Daniel Kehlmann, erfolgreicher Schriftsteller, spricht mit der Schauspielerin Julia Kreusch und den Schauspielern Günter Franzmeier und Markus Meyer über sein Theaterstück 'Geister in Princeton', das das Leben von Kurt Gödel beleuchtet. Themen wie die Verwirrungen von Identität, die Absurditäten sozialer Interaktionen und die Herausforderungen des Ukrainekriegs werden diskutiert. Regisseurin Anna Badora fügt tiefere Einblicke zu Kunst und Zeit hinzu. Humorvolle und philosophische Dialoge fördern ein kritisches Nachdenken über Verlust, Verantwortung und die Komplexität menschlicher Beziehungen.
Kehlmanns Stück 'Geister in Princeton' beleuchtet Gödels komplexe Theorien zu Zeit und Logik, die konventionelle Auffassungen herausfordern.
Die szenische Lesung vermittelt Gödels innere Konflikte und Ängste, insbesondere seine paranoide Angst vor Vergiftung und soziale Isolation.
Die Diskurse im Stück verknüpfen Gödels Theorien mit aktuellen politischen Herausforderungen und reflektieren die Relevanz von Freiheit und Demokratie.
Deep dives
Daniel Kehlmanns Theaterstück und sein Inhalt
Daniel Kehlmanns erstes Theaterstück, 'Geister in Princeton', behandelt das Leben des Mathematikers Kurt Gödel und seiner Frau Adele. Die narrative Struktur des Stücks erlaubt es, Gödels faszinierendes Gedankengebäude über Zeit und Logik darzustellen, welches sich von den traditionellen Auffassungen abhebt. Gödel, der als der größte Logiker der Neuzeit gilt, hat mit seinen Theorien die Grenzen der Mathematik und der Wirklichkeit hinterfragt, indem er postulierte, dass die Zeit nicht linear sei und das reale mit dem irrealen fließe. Diese existenziellen und philosophischen Fragestellungen werden im Stück durch die Begegnung Gödels mit den Geistern und seinen inneren Konflikten veranschaulicht, was sein tragisches Ende und seine soziale Isolation verdeutlicht.
Die szenische Lesung und die Charaktere
Die szenische Lesung des Stücks wurde von der Regisseurin Anna Badora inszeniert und bietet dem Publikum einen lebendigen Einblick in die Charaktere und ihre Beziehungen. Die Aufführung zeigt Gödels Begegnungen mit Schlüsselfiguren wie seinem Assistenten Hao Wang und seiner Frau Adele, während er sich seinen eigenen Ängsten und den Geistern seiner Vergangenheit stellt. Die Darstellung dieser Figuren wird durch den Einsatz von Akzenten und Dialogen lebendig, was dem Publikum hilft, sich in die verschiedenen Nationen und kulturellen Hintergründe der Charaktere hineinzuversetzen. Diese Elemente sorgen dafür, dass Gödels innere Unruhe und seine verzweifelten Versuche, die Realität zu begreifen, anschaulich und nachvollziehbar dargestellt werden.
Kurt Gödels verhängnisvolle Ängste
Ein zentrales Thema des Stücks sind Gödels intensive Ängste, insbesondere die Angst vor Vergiftung, die schließlich zu seinem gesundheitlichen Verfall und Tod führt. Diese psychologische Problematik wird auf eindringliche Weise durch Gödels paranoid geprägte Sicht der Welt und das Missverständnis seiner Umgebung gegenüber seiner verzweifelten Lage illustriert. Sein Glaube an übernatürliche Wesen und die Angst vor dem Verlust seiner Vernunft prägen seine letzten Lebensjahre und verdeutlichen die tragische Kluft zwischen seiner genialen Denkweise und der brutalen Realität, in der er lebt. Der schrittweise Zerfall seiner geistigen Gesundheit und die Isolation aus der Gesellschaft tragen zu einer dramatischen Betrachtung seiner Existenz bei.
Das Theaterstück als Rückblick auf Gödels Leben
Kehlmann nutzt das Theaterstück, um nicht nur Gödels Leben, sondern auch dessen intellektuelle Werte und Kämpfe auf mythologische Weise zu reflektieren. In den Szenen werden Rückblicke auf bedeutende Lebensabschnitte und Beziehungen eingebaut, die Gödels Entwicklung als Mensch und Wissenschaftler beleuchten. Diese Rückblicke schaffen eine emotionale Tiefe, die das Publikum dazu anregt, über die komplexen Fragen von Identität, Zeit und Wirklichkeit nachzudenken. Zudem wird Gödels Beziehung zu Albert Einstein thematisiert, was die Dynamik zwischen Wissenschaft, Philosophie und persönlichen Beziehungen unterstreicht.
Politische und gesellschaftliche Parallelen
Im Laufe der Lesung wird auch die Relevanz von Gödels Theorie im gegenwärtigen politischen Kontext angesprochen, insbesondere im Hinblick auf die Herausforderungen von Freiheit und Demokratie. Kehlmann und Badora ziehen Parallelen zwischen den ideologischen Kämpfen der Vergangenheit und den heutigen gesellschaftlichen Spannungen, die durch Kriege und politische Unsicherheiten geprägt sind. Diese Verknüpfung von Gödels Gedanken mit aktuellen Ereignissen zeigt, wie tiefgreifend seine Theorien auch in der heutigen Zeit wirken. Somit wird das Stück nicht nur als ein literarisches Werk, sondern auch als eine kritische Auseinandersetzung mit den gegenwärtigen politischen Verhältnissen wahrgenommen.
Logik, Wahn und Gespenster: Szenische Lesung von „Geister in Princeton“ samt Debatte mit dem Schriftsteller über Mathematik und den Ukrainekrieg. Es lesen Julia Kreusch, Günter Franzmeier und Markus Meyer im IWM Wien.