Ukraine: Der Feind im Inneren (Tag 1077 mit Rebecca Barth)
Feb 4, 2025
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Rebecca Barth, ARD-Korrespondentin im Donbass, berichtet über die erbitterte Moral der ukrainischen Soldaten und die emotionalen Auswirkungen des Krieges. Sie schildert deren Frustrationen und die Herausforderungen bei der Rekrutierung, während das Misstrauen gegenüber Kollaborateuren wächst. Besonders spannend sind ihre Einblicke aus einem Gefängnis für Verurteilte und die Sorgen über Donald Trumps potenzielle Verhandlungsstrategien. Außerdem thematisiert sie die Rolle nordkoreanischer Soldaten und die psychischen Belastungen der Kämpfer.
Die ukrainischen Soldaten kämpfen trotz erschwerter Umstände und sinkender Motivation weiterhin tapfer an der Front gegen die russische Aggression.
Donald Trumps Strategie, die Ukraine als Geschäftspartner zu betrachten, wirft ethische Fragen auf und könnte das Vertrauen zwischen der Ukraine und dem Westen gefährden.
Deep dives
Der unerwartete Widerstand der Ukraine
Die Ukraine hat sich seit Beginn des Konflikts im Jahr 2022 überraschend stark gegen die russische Aggression gewehrt. Trotz anfänglicher Erwartungen eines schnellen russischen Sieges hat die Ukraine um ihre Unabhängigkeit gekämpft und zeigt kontinuierliche militärische Stärke. Der Podcast hebt hervor, dass trotz des Eindrucks, den viele soziale Medien verbreiten, die Realität an der Front oft weniger optimistisch ist. Der Mangel an Ressourcen und Rekruten stellt eine wachsende Herausforderung dar, da die ukrainischen Streitkräfte unter großem Druck stehen, ihre defensive Position zu halten.
Mangel an Unterstützung und Rekrutierungsprobleme
Der Rekrutierungschef einer ukrainischen Brigade thematisiert die Schwierigkeiten, neue Kämpfer zu finden, die bereit sind, ihr Leben zu riskieren. Während es zu Beginn des Krieges viele Freiwillige gab, hat die allgemeine Müdigkeit und der Glauben an eine mögliche schnelle Beendigung des Konflikts die Motivation der Menschen verringert. Dies wird zusätzlich durch Äußerungen aus westlichen Ländern verstärkt, wie die von Donald Trump, die eine schnelle Lösung versprechen, was den Ukrainer:innen falsch interpretierte Hoffnungen vermittelt. Hersteller von Kriegsmaterial berichten hingegen über Schwierigkeiten in der Moral und in der Motivation der Soldaten aufgrund dieser veränderten Wahrnehmungen.
Die Herausforderungen der internationalen Unterstützung
Die geopolitische Landschaft wird durch Donald Trumps Äußerungen über die Ukraine beeinflusst, der diese als Geschäftsmöglichkeit sieht, indem er seltene Erden als Gegenleistung für Waffenlieferungen ins Spiel bringt. Diese Ressourcen sind von entscheidender Bedeutung für moderne Technologien, was den strategischen Wert der Ukraine in den Augen des Westens unterstreicht. Die Kontroversen, die aus Trumps Haltung resultieren, werfen Fragen über die Integrität der europäischen Länder und deren Verpflichtungen in der NATO auf. Meldungen über drohende Strafzölle und die Forderung nach größerer finanzieller Beteiligung von Europa zeigen, dass der Westen weiterhin politisch unter Druck steht, um den Ukraine-Konflikt zu adressieren.
Kollaboration und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft
Der Umgang mit Kollaborateuren in der Ukraine wirft komplexe ethische und gesellschaftliche Fragen auf. Während einige Verurteilte im Gefängnis für ihre Vergehen gegen das Volk einen als zu angenehm empfundenen Aufenthalt haben, verdeutlicht dies die Spannungen innerhalb der Gesellschaft. Die tief verwurzelte Gräben, die durch die Zusammenarbeit mit der russischen Besatzungsmacht entstanden sind, werden in Zukunft zu bedeutenden Konflikten führen. Es wird im Podcast betont, dass die Aufarbeitung dieser Themen über Generationen hinweg eine Herausforderung darstellen wird und die Gesellschaft prägen könnte, ähnlich der Verarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus in Deutschland.
Wie geht es ukrainischen Soldaten nahe der Front? Was treibt sie nach fast drei Jahren Krieg noch an? Mit diesen Fragen im Gepäck hat sich ARD-Korrespondentin Rebecca Barth in den Donbass aufgemacht. Im Gespräch mit Host Carsten Schmiester berichtet sie über die Moral der Soldaten, über Belastungen, Enttäuschungen und Frust. Der rührt auch daher, dass einige Ukrainer nicht zu den Waffen gegriffen haben oder greifen. Berichte über diejenigen, die mit Russland zusammengearbeitet haben, haben zudem Misstrauen in der Gesellschaft gesät. Rebecca Barth hatte exklusiven Zugang zu einem Gefängnis, in dem verurteilte ukrainische Kollaborateure sitzen. Ein Thema an der Front, so die ARD-Korrespondentin, sei Donald Trump. Mit ihm verbinden einige Soldaten die Hoffnung auf Verhandlungen und ein Ende des Krieges. Dem US-Präsidenten schwebt ein Deal vor: US-amerikanische Waffen gegen wertvolle ukrainische Rohstoffe. Ganz neu und abwegig ist der Gedanke nicht, erklärt Kai Küstner. Er zeigt aber doch, dass Trump die Ukraine weniger als Werte- und mehr als Geschäftspartner sieht. Was auch für die EU gilt, der Trump mit hohen Zöllen droht. Aus der Ukraine selbst gibt es neben dem gewohnten Bild, dass die russische Armee langsam und unter gewaltigen Opferzahlen vorrückt, auch Ungewohntes zu berichten: Offenbar haben sich die nordkoreanischen Soldaten von den Kämpfen in Kursk zurückgezogen. Vorerst jedenfalls.
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