Hans Rauscher, Kolumnist beim Standard, und Jonas Scheible, SPIEGEL-Journalist und Experte für die deutsche Union und AfD, beleuchten die Rolle der konservativen Parteien in der Entstehung rechtspopulistischer Bewegungen. Sie diskutieren die historische Instabilität der Brandmauer gegen die FPÖ in Österreich und deren Einfluss auf die ÖVP. Zudem werden die gefährlichen Allianzen zwischen der CDU und der AfD kritisch betrachtet sowie die unterschätzten Risiken des Rechtspopulismus in Europa geklärt.
Die kapitalen Risiken von Koalitionen mit rechtspopulistischen Parteien wie der FPÖ haben in Österreich die politische Stabilität erheblich beeinträchtigt.
In Deutschland unterliegen konservative Parteien dem Druck, sich von der AfD zu distanzieren, während die FPÖ in Österreich historisch Teil der Regierung war.
Deep dives
Der Fall der Brandmauer in Österreich
In Österreich hat die Brandmauer gegen die FPÖ bereits vor mehreren Jahren versagt, was zu einer extremen politischen Situation führte, in der ein Rechter Kanzler werden konnte. Die konservativen Parteien, einschließlich der ÖVP, konnten kein Einvernehmen mit anderen demokratischen Parteien erzielen, was zur Machtübernahme der FPÖ führte. Frühere Zusammenarbeit zwischen sozialdemokratischen und konservativen Parteien mit der FPÖ zeigt, dass Koalitionen mit rechtsextremen Gruppen nicht nur möglich, sondern auch riskant sind. Historisch betrachtet hat die FPÖ durch solche Koalitionen kurzfristig an Einfluss gewonnen, dennoch hat die Partei nicht an ihrer extremen Positionierung verloren, sondern diese sogar verstärkt.
Die Rolle der CDU und die Zusammenarbeit mit der AfD
Die CDU hat lange Zeit eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen, doch kürzlich hat Friedrich Merz diese Tabu gebrochen, indem er Anträge einbrachte, die mit Stimmen der AfD angenommen wurden. Dies geschah im Kontext einer fragile politischen Situation, in der die CDU versuchte, ihre eigene Position zu festigen und eine härtere Linie in der Migrationspolitik zu zeigen. Kritiker warnten, dass eine solche Zusammenarbeit der AfD nur helfen könnte, ihren Einfluss zu vergrößern und die demokratischen Strukturen zu untergraben. Merz' Kehrtwende könnte sowohl innerhalb als auch außerhalb der Partei zu erheblichen Widerständen führen und langfristige Konsequenzen für die politische Landschaft in Deutschland haben.
Migrationspolitik als Schlüsselthema
Die Migrationspolitik steht im Mittelpunkt der politischen Debatten in Deutschland und Österreich, wobei die FPÖ und die AfD versuchen, durch striktere Maßnahmen Wählerstimmen zu gewinnen. Nach einem Messerangriff in Bayern, bei dem ein Asylsuchender mutmaßlich der Täter war, reagierte Merz mit einem Fünf-Punkte-Plan zur strikteren Migrationskontrolle, der mit den Stimmen der AfD angenommen wurde. Während die AfD diese Ereignisse ausnutzt, um gegen Migranten Stimmung zu machen, könnte das auch die CDU unter Druck setzen, härtere Positionen zu vertreten, um Wähler nicht an die rechte Konkurrenz zu verlieren. Diese Entwicklungen zeigen, dass die aktuelle Migrationspolitik sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene stark polarisiert und die Parteien dazu verleitet werden, sich extremen Positionen anzunähern.
Die Lehren aus der Geschichte: Österreich vs. Deutschland
Der Umgang mit rechtspopulistischen Parteien unterscheidet sich zwischen Österreich und Deutschland, wobei Österreich bereits eine längere Geschichte mit der FPÖ hat. Während die FPÖ in Österreich mehrfach Teil von Koalitionen war, stehen in Deutschland konservative Parteien unter Druck, sich nicht mit der AfD zu verbünden, obwohl das Risiko einer Zusammenarbeit gewachsen ist. Es bestehen zwei Hauptstrategien: die Themen der Rechten zu besetzen oder sich von ihnen zu distanzieren, wobei Letzteres in Österreich nicht erfolgreich war. Ein historischer Vergleich zeigt, dass das Vertrauen auf rechtsextreme Parteien zu instabilen politischen Verhältnissen führen kann und die Gefahr besteht, dass sie die Kontrolle übernehmen.
Die Geschichte vom Fall der Brandmauer beginnt in Österreich vor über 50 Jahren. Schon 1983 saß die rechtspopulistische FPÖ erstmals in einer Regierung - mit den Sozialdemokraten. Später waren es Konservative, die die Brandmauer immer wieder einreißen ließen. Heute ist die ÖVP bereit, die FPÖ zur Kanzlerpartei zu machen.
Was lässt sich aus der österreichischen Geschichte über den Umgang mit rechtspopulistischen Parteien lernen? In dieser Folge von Inside Austria schauen wir uns an, wie die Brandmauer in Österreich fiel. Wir fragen, was Sozialdemokraten und später Konservative davon hatten, der FPÖ an die Macht zu helfen. Und welche Lehren sich daraus ziehen lassen.
In der Podcast-Serie Inside Austria rekonstruieren der SPIEGEL und der österreichische STANDARD gemeinsam Fälle, Skandale und politische Abgründe in Österreich.
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