In dieser Folge sprechen Ulrike von Hirschhausen, Professorin für Globalgeschichte, und Sönke Neitzel, Militärhistoriker, über die moderne Rückkehr des Imperialismus. Sie beleuchten die imperialistischen Strategien der USA und Chinas sowie Russlands aggressive Außenpolitik. Die Gäste diskutieren den Einfluss vergangener Imperien wie der Mongolen und Römer auf die Gegenwart. Außerdem wird die geopolitische Lage Europas, die Abhängigkeit von Tech-Unternehmen und die Dringlichkeit effektiver Diplomatie analysiert.
Der Podcast thematisiert die Rückkehr imperialer Bestrebungen im 21. Jahrhundert, insbesondere durch die Strategien von Ländern wie Russland und China.
Die imperialistische Außenpolitik der USA unter Donald Trump wird in der Tradition von William McKinley betrachtet, der Handelskriege zur Sicherung wirtschaftlicher Macht einsetzte.
Historische Imperien zeigen, dass Machtflüsse oft in Konflikten enden; diese Dynamiken sind heute noch relevant für neue und alte Mächte.
Deep dives
Die wirtschaftlichen Herausforderungen des Imperialismus
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte Alexander von Peetz fest, dass die Gefahren für Europa nicht von Armeen, sondern von wirtschaftlicher Konkurrenz, repräsentiert durch die USA, ausgingen. Er betonte die Notwendigkeit eines vereinigten europäischen Marktes, um den amerikanischen Einfluss im Welthandel entgegenzuwirken. Diese Angst vor wirtschaftlichem Verfall führte zu einem Schattenspiel imperialer Ideale und öffnete den Raum für eine Protektionismus-Politik, die in der Folge durch US-Präsident William McKinley vorangetrieben wurde. Hierbei wurde das Streben nach Expansion und Kontrolle über bemannte Gebiete zur Kernstrategie der USA, was die geopolitischen Rahmenbedingungen in dieser Ära prägend beeinflusste.
Der Übergang von Imperialismus zu neuen Imperien
Nach dem Ende des Kalten Krieges schien das Zeitalter des Imperialismus überwunden, doch die aktuelle geopolitische Landschaft zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Laut Experten erinnern die Aufstiege Russlands und Chinas an alte imperialistische Bestrebungen, die sich in der Form neuer globaler Strategien manifestieren. Beispielsweise ermöglicht die chinesische Belt and Road Initiative den wirtschaftlichen Einfluss über verschiedene Länder und Regionen, indem Infrastrukturen wie Häfen und Verkehrswege erschlossen werden. Dies deutet darauf hin, dass imperiale Tendenzen im 21. Jahrhundert immer noch existieren, auch wenn sie in veränderter Form auftreten.
US-Politik und das Erbe des Imperialismus
Die imperialistische Außenpolitik der USA fand einen neuen Ausdruck unter Donald Trump, der Protektionismus und neue Handelszölle propagierte. Dies steht in der Tradition, die bereits unter McKinley begann, als Handelskriege und Zölle als Mittel genutzt wurden, um wirtschaftliche Macht zu sichern und auszubauen. Trump bezeichnete McKinley als 'Tariff King' und erklärte die Rückgewinnung von Amerikas Schicksal als oberstes Ziel seiner Politik. Diese Rückbesinnung auf alte Strategien wirft Fragen über die zukünftige Rolle der USA im internationalen Kontext auf.
Unterdrückung und Widerstand in kolonialen Kontexten
Die Geschichte der kolonialen Herrschaft ist geprägt von der Ausbeutung und Unterdrückung der kolonisierten Völker, jedoch zeigten viele von ihnen auch Widerstand gegen diese Unterdrückung. Ein Beispiel hierfür ist Mahatma Gandhi, der in Indien eine Politik der Nichtzusammenarbeit initiierte und symbolisch gegen die britische Herrschaft protestierte, indem er den Salzmarsch organisierte. Dies führte zu massiven Verhaftungen und Schwächungen der britischen Herrschaft in Indien. Solche gegenimperialistischen Bewegungen verdeutlichen, dass auch im Angesicht von Macht und Unterdrückung der Aufstand eine zentrales Element der kolonialen Geschichte darstellt.
Die geschichtlichen Lektionen und die Gegenwart des Imperialismus
Historische Imperien lehrten, dass keine Macht ewig besteht und dass das Streben nach Expansion oft in Konflikten endet. Das Verständnis darüber, was ein Imperium ist und wie es funktioniert, wird von verschiedenen Faktoren wie Ressourcen, Loyalität und Zustimmung der Beherrschten bestimmt. Ein zentraler Aspekt ist die Schaffung von Infrastrukturen, die sowohl Kontrolle ermöglichen als auch für zukünftige Konflikte und Widerstände anfällig sind. In der heutigen Zeit erscheinen solche Dynamiken nach wie vor relevant, da neue Mächte und alte Imperien um Einfluss und Kontrolle kämpfen.
Imperien? Diese Zeit ist doch lange vorbei. So haben vermutlich viele gedacht. Spätestens nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Ende des Kalten Krieges schien das Zeitalter der Imperien und des Imperialismus endgültig Geschichte. Aber Staaten wie die USA oder China verfolgen schon seit Jahrzehnten eine imperialistische Handelspolitik. Sie bauen ihre Macht und ihren Einfluss in vielen Weltregionen aus. Staaten wie Russland machen auch nicht davor halt, ihr Territorium gewaltsam zu erweitern. Das wurde spätestens mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine Anfang 2022 klar.
Aber was bedeutet dieser Neo-Imperialismus für unsere Welt? Welchen historischen Vorbildern folgen Putin, Trump und Xi? Wann entwickelte sich das erste Imperium der Geschichte? Und warum sind das Persische Reich, das Imperium Romanum und das Mongolenreich am Ende doch untergegangen? Ein Podcast über vergangene und gegenwärtige Imperien und die Frage: war der Imperialismus wirklich jemals Geschichte?
Gesprächspartner*innen:
Mark C. Elliott
Nadin Hée
Ulrike von Hirschhausen
Bernhard Linke
Sönke Neitzel
Literatur
Asimov, Isaac (2017): Die Foundation-Trilogie.
Axworthy, Michael (2014): A History of Iran: Empire of the Mind.
Blank-Sangmeister, Ursula (1991): Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia: lateinisch/deutsch = Denkwürdige Taten und Worte.
Blösel, Wolfgang (2015): Die römische Republik: Forum und Expansion.
Cicero, Tullius M. (70 v. Chr): Reden gegen Verres. Lateinische Bibliothek des Landesbildungsservers Baden-Württemberg.
Dabringhaus, Sabine (2009): Geschichte Chinas 1279 – 1949.
Elliott, Mark C. (2009): Emperor Qianlong: Son of Heaven, Man of the World.
Menzel, Ulrich (2024): Die Ordnung der Welt.
Münkler, Herfried (2010): Imperium und Imperialismus. Docupedia-Zeitgeschichte.
Neitzel, Sönke (2000): Weltmacht oder Untergang. Die Weltreichslehre im Zeitalter des Imperialismus.
Nolte, Hans-Heinrich (2009): Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts.
Hawkins, Angus (2020): Benjamin Disraeli, Speech of the Right Hon. B. Disraeli, MP, at the Banquet of the National Union of Conservative and Constitutional Associations at the Crystal Palace, on Monday June 24, 1872.
Heé, Nadin (2012): Imperiales Wissen und koloniale Gewalt. Japans Herrschaft in Taiwan 1895-1945.
Hirschhausen von, Ulrike/ Leonhard, Jörn (2023): Empires: Eine globale Geschichte 1780-1920.
Kennedy, Paul (1989): The Rise and Fall of Great Powers.
Linke, Bernhard (2015): Die römische Republik von den Gracchen bis Sulla.
Linke, Bernhard (2000): Untersuchungen zu den religiösen Rahmenbedingungen für Herrschaftslegitimation im archaischen Griechenland.
Rollinger, Robert et al. (2014): Imperien und Reiche der Weltgeschichte. Epochenübergreifende und globalhistorische Vergleiche.
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