Domino-Effekt: Was passiert, wenn Merz die Grenzen schließt. Mit Daniel Thym
Jan 27, 2025
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Daniel Thym, Migrationsrechtler an der Universität Konstanz und Experte für Asylpolitik, spricht über die brisanten Themen der deutschen Grenzpolitik. Er erörtert die rechtlichen Rahmenbedingungen für mögliche Zurückweisungen an den Grenzen. Die Herausforderungen der Asylverfahren und der Rolle von Friedrich Merz werden analysiert, ebenso wie die politischen Spannungen innerhalb Europas. Thym hebt die Notwendigkeit einer solidarischen Lösung und die Gefahren einer restriktiven Asylpolitik hervor, die die Situation für Migranten weiter verschärfen könnte.
Die aktuellen Spannungen zwischen der CDU und SPD über die Asylpolitik verdeutlichen die Schwierigkeiten einer einheitlichen europäischen Lösung für die Migration.
Rechtliche Unklarheiten bezüglich der Durchsetzung von Grenzen und Asylverfahren könnten zu weiteren politischen Spannungen und Herausforderungen für die Bundesregierung führen.
Deep dives
Politische Uneinigkeit über Asylpolitik
In der Debatte über die Asylpolitik gibt es deutliche Spannungen zwischen den politischen Parteien in Deutschland, insbesondere zwischen der CDU und der SPD. Während der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz angibt, dass Zurückweisungen an deutschen Grenzen notwendig sind, lehnt die SPD dies vehement ab und claimt, dass solche Maßnahmen gegen die Verfassung und das Europarecht verstoßen. Die CDU könnte sich damit Risiken aussetzen, da unkooperative Reaktionen anderer EU-Länder drohen könnten, vor allem wenn die Regierung als nicht kooperativ wahrgenommen wird. Ein Beispiel zeigt, dass selbst Parteien in Nachbarländern, die üblicherweise strenge Asylpolitik vertreten, gegen Merz’ Vorhaben sind, was die Schwierigkeiten einer einheitlichen europäischen Lösung unterstreicht.
Probleme im Dublin-System
Das Dublin-System, das festlegt, welches Land in der EU für Asylanträge zuständig ist, funktioniert derzeit in der Praxis nicht. Jurist Daniel Thüm weist darauf hin, dass oft Deutschland nicht für Asylbewerber verantwortlich ist, diese jedoch auch nicht einfach an der Grenze zurückgewiesen werden dürfen. Stattdessen müsste ein langwieriger Verfahrenprozess durchlaufen werden, der sich aufgrund des hohen Aufkommens an Asylbewerbern über die Jahre hinweg als ineffektiv erwiesen hat. Ein Beispiel aus der Vergangenheit zeigt, dass Rückführungen häufig aufgrund von Überlastung der deutschen Behörden scheitern und auch andere europäische Länder nicht zur Zusammenarbeit bereit sind.
Rechtliche Unsicherheiten bei Zurückweisungen
Die rechtlichen Grundlagen für die Durchführung von Zurückweisungen an den Grenzen sind umstritten, was zu Unsicherheiten führt. Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Bundesregierung sofort Maßnahmen gegen die Einreise ergreifen kann oder ob erst Gerichtsentscheidungen abgewartet werden müssen. Das Europarecht sieht vor, dass Personen, die Asyl beantragen, zunächst in Deutschland bleiben sollten, was die Regierung in einen potenziellen Konflikt mit den Gerichten bringen könnte. Diese rechtlichen Unklarheiten könnten die politische Umsetzung von Merz’ Vorhaben komplizieren und Stimmung gegen die Regierung aufbringen, falls Gerichte die Maßnahmen für unrechtmäßig erklären sollten.
Mangelnde europäische Zusammenarbeit
Die Möglichkeit eines nationalen Alleingangs in der Asylpolitik könnte jedoch zu größeren Problemen führen, nicht nur für Deutschland, sondern auch für die gesamte EU. Friedrich Merz’ Vorschläge zur Zurückweisung könnten dazu führen, dass andere Länder ihre eigenen Grenzen schließen und somit eine Kettenreaktion von restriktiven Maßnahmen in der EU auslösen. Dies könnte in der Konsequenz die Zusammenarbeit zwischen den EU-Staaten untergraben und die humanitäre Behandlung von Flüchtlingen gefährden. Ein langfristiger Ansatz zur Asylregulierung erfordert vielmehr diplomatische Lösungen zwischen den Mitgliedsstaaten, um die Herausforderungen der Migration gemeinsam zu bewältigen.
Über diese Frage diskutiert Deutschland: Sollte es Zurückweisungen an der Grenze geben?
Und wenn ja: Wären diese dann verfassungswidrig? Paul Ronzheimer diskutiert mit dem Migrationsrechtler Daniel Thym nach Aschaffenburg über die Vorschläge von Friedrich Merz, die Kritik der SPD und was das alles für Europa bedeuten würde.
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