die politische Auseinandersetzung über Lohnschutz und Zuwanderung zeigt, dass das Abkommen umstritten ist und verschiedene Sichtweisen in der Schweiz hervorruft.
Deep dives
Historische Einigung zwischen der Schweiz und der EU
Nach intensiven Verhandlungen über einen Zeitraum von 197 Sitzungen wurde ein neues Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union erzielt, das die bilateralen Beziehungen stärken soll. Dieses Abkommen ist von entscheidender Bedeutung, da es mehrere bestehende Verträge weiterentwickelt und neue Aspekte integriert, um den sich ändernden Anforderungen beider Seiten gerecht zu werden. Die Verhandlungen umfassten eine Vielzahl von Themen, die beide Parteien als wichtig erachteten, insbesondere die Zugangsregelungen zum Binnenmarkt und die Einhaltung gemeinsamer Standards. Die Präsentation des Abkommens fand kurz vor Weihnachten statt, was den historischen Charakter des Moments unterstreicht und der Schweiz die Möglichkeit gibt, ihre Interessen auf europäischer Ebene besser zu vertreten.
Neue Abkommen und Anpassungen an EU-Standards
Das neue Vertragspaket beinhaltet sowohl bestehende Abkommen als auch drei neue Bereiche, die die Schweiz gefordert hat, darunter Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit. Das Stromabkommen ist besonders bedeutend, da es der Schweiz helfen soll, ihre Energieversorgung in Krisensituationen zu gewährleisten und gleichzeitig die Netzstabilität zu sichern. Für die Bereiche Lebensmittelsicherheit und Gesundheit sind engere Kooperationen mit der EU vorgesehen, insbesondere zur besseren Vorbereitung auf mögliche pandemische Herausforderungen in der Zukunft. Diese Erweiterungen zeigen, dass die Schweiz bereit ist, sich den EU-Vorgaben anzupassen, während sie zugleich ihre nationalen Interessen wahrt.
Herausforderungen bei der Umsetzung und politische Reaktionen
Trotz der positiven Entwicklungen gibt es beträchtliche Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf das Lohnschutzsystem und die Zuwanderung. Die Unionsbürgerrichtlinie bleibt ein strittiger Punkt, wobei die Schweiz spezifische Ausnahmen aushandelte, um ihre Eigenheiten im Umgang mit EU-Bürgern zu wahren. Politische Reaktionen variieren stark, wobei die SVP das Abkommen als nachteilig empfindet, während andere Parteien wie die FDP eine differenziertere Sicht anbieten. Letztendlich wird die Umsetzung des Abkommens auch davon abhängen, wie gut die verschiedenen politischen Akteure in der Schweiz zusammenarbeiten können, um ein Gleichgewicht zwischen nationalen Interessen und den Anforderungen der EU zu finden.
Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz sind ein politischer Dauerbrenner. Am 20. Dezember – und nach 197 Sitzungen – gelang eine kleine Sensation: Diplomatinnen und Diplomaten der Schweiz und der EU einigten sich auf einen neuen Vertrag und präsentieren diesen der Öffentlichkeit. Das Paket reglet etwa Reisefreiheit, Zuwanderung, Lohnschutz – und ob im Streitfall europäisches oder schweizerisches Recht Vorzug hat.
Jeder dieser Punkte ist umstritten. So richtig zufrieden mit dem Paket scheint – ausser der zuständigen Bundesrätin Viola Amherd – niemand. Die SVP und die Gewerkschaften sind gegen das Vertragswerk. Dass es vors Stimmvolk kommt, ist daher vorgezeichnet.
In einer neuen Folge des täglichen Podcasts «Apropos» schätzt Larissa Rhyn den aktuellen Stand des EU-Dossiers ein: Hat die Schweiz gut verhandelt? Hat das Paket bei einer Abstimmung Chancen? Und was, wenn auch dieser Anlauf scheitert?