#275 Erklär mir Deglobalisierung, Gabriel Felbermayr
Oct 31, 2023
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Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung und Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien, gibt spannende Einblicke in die Deglobalisierung. Er diskutiert die geopolitischen Spannungen zwischen dem Westen, Russland und China und deren Auswirkungen auf den globalen Handel. Zudem erklärt er die Veränderungen in den Lieferketten seit 2008 und die wachsende Notwendigkeit der Diversifizierung, um Krisen besser zu bewältigen. Auch die Verbindung zwischen Handelsbeziehungen, Frieden und Konflikt wird beleuchtet.
Die Deglobalisierung wird von vielen als notwendige Reaktion auf geopolitische Spannungen angesehen, die durch Konflikte zwischen dem Westen, Russland und China verursacht werden.
Die Herausforderung liegt darin, die Abhängigkeiten in globalen Lieferketten zu diversifizieren, um resilientere Handelsstrategien für zukünftige Krisen zu entwickeln.
Deep dives
Die Entwicklung der Globalisierung
Die Globalisierung hat sich über die Jahrhunderte in verschiedenen Phasen entwickelt, die von Hoch- und Tiefphasen geprägt sind. Historisch gesehen begann die Globalisierung mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, als Produktionen an verschiedenen Standorten spezialisiert wurden und der Handel zwischen diesen Orten zunahm. Diese Entwicklung führte zu erheblichen Wohlstandsgewinnen, brachte jedoch auch Herausforderungen mit sich, wie regionale Arbeitslosigkeit durch Importwettbewerb. Aktuell wird in dem Kontext von Hyperglobalisierung und Deglobalisierung diskutiert, wobei viele Menschen die negativen Auswirkungen der letzten Jahre auf die Globalisierung hinterfragen, wie den Mangel an Medikamenten oder die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland.
Abhängigkeiten und ihre Folgen
Die sich verstärkenden globalen Abhängigkeiten waren eine zentrale Diskussion im Podcast, insbesondere im Hinblick auf geopolitische Spannungen. So ist beispielsweise die Abhängigkeit von Medikamenten und Rohstoffen, die in Krisenzeiten problematisch werden kann, ein entscheidendes Thema geworden. Historisch hat Adam Smith darauf hingewiesen, dass eine verstärkte Arbeitsteilung sowohl Wohlstand stiften als auch Abhängigkeiten erzeugen kann. Diese Abhängigkeiten sind heute besonders relevant, denn das Vertrauen in bestimmte Handelspartner wird durch militärische und politische Konflikte in Frage gestellt.
Wandel durch Handel und dessen Realität
Die Theorie des Wandels durch Handel, die besagt, dass wirtschaftliche Verflechtungen zu politischen Frieden führen, wird von vielen als gescheitert betrachtet, da Länder wie Russland und China oft nicht demokratisch wurden. Es gibt jedoch empirische Hinweise darauf, dass bilaterale Handelsbeziehungen tatsächlich Konflikte reduzieren können. Dennoch zeigt sich, dass die allgemeine Offenheit eines Landes, wie es das Beispiel von Russland verdeutlicht, auch zu einer Erhöhung der Konfliktwahrscheinlichkeit führen kann. Der Podcast hebt hervor, dass Wandel durch Handel keine Einbahnstraße ist und dass auch autokratische Modelle in westlichen Gesellschaften Einfluss nehmen können.
Zukunft der Globalisierung und Diversifizierung
Die gegenwärtige Diskussion über eine langsame Globalisierung, die als 'Slow-Balization' bezeichnet wird, reflektiert die Veränderungen in den globalen Lieferketten seit der Finanzkrise 2008. Obwohl eine Deglobalisierung nicht eins zu eins abzulehnen ist, sehen sich Unternehmen und Staaten zunehmend gezwungen, ihre Abhängigkeiten zu diversifizieren. Es wird beobachtet, dass Unternehmen in anderen Regionen produktionstechnisch anziehen, was nicht unbedingt zu einer Rückkehr in die alten Produktionsländer führt. Die Notwendigkeit, eine resiliente Handelsstrategie mit Alternativen für Krisensituationen zu entwickeln, wird als entscheidend für die Zukunft der globalen Wirtschaft angesehen.
Was passiert eigentlich mit der Globalisierung, wenn die Konflikte zwischen dem Westen, Russland und China noch stärker zunehmen? Der Ökonom Gabriel Felbermayr erklärt, was eine mögliche Deglobalisierung für uns heißen würde.
Gabriel Felbermayr ist Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung.
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