Olaf Scholz, seit 2021 Bundeskanzler und ehemaliger Bürgermeister von Hamburg, teilt in diesem Gespräch seine politischen Fehler und Herausforderungen. Er reflektiert über die Rentenpolitik und die Notwendigkeit von Reformen angesichts des demografischen Wandels. Scholz thematisiert auch die Migrationspolitik und die Rolle der SPD als Volkspartei in einer polarisierten Landschaft. Zudem berichtet er humorvoll über seinen Umgang mit Kritik und persönliche Beziehungen zu anderen Politikern, während er die kommende politische Herausforderung einer schwarz-blauen Koalition fürchtet.
Olaf Scholz betont die Verantwortung der Politik, aktiv einen Dialog mit der Bevölkerung zu fördern und Vertrauen in demokratische Prozesse zu schaffen.
Die Herausforderungen im Bereich Migration erfordern eine Balance zwischen der Reduzierung irregulärer Migration und dem Schutz bedürftiger Flüchtlinge.
Scholz fordert dringend notwendige Reformen der Rentenpolitik, um die gesetzliche Rente als zentrale Säule des Sozialstaats abzusichern.
Der Kanzler hebt die Bedeutung nachhaltiger und innovativer Ansätze zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im internationalen Kontext hervor.
Authentizität und Integrität sind für Scholz grundlegend, wobei er auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Bevölkerung in seinen Entscheidungen eingeht.
Deep dives
Politische Identifikation und Verantwortung
Der Bundeskanzler betont seine Identifikation mit verschiedenen Berufsgruppen, darunter Arbeiter und Beschäftigte im Lager- und Dienstleistungssektor. Er erkennt die Herausforderungen an, die das politische Handeln mit sich bringt, und spricht von der Verantwortung, die er als Kanzler übernimmt. Scholz äußert auch, dass die Teilnahme an historischen Momenten nicht immer positiv sein kann und dass die SPD und andere Parteien sich entscheiden müssen, echte Volksparteien zu bleiben. Diese Haltung spiegelt seine Überzeugung wider, dass trotz aller Schwierigkeiten eine aktive Politik nötig ist, um die Gesellschaft zusammenzuhalten.
Herausforderungen der Kommunikation
Ein zentrales Thema, das Scholz anspricht, ist die Kommunikation zwischen der Politik und der Bevölkerung. Er sieht eine Herausforderung darin, wie unterschiedlicher Dialekte und Meinungen in der Gesellschaft Gehör finden können. Scholz macht deutlich, dass es wichtig ist, miteinander zu reden und zuzuhören, um den Austausch zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu fördern. Er äußert sich gegen Kulturpessimismus und appelliert an das Vertrauen in demokratische Prozesse und den Dialog.
Reflexion über die eigene politische Karriere
Scholz schaut auf seine politische Karriere zurück und auf die Rolle, die er als Bundeskanzler spielt. Er reflektiert über die historische Bedeutung seiner Entscheidungen, insbesondere in Bezug auf den Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Herausforderungen. Dabei hebt er hervor, dass es seine Aufgabe ist, verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie das Leben vieler Menschen beeinflussen. Der Kanzler ist sich der Tragweite seiner Verantwortung bewusst, was sich in seiner kritischen Betrachtung der politischen Situationen zeigt.
Politische Einsichten über Migration
In einem ausführlichen Gespräch über Migration und Asyl weist Scholz auf die Notwendigkeit hin, die Herausforderungen in diesem Bereich ernst zu nehmen. Er betont, dass es wichtig ist, die irreguläre Migration zu reduzieren und gleichzeitig einen Platz für Flüchtlinge zu schaffen, die Schutz benötigen. Scholz spricht sich für eine konstruktive Integrationspolitik aus und will positive Perspektiven für Migranten und Flüchtlinge schaffen. Diese Balance zu finden, wird als eine der zentralen politischen Aufgaben angesehen.
Die Bedeutung der Rente in der Gesellschaft
Scholz führt eine Diskussion über die Rentenpolitik und die Notwendigkeit von Reformen, um die Rentensicherheit für die Bevölkerung zu gewährleisten. Er erkennt die Herausforderungen, die die demografischen Veränderungen mit sich bringen, und befürwortet eine umfassende Diskussion über Rentenreformen. Obwohl Reformen nötig sind, hebt er hervor, dass die gesetzliche Rente als zentrale Säule des Sozialstaats nicht infrage gestellt werden dürfe. Der Kanzler betont, dass gleichzeitig betriebliche Altersvorsorge und individuelle Vorsorge gefördert werden sollten.
Die Zeit als Bürgermeister in Hamburg
Olaf Scholz reflektiert über seine Zeit als Bürgermeister von Hamburg, die er als sehr positiv und formend für seine politische Karriere wahrnimmt. In dieser Rolle erlebte er den direkten Kontakt mit den Bürgern und konnte viele Veränderungen direkt umsetzen. Obwohl er sich nun in einer anderen Position befindet, bleibt die Verbindung zur Stadt und deren Menschen stark in seiner Erinnerung. Die Erfahrungen aus seiner Zeit als Bürgermeister prägen weiterhin seine Entscheidungen und Sichtweisen auf die Politik in Deutschland.
Aspekte der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit
Der Bundeskanzler thematisiert die Herausforderungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft betreffen. Er hebt hervor, wie wichtig es ist, sich auf nachhaltige und innovative Ansätze zu konzentrieren, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Scholz vorschlägt, dass eine stärkere Regulierung und Förderung neuer Technologien notwendig sind, um die bestehenden Lücken in der Produktivität zu schließen. Dies müsse Hand in Hand mit einer Verbesserung der Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in Deutschland gehen.
Bedeutung von Waffenlieferungen und internationaler Politik
Scholz diskutiert die heikle Thematik von Waffenlieferungen im Kontext des Ukraine-Konflikts. Er betont die Notwendigkeit, sich klar dafür zu positionieren, um eine Eskalation des Konflikts zu vermeiden. Der Kanzler sieht Deutschland in einer kritischen Rolle, um internationale Normen zu wahren und den Frieden in Europa zu sichern. Scholz bekräftigt, dass es entscheidend ist, die richtige Balance zwischen Unterstützung für die Ukraine und der Vermeidung einer direkten Konfrontation mit Russland zu finden.
Der Einfluss von persönlichen Überzeugungen
Der Kanzler spricht über die Rolle seiner persönlichen Überzeugungen in der politischen Arena. Er betont, dass Authentizität und Integrität für ihn essenziell sind und er sich bemüht, Zahlen und Fakten in seinen politischen Entscheidungen zu berücksichtigen. Scholz reflektiert darüber, dass echtes Engagement für die Bevölkerung und das Land stets im Mittelpunkt seiner Politik stehen sollte. Die Fokussierung auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Bürger möchte er in seiner politischen Arbeit stets sicherstellen.
Zukunft der Sozialdemokratie
Scholz äußert sich zur Zukunft der Sozialdemokratie und der Notwendigkeit, sich nicht von populistischen Strömungen ablenken zu lassen. Er fordert ein klares Bekenntnis zur sozialen Gerechtigkeit und Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Der Kanzler ist der Überzeugung, dass die SPD sich als Volkspartei beweisen kann, indem sie die Stimme der breiten Bevölkerung vertritt. Er betont, dass es entscheidend ist, den Dialog mit den Menschen weiterhin zu pflegen und ihre Anliegen ernst zu nehmen.
Er ist der neunte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und Kanzlerkandidat der SPD: Olaf Scholz ist 3 Stunden und 46 Minuten zu Gast bei "Alles gesagt?". Diese Folge des unendlichen Podcasts wurde am 30. Januar 2025 aufgenommen – einen Tag nach der historischen Abstimmung im Bundestag, bei der die CDU einen Antrag erstmals auch mit Stimmen der AfD durchgesetzt hat.
Olaf Scholz spricht über seine Fehler als Regierungschef, über die Zukunft der Rente, über seine Migrations- und Wirtschaftspolitik, die Rolle der SPD als Volkspartei, das Erbe der Agenda 2010, seine Rolle im Cum-Ex-Skandal. Und über sein Verhältnis zu Angela Merkel, Friedrich Merz und Christian Lindner. Außerdem erläutert Scholz, warum er fürchtet, dass es im kommenden Herbst zu einer schwarz-blauen Koalition in Deutschland kommt.
Olaf Scholz wurde 1958 in Osnabrück geboren und ist in Hamburg aufgewachsen. Nach seinem Jura-Studium arbeitete er als Anwalt für Arbeitsrecht und wurde 1998 erstmals in den Bundestag gewählt. 2001 wurde er in Hamburg Innensenator, 2007 Bundesarbeitsminister. Zwei Jahre später wurde er in Hamburg zum Ersten Bürgermeister gewählt. Von 2018 bis 2021 war Olaf Scholz Bundesfinanzminister und Vizekanzler, im selben Jahr wurde er zum Bundeskanzler gewählt.
Im Gespräch mit den Gastgebern Jochen Wegner und Christoph Amend erzählt Olaf Scholz, was seine Frau, die Politikerin Britta Ernst, an seinen öffentlichen Auftritten kritisiert, dass er gerne schnell Auto fährt, warum er Reden auf sich verhindert. Und er erklärt, dass er "Hillbilly Elegy", den Bestseller des heutigen US-Vizepräsidenten J. D. Vance, auch weiterhin schätzt. Nach mehr als drei Stunden beendet Olaf Scholz das Gespräch, denn das kann bei "Alles gesagt?" nur der Gast.
Produktion: Pool Artists Redaktion: Hannah Schraven, Vincent Mank, Sophie Hübner, Sophia Hubel Gästemanagement: Anna Vahldick
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