Birgit Haller ist Konfliktforscherin mit Fokus auf Frauenmorde in Österreich. Kenan Güngör ist Soziologe und Integrationsexperte. Andreas Zembaty arbeitet als Bewährungshelfer und Florian Klenk ist Chefredakteur des Falter. Im Gespräch wird die alarmierende Zunahme von Frauenmorden in Österreich analysiert. Sie diskutieren patriarchale Strukturen, die Rolle von Flüchtlingen und die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen gegen Gewalt. Die Herausforderungen der Integration und familiale Erziehung in Bezug auf Gewalt werden ebenfalls thematisiert.
Die steigende Zahl an Frauenmorden in Österreich zeigt die verheerenden Auswirkungen patriarchalischen Denkens und Eifersucht auf das Leben von Frauen.
Flüchtlinge und Asylwerber sind überrepräsentiert unter den Tätern, was häufig zu Missverständnissen und Stigmatisierung in der Gesellschaft führt.
Deep dives
Anstieg von Frauenmorden in Österreich
Die Anzahl der Frauenmorde in Österreich hat seit 2016 signifikant zugenommen, was auf einen besorgniserregenden Trend hinweist. Experten berichten von durchschnittlich 13 Frauen, die jährlich getötet oder angegriffen wurden, und diese Zahl ist in den letzten Jahren konstant geblieben. Besonders auffällig sind die brutalen Mordfälle, die sich unter bekannten Personen ereignen, oft innerhalb der eigenen Community. Die Vorfälle legen nahe, dass patriarchalisches Denken und Eifersucht als häufige Motive eine zentrale Rolle spielen.
Rolle von Flüchtlingen und Asylwerbern
Flüchtlinge und Asylwerber sind unter den Tätern von Gewalt gegen Frauen überrepräsentiert, was in der öffentlichen Diskussion oft verwirrend und politisch aufgeladen ist. Statistiken zeigen, dass etwa die Hälfte der Tatverdächtigen in Mordfällen in Österreich Ausländer sind, wobei ein erheblicher Anteil Asylbewerber sind. Dies wird jedoch häufig missverstanden und führt zu einer Stigmatisierung von Flüchtlingen. Es ist wichtig zu betonen, dass viele dieser Gewalttaten innergemeinschaftlich erfolgen und nicht von äußeren Bedrohungen ausgehen.
Gesellschaftliche Reaktionen und Prävention
Die Diskussion über die Sicherheitslage von Frauen in Österreich erfordert eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Ursachen von Gewalt und der Rolle der Politik. Während die Politik schnelle Lösungen wie Abschiebungen diskutiert, sollte der Fokus stärker auf präventiven Maßnahmen liegen, die Frauen tatsächlich schützen. Eine bessere Aufklärung über bestehende Gesetze und Unterstützungssysteme für Frauen ist notwendig, um das Bewusstsein für Hilfsangebote zu schärfen. Darüber hinaus benötigen Institutionen und Behörden eine effektive Vernetzung, um Hochrisikofälle frühzeitig zu identifizieren und zu intervenieren.
Notwendigkeit einer veränderten Geschlechterperspektive
Ein zentraler Punkt in der Debatte über Gewalt gegen Frauen ist die Notwendigkeit, traditionelle Geschlechterrollen zu hinterfragen und neu zu definieren. Integration allein reicht nicht aus, um patriarchalisches Denken abzubauen, da historische und kulturelle Muster weiterhin massive Auswirkungen auf das Verhalten haben. Programme zur Schulung und Sensibilisierung innerhalb der Communities sind entscheidend, um ein neues Verständnis von geschlechtlichen Beziehungen zu fördern. Dies erfordert einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz, bei dem Bildung und Aufklärung Hand in Hand gehen.
Frauenmorde erschüttern Österreich. Während die Kriminalität seit Jahren zurückgeht, gibt es eine wachsende Zahl brutaler Angriffe gegen Frauen. Was hat das alles mit unserem Patriarchat zu tun und was bedeutet es, dass Flüchtlinge und Zuwanderer unter den Tatverdächtigen sind?
Raimund Löw diskutiert mit der Konfliktforscherin Birgitt Haller, dem Soziologe Kenan Güngör, dem Bewährungshelfer Andreas Zembaty und FALTER-Chefredakteur Florian Klenk.