#325 Erklär mir Kinderrechte, Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez
Nov 19, 2024
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Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez, Juristin und Koordinatorin des Netzwerks Kinderrechte Österreich, erklärt eindrucksvoll die Entwicklung der Kinderrechte. Früher galten Kinder als kleine Erwachsene, was sich durch den Einfluss von Pionieren wie Janusz Korczak verändert hat. Sie thematisiert die Bedeutung von Mitbestimmung und den Schutz der Rechte von Kindern, einschließlich der Herausforderungen in Österreich. Besonders spannend ist die Diskussion über die Kinderrechte im Asylverfahren und die Notwendigkeit, Kinder in Entscheidungen einzubeziehen.
Historisch wurden Kinder lange Zeit als kleine Erwachsene angesehen, was sich erst durch soziale Reformbewegungen und Bildung verbesserte.
Die UN-Kinderrechtskonvention von 1989 betont die Notwendigkeit, Kindern Mitbestimmungsrechte zu gewähren, um ihre Meinungen ernst zu nehmen.
Trotz fortschrittlicher Ansätze in Österreich bleiben Herausforderungen wie Kinderarmut und mangelnder Zugang zu Bildung bestehen, die dringend angegangen werden müssen.
Deep dives
Die Bedeutung der Kinderrechte
Kinderrechte sind notwendig, weil Kinder in einer besonderen Lebenssituation sind, die sie anfälliger für Missbrauch und Vernachlässigung macht. Sie sind auf Erwachsene angewiesen, die Verantwortung für ihr Wohl übernehmen müssen. Die UN-Kinderrechtskonvention, die 1989 verabschiedet wurde, erweitert die allgemeinen Menschenrechte um spezifische Rechte, die die besonderen Bedürfnisse von Kindern berücksichtigen. Diese Konvention stellt sicher, dass die Bedürfnisse von Kindern in den Fokus der Gesellschaft gerückt werden und umfassende Schutzmaßnahmen erforderlich sind.
Geschichte der Kindheit und Kinderrechte
Historisch wurden Kinder oft als kleine Erwachsene betrachtet, die arbeiten mussten, um zum Familieneinkommen beizutragen. Diese Sichtweise hat sich im Laufe der Jahrhunderte gewandelt, insbesondere durch die Industrialisierung und soziale Reformbewegungen. Janusz Korczak, ein bedeutender Pädagoge und Kinderrechtler, gilt als einer der ersten, der die Rechte von Kindern prägte und sich stark für ihre Schutz und Mitbestimmung einsetzte. 2024 jährt sich die Genfer Erklärung der Kinderrechte von 1924, die die ersten grundlegenden Rechte für Kinder festlegte.
Mitbestimmung in der Kindheit
Das Recht auf Mitbestimmung ist ein zentraler Aspekt der Kinderrechte, das mit der UN-Kinderrechtskonvention von 1989 in den Fokus gerückt ist. Kinder sollen in Entscheidungen, die sie betreffen, einbezogen werden, und ihre Meinungen sollen gehört werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Kinder uneingeschränkte Freiheit haben, sondern dass Erwachsene die Verantwortung tragen, Grenzen zu setzen, während sie gleichzeitig den Bedürfnissen und Wünschen der Kinder Rechnung tragen. Diese Balance zwischen Verantwortung der Erwachsenen und Mitbestimmung der Kinder ist entscheidend für eine positive Entwicklung.
Herausforderungen und Bewusstsein
Obwohl Österreich in vielen Fällen fortschrittlicher bei der Umsetzung von Kinderrechten ist, gibt es nach wie vor bedeutende Herausforderungen, etwa in Bezug auf Kinderarmut und den Zugang zu Bildung. Bewusstseinskampagnen sind wesentlich, um die Gesellschaft über Kinderrechte aufzuklären, im Gegensatz zu Ländern, wo das Thema weniger sichtbar ist. In den nordischen Ländern beispielsweise wurden wirkungsvolle Kampagnen zur Sensibilisierung der Bevölkerung initiiert, um den Schutz und das Recht der Kinder zu fördern. Um nachhaltige Veränderungen zu erzielen, sind unter anderem auch politische Maßnahmen und eine klare rechtliche Basis notwendig.
Das aktuelle Umfeld der Kinderrechte
Die Umsetzung der Kinderrechtskonvention bringt rechtliche Verpflichtungen für Staaten mit sich, aber in der Praxis sind die Ergebnisse oft ernüchternd. In Österreich wird häufig kritisiert, dass trotz einer formalen Ratifizierung der Konvention viele Probleme wie Kinderarmut und unzureichende Bildungsangebote weiterhin bestehen. Ein besonders kritisches Anliegen ist der Gewalt- und Missbrauchsschutz, für dessen Verbesserung es an politischen und gesellschaftlichen Initiativen mangelt. Daher ist es entscheidend, dass die Rechte der Kinder in der Öffentlichkeit stärker thematisiert und durch konkrete Maßnahmen unterstützt werden.
Früher behandelte man Kinder als kleine, unfertige Erwachsene. Man zog sie auch so an. Wie sich das mit der Zeit (zum Glück) veränderte – und warum es Kinderrechte heute mehr denn je braucht, erklärt die Juristin Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez.
🙆 Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez ist Juristin und Journalistin. Sie ist Koordinatorin des Netzwerks Kinderrechte Österreich, einem Zusammenschluss von 55 Organisationen zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Österreich.
Früher waren Kinder kleine Erwachsene. Sie wurden wie Erwachsene angezogen, arbeiteten und wurden auch so behandelt. Also als zu schwach und quasi noch zu blöd, um vollwertig am Leben teilzunehmen. Das änderte sich im Laufe der Zeit, durch Sozialsysteme, die Industrialisierung und Bildung. Und den Einsatz vieler Kinderrechtler wie Janusz Korczak.
Bei Kinderrechten geht es um Mitbestimmung. Der erste Schritt war, Kinder zu schützen, weil sie schwächer sind als Erwachsene. So wie man Frauen vor Männern und Arme vor Reichen schützen muss, weil sie schwächer sind. Seit 1989 geht es aber um Mitbestimmung. Also ein Kind soll selbst mitentscheiden können, wie es lebt. Wichtig ist, es darf natürlich nicht alleine entscheiden, wann es ins Bett geht, aber es soll gehört werden.
Es braucht Bewusstseinskampagnen. Die Kinderrechte im deutschsprachigen Raum sind besser als in anderen Ländern, es gibt aber viel Luft nach oben. Dabei können wie in den nordischen Ländern Bewusstseinskampagnen helfen. Etwa als man ein Jahr lang auf alle Milchpackungen schrieb: Du darfst deine Kinder nicht schlagen.
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