Michaela Lindinger, Historikerin am Wien Museum, spezialisiert auf Frauengeschichte, beleuchtet die Heiratskultur des 19. Jahrhunderts. Ehe war oft wirtschaftlich motiviert, während persönliche Gefühle im Hintergrund blieben. Interessant ist die Tradition der weißen Brautkleider, eingeführt von Königin Victoria. Die Podcast-Folge thematisiert auch die ungleichen Bedingungen für Männer und Frauen und die gesellschaftliche Stigmatisierung von Unfruchtbarkeit. Zudem wird diskutiert, wie soziale Schichten und elterliche Erwartungen die Eheschließungen in Wien prägten.
Ehen im 19. Jahrhundert wurden hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen, wobei Liebe oft nur eine zufällige Begleiterscheinung war.
Die Ehe gab Frauen kaum Rechte, während Witwen als einzige Gruppe etwas Freiheit und finanziellen Spielraum genießen konnten.
Deep dives
Die Rolle der Ehe im 19. Jahrhundert
Ehen im 19. Jahrhundert wurden größtenteils aus wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gründen geschlossen, nicht aus Liebe. Die Liebesheirat war ein relativ neues Konzept, das erst mit der Französischen Revolution populär wurde. Oft bestimmten die Eltern die Eheschließungen, wobei finanzielle Stabilität und der gesellschaftliche Stand entscheidend waren. Frauen hatten in der Ehe kaum Rechte und waren häufig abhängig von ihren Ehemännern, während Witwen die einzige Gruppe waren, die etwas Freiheit und finanziellen Spielraum genießen konnten.
Heiratsvoraussetzungen und -rituale
Die Voraussetzungen für eine Eheschließung umfassten hauptsächlich religiöse Zugehörigkeit und finanzielle Absicherung, wobei die Überprüfung oft durch die Eltern der Braut und des Bräutigams erfolgte. Zu den Heiratsritualen gehörte die Bestellung des Aufgebots und eine Zeremonie, die oft die Übergabe der Frau vom Vater an den Ehemann symbolisierte. Die Frau machte dabei wenig aus ihrer eigenen Entscheidung, da sie durch die Ehe vom Einfluss des Vaters in den des Mannes wechselte. Hochzeiten wurden ausgelassen gefeiert, wobei die Mode des weißen Hochzeitskleides erst nach der Hochzeit von Königin Viktoria populär wurde.
Scheidung und gesellschaftliche Normen
Die Scheidung war im 19. Jahrhundert extrem schwierig und gesellschaftlich stigmatisiert, was die meisten Paare daran hinderte, sich zu trennen, selbst wenn es Konflikte gab. Der Druck, eine Scheidung zu vermeiden, war besonders für Frauen hoch, da ihnen oft die Schuld an einer gescheiterten Ehe gegeben wurde. Unfruchtbarkeit wurde fast immer der Frau zugeschrieben, was ihre soziale Stellung weiter gefährdete. Uneheliche Kinder wurden in der Gesellschaft stark tabuisiert, und viele Frauen sahen sich gezwungen, diese geheim zu halten oder tragische Entscheidungen zu treffen.
Geheiratet wird im 19. Jahrhundert zuallererst aus wirtschaftlichen Gründen. Die Liebes-Heirat ergibt sich damals allenfalls als zufälliges Nebenprodukt. Die Braut in Weiß geht auf die Hochzeit von Königin Victoria zurück, erst seit damals gilt Weiß als Farbe der Wahl bei solchen Anlässen. Auch das gemeinsame Bett für Eheleute sucht man damals noch vergebens, geschlafen wird bei denen, die es sich leisten können, in getrennten Räumen. Frauen waren oft deutlich jünger als ihre Ehemänner und konnten nach deren Tod immer wieder zu einem unbeschwerteren Leben ansetzen. Operetten wie die „Lustige Witwe“ beziehen daraus ihren tieferen Sinn. Die Historikerin vom Wien Museum Michaela Lindinger spricht in dieser Ausgabe mit Mariella Gittler über die Wandlungen der Ehe.
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