Philipp Blom, ein Historiker, der die Auswirkungen von Krisen auf das Menschenbild erforscht, und Sonja Kato, eine Journalistin, tauchen tief in die Herausforderungen der Klimakrise und der Pandemie ein. Blom argumentiert, dass die Vorstellung vom Menschen als Herrscher der Natur überholt ist. Er fordert ein Umdenken: Menschen sind Teil der Natur, nicht ihre Krone. Dabei wird die Notwendigkeit globaler Zusammenarbeit und sozialer Gerechtigkeit thematisiert, um nachhaltige Lösungen zu finden und eine gerechte Zukunft zu gestalten.
Die Vorstellung, dass der Mensch die Krone der Schöpfung ist, wird durch die aktuellen Krisen als überholt betrachtet und erfordert ein Umdenken.
Mikroben und andere Lebensformen sind für das Überleben des Planeten entscheidend, während die Illusion der Naturbeherrschung zu Umweltkatastrophen führt.
Die Demokratie wird durch die Konzentration von Macht in den Händen weniger gefährdet, weshalb Bürgerbeteiligung dringend notwendig ist.
Deep dives
Der Mensch als Teil der Natur
Die Vorstellung, dass der Mensch die Krone der Schöpfung ist, wird als überholt betrachtet. Historiker Philipp Blom argumentiert, dass Mikroben, Algen und andere Lebensformen für das Überleben des Planeten entscheidend sind, während Menschen oft das Gefühl haben, die Natur kontrollieren zu können. Diese Illusion hat schwerwiegende Folgen für das menschliche Bild von sich selbst und sollte durch das Verständnis ersetzt werden, dass Menschen Teil eines viel größeren biologischen Systems sind. Ein Umdenken in dieser Hinsicht kann nicht nur die Wahrnehmung der eigenen Rolle im Ökosystem verändern, sondern auch Ansätze in Politik und Wirtschaft beeinflussen.
Klimakrise und ihre Lehren
Die gegenwärtigen Krisen, wie die Klimakrise und die Corona-Pandemie, sind miteinander verwoben und verdeutlichen die Verletzlichkeit der Menschheit. Blom beschreibt diese Krisen als Zeichen dafür, dass Menschen nicht die Kontrolle über ihre Umwelt haben können, wie es früher oft geglaubt wurde. Die notwendigen Anpassungen an die klimatischen Veränderungen erfordern eine Anerkennung dieser Kontrolle und die Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Dies könnte zu einer neuen Perspektive führen, die das Zusammenleben mit der Natur in den Vordergrund stellt, anstatt sie zu dominieren.
Historischer Kontext des Herrschaftsdenkens
Blom führt die Wurzeln des Herrschaftsdenkens über die Natur auf die Aufklärung und das biblische Gebot zurück, die Erde zu beherrschen. Diese Ideen haben die westlichen Zivilisationen geprägt und zu einer rationalen, funktionalen Beziehung zur Natur geführt, die jedoch nicht nachhaltig ist. Die Annahme, dass menschlicher Fortschritt auf Kosten der Natur möglich ist, hat sich als Illusion erwiesen. Der gemeinsame Glaube an die Beherrschbarkeit der Natur hat zu Umweltkatastrophen geführt, die jetzt ein Umdenken und neue Erzählungen über die Beziehung zwischen Mensch und Natur erforderlich machen.
Die Zukunft der Demokratie
Die Demokratie wird als gefährdet beschrieben, da die Macht zunehmend in den Händen weniger Konzerne liegt und die Bürger an Entscheidungsprozessen nicht ausreichend beteiligt werden. Blom betont die Notwendigkeit, Bürger in politische Prozesse einzubeziehen und den Einfluss der unmittelbaren Erfahrungen zu fördern. Diese Partizipation könnte helfen, die Demokratie zu revitalisieren und eine Gemeinschaftsvision zu kreieren, die über das individuelle Glück hinausgeht. Nur durch gemeinsame Projekte und eine klare Zukunftsperspektive kann die Demokratie auf ihrem Fundament bestehen bleiben.
Ressourcenverbrauch und globale Verantwortung
Die Vorstellung von einem privilegierten 'Wir' im Westen, das überproportional Ressourcen verbraucht, wird kritisch hinterfragt. Blom argumentiert, dass es an der Zeit ist, die Verantwortung für den eigenen Lebensstil zu übernehmen und sich auf den globalen Kontext zu konzentrieren, in dem das Überleben aller von einem nachhaltigen Umgang mit der Natur abhängt. Veränderungen im Konsumverhalten sind erforderlich, um den Raubbau an natürlichen Ressourcen zu stoppen. Eine kollektive Anstrengung, die über nationale Grenzen hinausgeht, ist unerlässlich, um eine positive Zukunft für alle zu schaffen und die Erde für künftige Generationen zu bewahren.
„Macht euch die Erde untertan!“, ruft Gott Adam und Eva zu und macht sie damit zu Herrschern über die Schöpfung. Dieser Satz begleitet die Geschichte seit drei Jahrtausenden – und mit ihm die Idee, dass Menschen über den Rest der Welt erhaben sind und die Natur kontrollieren, manipulieren, ausbeuten können.
Der Historiker Phillip Blom zeigt, wie die Klimakrise und Corona eine alte Idee zu Fall bringt. Der Mensch ist von nun an gezwungen sich als Teil der Natur, nicht als Krone der Schöpfung zu verstehen. Diese Episode ist eine Aufnahme der Wiener Vorlesung vom 9. Februar 2021. Blom spricht mit der Journalistin Sonja Kato.
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