Behinderung sollte als gesellschaftliches Problem betrachtet werden, um Barrieren zu identifizieren, die Inklusion behindern.
Frauen und Mädchen mit Behinderungen sind besonders vulnerabel und benötigen spezifische Unterstützungsangebote zur Gewaltprävention und -bewältigung.
Deep dives
Der menschenrechtliche Blick auf Behinderung
Ein menschenrechtlicher, sozialer Blick auf Menschen mit Behinderungen ist notwendig, um die Barrieren zu erkennen, die ihre Teilhabe an der Gesellschaft verhindern. Der Begriff „Behinderung“ sollte sich nicht nur auf die gesundheitliche Verfassung beziehen, sondern vielmehr auf die gesellschaftlichen Strukturen, die Menschen behindern. Diese Herangehensweise ermöglicht es, konkrete gesellschaftliche Probleme zu identifizieren, die zu Ausgrenzung führen. Es ist entscheidend, dass diese Barrieren angesprochen und beseitigt werden, um Inklusion zu fördern.
Strukturelle Barrieren und föderale Zuständigkeiten
Die Herausforderungen für Menschen mit Behinderungen werden oft durch komplexe föderale Zuständigkeiten in Österreich verstärkt. Viele Anfragen zu Diskriminierungen und Teilhabemöglichkeiten scheitern an unklaren Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Insbesondere die Verteilung von Themen wie Behindertenhilfe und Inklusionshilfe sorgt für Verwirrung und Frustration unter Betroffenen. Es wird eine stärkere Kohärenz und Vereinheitlichung in der Rechtsdurchsetzung gefordert, um den Zugang zu Hilfen und Leistungen zu verbessern.
Die Unterrepräsentation von Menschen mit Behinderungen
Die gesellschaftliche Wahrnehmung und Repräsentation von Menschen mit Behinderungen ist unzureichend und zeigt sich in vielen Bereichen, von den Medien bis zur politischen Vertretung. Statistiken deuten darauf hin, dass Menschen mit Behinderungen, insbesondere Frauen und Mädchen, oft weniger sichtbar sind und nur selten als aktive Akteure in der Gesellschaft wahrgenommen werden. Diese mangelnde Sichtbarkeit führt dazu, dass die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen dieser Gruppen nicht ausreichend anerkannt und adressiert werden. Es wird betont, dass eine bessere Repräsentation in verschiedenen gesellschaftlichen Rollen essenziell für die Förderung von Inklusion ist.
Intersektionale Perspektiven und Gewaltbetroffenheit
Frauen und Mädchen mit Behinderungen erfahren oft einzigartige Formen von Diskriminierung und Gewalt, die eng mit patriarchalen Strukturen verbunden sind. Diese Gruppe ist besonders vulnerable und weist eine höhere Wahrscheinlichkeit auf, Gewalt zu erleben, einschließlich institutioneller, physischer und sexualisierter Gewalt. Es besteht ein dringender Bedarf an speziell zugeschnittenen Unterstützungsangeboten, die die spezifischen Erfahrungen und Bedürfnisse von Frauen und Mädchen mit Behinderungen berücksichtigen. Eine stärkere Aufklärung und Sensibilisierung in der Gesellschaft sowie die Schaffung barrierefreier Beratungsstellen sind entscheidend, um Gewaltopfer zu unterstützen.
In dieser Episode ist Mag.a Christine Steger, Behindertenanwältin der Republik Österreich, zu Gast. Sie erklärt, wie Behinderung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention verstanden werden sollte, nämlich als Ergebnis gesellschaftlicher Barrieren, nicht individueller Defizite.
Außerdem spricht sie im Gespräch mit Mimi Gstaltner über rechtliche Hürden, föderale Unterschiede, die Herausforderungen rund um Assistenz und Barrierefreiheit und die ungleiche Repräsentation von Menschen mit Behinderungen in Medien und Gesellschaft. Ein besonderer Fokus liegt auf den spezifischen Herausforderungen, mit denen Mädchen und Frauen mit Behinderungen konfrontiert sind von fehlender Barrierefreiheit in Gewaltschutzstrukturen bis hin zur mangelnden Sichtbarkeit in politischen und gesellschaftlichen Debatten. Christine Steger spricht darüber, warum Gewaltprävention in diesem Bereich nur mit intersektionalen Ansätzen gelingen kann.