Martin Scheutz, Historiker und Experte für das Mittelalter, öffnet in diesem Gespräch die Tür zu einer Welt voller intensiver Klänge und Gerüche. Er beschreibt die akustische Chaos der Städte, geprägt von Glockenläuten und Tieren. Auch die hygienischen Zustände beeindrucken, mit allgegenwärtigen Fäkalien und handwerklichen Gerüchen. Der faszinierende Einfluss der Farben auf die soziale Ordnung und die Transformation von Holzbauten zu Steinarchitektur wird ebenfalls beleuchtet.
Die Vorstellung von Hygiene im Mittelalter war geprägt von einem Ungleichgewicht der vier Säfte, wobei Wasser als gefährlich galt und alternative Reinigungstechniken angewendet wurden.
Die akustische Landschaft mittelalterlicher Städte war lebendig, mit Glockenläuten, das den Tagesverlauf signalisierte und kulturelle Identität verkörperte.
Deep dives
Hygiene und Körpervorstellungen im Mittelalter
Im Mittelalter gab es eine andere Vorstellung von Hygiene, die von der Theorie der vier Säfte geprägt war. Man glaubte, dass der Körper aus diesen Säften besteht und ein Ungleichgewicht Krankheiten verursacht. Wasser wurde als potenziell schädlich angesehen, da man glaubte, es könnte durch die Haut in den Körper eindringen. Stattdessen nutzten die Menschen alternative Methoden zur Reinigung, beispielsweise durch Abreiben oder den Besuch von Badestuben, die oft mit Brandgefahr verbunden waren.
Gerüche in mittelalterlichen Städten
Die Gerüche in mittelalterlichen Städten waren oft intensiv und unangenehm, vor allem aufgrund der Abfallentsorgung, die primär durch Senkgruben erfolgte. Diese Gruben stanken besonders im Sommer und wurden selten gereinigt, was unangenehme Luft erzeugte. Handwerker, wie die Gerber, deren Tätigkeiten ebenfalls stark riechten, wurden oft in Vororte verlagert, um die Stadtluft zu verbessern. Trotz dieser Gerüche war die Vorstellung von Hygiene anders als heute, und viele Stadtbewohner tolerierten die Bedingungen als Teil des alltäglichen Lebens.
Die akustische Welt des Mittelalters
Das Leben in mittelalterlichen Städten war akustisch lebendig, geprägt von Glockenläuten und den Geräuschen der Arbeit. Unterschiedliche Glocken signalisierten den Verlauf des Tages und informierten die Bevölkerung über wichtige Ereignisse wie Messen oder Notfälle. Die Glocken waren nicht nur akustische Zeichen, sondern auch kulturelle Identifikationsmerkmale der Stadt, deren Verlust während revolutionärer Umwälzungen als dramatisch empfunden wurde. Im Vergleich zu Städten waren ländliche Gebiete ruhiger, wobei das Leben oft weniger intensiv klanglich geprägt war.
Eine bunte, helle Welt, voller intensiver Gerüche – kaum jemand stellt sich das Mittelalter so vor. Der Historiker Martin Scheutz erzählt im Podcast mit Mariella Gittler, wie diese Epoche wirklich gerochen und geklungen hat. Holprige Straßen, hölzerne Räder, dünne Wände, Nutztiere in der Stadt, große Märkte und dazu regelmäßiges Glockengeläut und Signaltöne rund um die Uhr strukturierten das Leben der Menschen damals von der Wiege zur Bahre. Dazu waren die Städte des Mittelalters wegen der mangelhaften Kanalisation, der offenen Feuer, geruchsintensiven Gewerbezweigen und dem Dung auf den Nutzflächen rund um die Stadt oft bereits kilometerweit zu riechen.
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