Tanja Penter, Historikerin an der Universität Heidelberg, beleuchtet das sowjetische Militärdesaster in Afghanistan und die langfristigen Folgen. Sabine Adler, Korrespondentin mit Fokus auf Russland, analysiert die Auswirkungen der Invasion auf die sowjetische Innenpolitik. Antonia Rados, Journalistin mit tiefen Einblicken in Afghanistan, schildert die humanitäre Krise nach den Interventionen. Gemeinsam thematisieren sie die komplexen Zusammenhänge der Geschichte und deren Einfluss auf die aktuelle Lage im Land.
Der sowjetische Abzug aus Afghanistan 1989 hinterließ ein militärisches Desaster mit Millionen von Toten und Flüchtlingen.
Historische Interventionen in Afghanistan, wie die sowjetische und die US-amerikanische Unterstützung der Mujahedin, verschärften die langfristige Instabilität und humanitäre Krise im Land.
Deep dives
Der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan
Der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan im August 2021 markierte einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte des Landes. Dabei wurde die Machtübernahme der Taliban nahezu über Nacht möglich, nachdem ausländische Truppen das Land verlassen hatten. Ein Staatsbeamter, der an dem Prozess beteiligt war, bezeichnete die Situation als eine humanitäre Katastrophe, die durch Missmanagement und Ignoranz der internationalen Gemeinschaft vorhersehbar war. Historische Parallelen zu früheren Interventionen zeigen, dass Afghanistan oft von ausländischen Mächten besetzt wurde, die letztendlich nichts als Chaos und Zerstörung hinterließen.
Die sowjetische Invasion und ihre Motive
Die Invasion der Sowjetunion in Afghanistan 1979 hatte komplexe geopolitische Motive, die sowohl durch interne als auch externe Faktoren beeinflusst waren. Der afghanische Bürgerkrieg und die Furcht vor einer muslimischen Revolution in den benachbarten sowjetischen Republiken spielten eine Schlüsselrolle bei der Entscheidung, militärisch einzugreifen. Die Sowjets hofften, durch ihre Intervention einen pro-sowjetischen Regime zu installieren und gleichzeitig das Aufkommen radikaler Bewegungen zu verhindern. Doch die langjährige Militärpräsenz führte letztlich zu einem verheerenden Krieg und hinterließ Afghanistan in einem Zustand der Instabilität.
Die Rolle der Mujahedin und die Auswirkungen auf die USA
Während des sowjetischen Engagements in Afghanistan erhielten die Mujahedin Unterstützung aus den USA, was ihre Position im Land stärkte und zur Entstehung extremistischer Bewegungen führte. Nach dem Ende des sowjetischen Krieges 1989 führte das Machtvakuum zu einer Fragmentierung Afghanistans und der Entstehung der Taliban. Die Unterstützung der USA für die Mujahedin wurde später als Problem erkannt, da die radikalen Elemente, die durch diese Hilfe gestärkt wurden, zu terroristischen Organisationen heranwuchsen. Insgesamt war mehr als eine Million Afghanen der Gewalt zum Opfer gefallen und Millionen wurden zu Flüchtlingen, was die humanitäre Krise im Land nur verschärfte.
Ein verlorener Krieg und seine Folgen
Die sowjetische Intervention in Afghanistan wird oft mit dem Vietnamkrieg gleichgesetzt, da beide Konflikte die militärischen und politischen Möglichkeiten der jeweiligen Großmächte stark beeinträchtigten. Der Rückzug der sowjetischen Truppen führte nicht zu einem stabilen Frieden, sondern zu einer weiteren Eskalation des Konflikts im Land, was schließlich die Talibanherrschaft begünstigte. Diese historischen Ereignisse werfen einen Schatten auf das heutige Afghanistan, wo die Bevölkerung weiterhin unter sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten leidet. Die wiederkehrenden geopolitischen Interventionen haben das Land in einen Zustand gebracht, der von instabilen politischen Verhältnissen und humanitären Krisen geprägt ist.
Als am 15. Februar 1989 die Sowjet-Truppen aus Afghanistan abziehen, hinterlassen sie ein militärisches Desaster: zwei Millionen getötete Zivilisten, zehn Millionen Geflüchtete.
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Ihr hört in dieser "Eine Stunde History":
00:11:47 - Tanja Penter erläutert das sowjetische Desaster "Sovietnam".
00:22:16 - Sabine Adler beschreibt die Auswirkungen der Invasion in Afghanistan auf die Sowjetunion.
00:35:50 - Antonia Rados beschreibt die Lage im Land am Hindukusch.