

Was denkst du denn?
Nora Hespers und Rita Molzberger
Wo ist die Schamgrenze - zum Beispiel in der Sauna? Wie läuft das mit Schuld und Entschuldigung? Und darf ich eigentlich die politische und moralische Haltung von jemandem in Frage stellen? Rita Molzberger und Nora Hespers stellen sich all diese Fragen und diskutieren. Mal mehr mal weniger fachlich, aber immer auf der Suche nach Erkenntnisgewinn. Klingt bierernst, ist aber mitunter ganz schön witzig. Denn erst mal gibt es keine Denkverbote. Wir umkreisen Themen, decken auf, fragen nach, stellen Vermutungen an, sind uns oft einig - aber lernen immer wieder auch was Neues dazu. Wir haben einfach Spaß daran, laut zu denken. Denkt doch einfach 'n bisschen mit!
Episodes
Mentioned books

Jan 29, 2021 • 1h 5min
Freund:innen der (In)diskretion e.V.
Über Vertrauen, Klatschkultur und Sozialgeräusch
Da stehst du nichtsahnend im Laden, sitzt in Bus oder Bahn - und plötzlich führst du ein Gespräch, das du nie führen wolltest und hörst Antworten auf Fragen, die du dir nie gestellt hast - oder deinem Gegenüber je stellen wolltest. In dieser Folge wollen wir dem Phänomen auf den Grund gehen.
Es gibt jetzt natürlich mehrere Möglichkeiten, dieses Phänomen zu betrachten. Entweder, die Person dir gegenüber ist schlicht indiskret. Und übergriffig. Oder aber, du scheinst einen vertrauenerweckenden Eindruck zu machen. Vielleicht ist es auch nur der Versuch einer Kontaktaufnahme - oder eben seelische Entlastung. In jedem Fall lädt dieses Phänomen zu einer vielfältigen Betrachtung ein, die uns zu den Ursprüngen des Kaffeklatsches führt (die wahren "Klatschtanten" waren nämlich Männer), zur sozialen Komponente des klatschens und dem manche Menschen störenden Sozialgeräusch. Warum wir bei dem Thema ausgerechnet auch die Mathematik streifen, das erklärt euch Rita im Podcast. Danke an dieser Stelle an unsere Hörerin Kati für den spannenden Themenvorschlag.
Ritas Literaturliste:
Angehrn, Emil: Vertrauen. In: Fischer-Geboers, Miriam/ Wirz, Benno (Hrsg.): Leben verstehen. Weilerswist 2015, S. 19 - 34
Bergmann, Jörg: Klatsch: Zur Sozialform der diskreten Indiskretion. Berlin/New York 1987.
Dunbar, Robin: Grooming, Gossip, and the Evolution of Language. Cambridge 1998.
Erikson, Erik H.: Identität und Lebenszyklus: Drei Aufsätze. Frankfurt/ Main 1974.
Hartmann, Martin: "Vertrauen. Die unsichtbare Macht". Frankfurt/Main 2020
Nickel, Gregor: Diskret oder Kontinuierlich. In: Extrakte. Pressedienst Wissenschaft. Abrufbar unter https://www.uni-siegen.de/uni/publikationen/extrakte/ausgaben/200805/1.html (Datum des letzten Abrufs: 21.01.2021)

Jan 15, 2021 • 58min
Ignoranzkompetenz
... und die Jagd nach den Kohlweißlingen der Dummheit
In aller Regel finden wir Ignoranz ziemlich doof. Wenn wir jemanden als ignorant bezeichnen, ist das selten als Kompliment gemeint. Dabei brauchen wir eigentlich alle Ignoranz, um durchs leben zu kommen. Denn nur, wenn wir bestimmte Dinge ignorieren, können wir uns andere wiederum genauer anschauen.
Trotzdem lohnt es sich, auch die negativ konnotierte Ignoranz mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Rita macht dabei einen Unterschied zwischen Ignoranz als Lebenshaltung, die zusammen mit der Arroganz nicht selten in Borniertheit endet. Und dem Irgnorieren als etwas, das wir vorübergehend machen, nämlich um etwas anderes genauer in den Blick nehmen zu können. Das ist es mitunter sogar sinnvoll, das Drumherum zu ignorieren. Um die Ignoranz herum flattert aber auch die Dummheit. Und während Nora damit eher eine schmerzhafte Beleidigung verbindet, ist die Philosophie da nüchterner unterwegs. Denn Dummheit ist keineswegs als mangelnde geistige Fähigkeit zu verstehen. Vielmehr handelt es sich um eine Form von Unwissenheit. In gewisser Weise können wir damit alle auf bestimmten Gebieten dumm sein. Ohne, dass damit eine Wertung einher geht. Und gerade auf dem Pfad der Dummheit begegnen uns viele kleine Kohlweißlinge, die alle sehr ähnlich aussehen und dennoch nie dieselben sind. Euch schwirrt schon der Kopf? Dann wartet mal die neue Folge ab!
Ritas Literaturliste:
Abbott, Andrew: Varianten der Unwissenheit. In: Gugerli, David et al. (Hrsg.): Nach Feierabend. Zürcher Jahrbuch für Wissenschaftsgeschichte Band 6. 2010, S. 15 – 33.
Bieri, Peter: Wie wäre es, gebildet zu sein? In: Hastedt, Heiner (Hrsg.): Was ist Bildung? Eine Textanthologie. Stuttgart 2012, S. 228–240.
du Bois-Reymond, Emil: Über die Grenzen des Naturerkennens. Leipzig 1872.
Erasmus von Rotterdam: Das Lob der Torheit. Stuttgart 1986. [Original 1511]
Geisenhanslüke, Achim / Rott, Hans (Hrsg.): Ignoranz. Nichtwissen, Vergessen und Missverstehen in Prozessen kultureller Transformationen. Bielefeld 2015.
Musil, Robert: Über die Dummheit. In: Gesammelte Werke, Band II. Hrsg. von Adolf Frisé. Erweiterte Neuausgabe. Reinbek 2000, S. 1271 – 1291.
Nietzsche, Friedrich: Zweite Unzeitgemäße Betrachtung „Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben“. In: KSA, Band 1. Hrsg. von G. Colli du M. Montinari. Abrufbar unter http://www.nietzschesource.org/#eKGWB/HL (Datum des letzten Abrufs: 07.01.2021) [Original 1874]
Solnit, Rebecca: Men who explain things. Abrufbar unter: https://www.latimes.com/archives/la-xpm-2008-apr-13-op-solnit13-story.html (Datum des letzten Abrufs: 07.01.2020)
Noras Linktipps:
Unter Wetterberichtigung.org erfahrt ihr, was es mit der Initiative der Neuen Deutschen Medienmacher:innen auf sich hat

Jan 1, 2021 • 1h 7min
Die Anbequemung der Welt
Von Anpassung und Widerstand
Anpassung. Eine der Herausforderungen des Jahres 2020. Denn ob wir Bock drauf hatten oder nicht: Wir mussten uns auf die ein oder andere Weise den Umständen anpassen, die sich durch die Corona-Pandemie ergeben haben. Ganz schön schwierige Aufgabe.
Aber auch eine Leistung, die wir ohnehin ständig erbringen. Auch, wenn wir das gar nicht merken, weil es nicht so radikal verläuft. Die Frage ist deshalb: Wie viel Anpassung braucht es? In welche Richtung findet unsere Anpassung eigentlich statt? Und was ist der Gegenspieler zur Anpassung. Denn - so viel ist klar - Menschen sind zwar enorm anpassungsfähig, aber wir setzen hier und da auch Grenzen und sagen: Nö, da geh ich nicht mehr mit. Und sagen dann, wenn uns eben nicht passt.
Ritas Literaturliste:
Frost, Ursula: Anpassung und Widerstand. Reflexionen über Bildung in Zeiten der Unbildung. Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Pädagogik 2008, Heft 1. S. 10-26.
Jonze, Spike: Adaption. 2002.
Mach, Ernst: Erkenntnis und Irrtum. Kapitel „Anpassung der Gedanken an die Tatsachen und aneinander“. Abrufbar unter http://www.zeno.org/Philosophie/M/Mach,+Ernst/Erkenntnis+und+Irrtum/Anpassung+der+Gedanken+an+die+Tatsachen+und+aneinander (Datum des letzten Abrufs: 29.12.2020)
Nida-Rümelin, Julian: Über menschliche Freiheit. Stuttgart 2005.
Piaget, Jean: Biologie und Erkenntnis. Frankfurt 1983.
Skinner, Burrhus Frederic: Jenseits von Freiheit und Würde. Reinbek 1973.
Spencer, Herbert: System der synthetischen Philosophie, Band VI – VIII. Stuttgart 1889.

Dec 18, 2020 • 1h 4min
WUT!
Was die Emotion leistet, und warum sie in den Diskurs gehört
Wut ist ein gewaltiges Gefühl. Und auch irgendwie fremd. Bei einem Wutanfall sind wir außer uns. Wut kann zerstörerisch sein. Sie ist bisweilen irrational. Und trotzdem versuchen wir in diesem Podcast, der Wut auch gute Seiten abzugewinnen.
Dazu müssen wir uns die Wut natürlich erstmal genau anschauen. Auch ihre Nachbaremotionen Angst und Enttäuschung. Ist es gut, wenn Menschen gar nicht wütend werden? Und ist es gut, WENN Menschen wütend werden? Wer bestimmt eigentlich, wann Wut "gut" ist und wann nicht. Und was können wir gewinnen, wenn wir Wut im Diskurs legitimieren? Denn - da zitiert Rita die Poetin, Menschenrechtsaktivistin und Publizistin Audrey Lorde: "Wenn ich im Zorn zu euch spreche, habe ich wenigstens mit euch gesprochen. Ich hab euch keine Pistole an die Schläfe gesetzt und euch nicht auf offener Straße niedergeschossen. Das nämlich ist Hass."
Ritas Literaturliste:
Baer, Udo/ Frick-Baer, Gabriele: Der kleine Ärger und die große Wut. 4. Auflage. Weinheim 2009.
Boeree, C. George: Wut: Eine Phänomenologische Skizze. Abrufbar unter: http://webspace.ship.edu/cgboer/wut.pdf (Datum des letzten Abrufs: 11.12.2020)
Einsichten. Das Forschungsmagazin der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ausgabe 2/2017: Wo Wut regiert. Abrufbar unter https://www.uni-muenchen.de/aktuelles/medien/einsichten/archiv/2017_02.pdf (Datum des letzten Abrufs: 11.12.2020)
Fuchs, Thomas: Zur Phänomenologie der Stimmungen. Abrufbar unter: https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/zpm/psychatrie/fuchs/Literatur/PhaenomenologiederStimmungen_pdf.pdf (Datum des letzten Abrufs: 10.12.2020)
Lorde, Audre: Vom Nutzen unseres Ärgers. In: Lorde, Audre/ Rich, Adrienne: Macht und Sinnlichkeit. Übersetzt von Renate Stendhal. Berlin 1993. Original abrufbar unter https://academicworks.cuny.edu/wsq/509/ (Datum des letzten Abrufs: 15.12.2020)
Purtschert, Patricia: Nicht so regiert werden wollen. Zum Verhältnis von Wut und Kritik. In: Mennel, Birgit/Nowotny, Stefan/Raunig, Gerald (Hrsg.): Kunst der Kritik. Wien, Berlin 2010, S. 149-159
Reemtsma, Jan Philipp: Gewalt als Lebensform. Stuttgart 2016.
Szifron, Damián: Wild Tales – Jeder dreht mal durch. 2014.
Noras Link- und Literaturtipps:
Chemaly, Soraya: Rage becomes her. Hörbuch. Simon & Schuster. 2018
Suchtpotenzial: Payback. Sexuelle Belustigung. 2019
Schick, Sibel: Wut normalisieren. Neues Deutschland. 08.07.2020. Abrufbar unter: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1138869.emotionen-und-politik-wut-normalisieren.html (Datum des letzten Abrufs: 15.12.2020)

Dec 4, 2020 • 60min
Teilen, mitteilen, sharen
... und was das mit Kapitalismus zu tun hat
Es gibt sie, Menschen, die einfach nicht teilen wollen. Aber was ist daran eigentlich so schwer? Und warum gehört auch das Teilen irgendwie zum ökonomischen Handeln?
In der Regel denken wir beim Teilen daran, anderen etwas abzugeben von dem, was wir besitzen. Aber die Digitalisierung hat was gemacht mit dem Teilen. Nicht nur in der Kommunikation. Denn unsere Gedanken und Bilder teilen wir inzwischen sehr gerne und häufig - und zwar mit anderen. Manchmal sogar mit der ganzen Welt. Möglich ist das jedenfalls. Auch die Sharing Economy ist vor allem möglich durch die Digitalisierung. Sie macht das Teilen leichter. Aber Teilen und Ökonomie, klingt das nicht irgendwie auch schräg? Denn das Teilen ist ja auch irgendwie eine zugewandte Geste. Und sagt im Zweifel etwas über unseren Status in der Gesellschaft aus. Eine Folge mit Gehirnbritzelgarantie. Was für ein Neuronenfeuerwerk!
Ritas Literaturliste:
Anderson, Elizabeth: Private Regierung. Wie Arbeitgeber über unser Leben herrschen (und warum wir nicht darüber reden). Berlin 2019.
Caillé, Alain: Anthropologie der Gabe. Frankfurt/Main 2008.
Derrida, Jacques: Falschgeld. Zeit geben I. München 1993.
Grassmuck, Volker: The Sharing Turn: Why we are generally nice and have a good chance to cooperate our way out of the mess we have gotten ourselves into. In: Sützl, Wolfgang et al. A.a.O., S. 17-35.
Krebs, Angelika: Lieben: Schenken, Tauschen oder Teilen? Eine Kritik an Elizabeth Andersons Theorie des „Gift Exchange“. Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 47. 1999, S. 967-985.
Ostrom, Elinor: Was mehr wird, wenn wir teilen. Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingüter. München 2011.
Preuß, Dirk (Hrsg.): Körperteile – Körper teilen? Kritisches Jahrbuch der Philosophie, Beiheft 8. Würzburg 2009
Scheler, Max: Wesen und Formen der Sympathie. Nachdruck von 1923. Paderborn 2013. [In Vorbereitung: Scheler, Max: Wesen und Formen der Sympathie. Hrsg. von Annika Hand und Christian Bermes. Hamburg.]
Sützl, Wolfgang/Stalder, Felix/Maier, Ronald/Hug, Theo (Hrsg.): Medien – Wissen- Bildung: Kulturen und Ethiken des Teilens. Innsbruck 2012.

Nov 20, 2020 • 1h 9min
Petze! Petze!
Drahtseilakt zwischen Loyalität, Verantwortung und Moral
Unsere 100. Folge hatten wir uns irgendwie anders vorgestellt. Glamouröser. Stattdessen gibt's eine spontane Late-Night-Ausgabe, dafür aber mit einem hoch neuralgischen Thema: Es geht ums Petzen, Verraten und Denunzieren.
Es ist ein wirklich schwieriges Thema mit so vielen neuralgischen Punkten, dass wir kurz davor waren, diese Folge "Neuralgensalat" zu nennen. Es geht ums Petzen und wie man das zum Beispiel vom Denunzieren unterscheidet. Geschickt hat uns das Thema unser Hörer Johannes. Und damit hat er uns eine echt schwierige Aufgabe gestellt. Denn das Thema ist zudem auch noch sehr unangenehm. Niemand ist gerne die Petze. Und trotzdem ist es manchmal angebracht, Konsequenzen herbeizuführen, wenn sich jemand so verhält, dass es anderen schadet. Oder zumindest potentiell schaden könnte. Nicht immer, aber oft spielt auch eine höhere Instanz eine Rolle. Lehrer:innen, Eltern - oder in Noras Fall ein Supermarktleiter, der stellvertretend einen Mitarbeiter zurecht weisen soll. Puh. War das gerechtfertigt?
P.S. Keine 100. Folge ohne Nietzsche!
Ritas Literaturliste:
Farin Urlaub Racing Team: Livealbum of Death. Track 6 "Petze". Völker hört die Tonträger 2006.
Piaget, Jean: Das moralische Urteil beim Kinde. Stuttgart 1983.
Schrepfer, Manuel: Ich weiß, was du meinst! Theory of Mind, Sprache und kognitive Entwicklung. München 2013.
Simmel, Georg: Das Geheimnis. Eine sozialpsychologische Skizze. In: Der Tag, Nr. 626 vom 10. Dezember 1907. Abrufbar unter: https://socio.ch/sim/verschiedenes/1907/geheimnis.htm (Datum des letzten Abrufs: 29.10.2020)
Yucel, Meltem/Vaish, Amrisha: Young children tattle to enforce moral norms. In: Social Development, Vol. 27, Issue 4. November 2018, pp. 924-936.
Valtin, Renate (Hrsg.): Zur Entwicklung sozialkognitiver und moralischer Konzepte I. Was Kinder über Geheimnisse, Petzen und Strafe denken. Berlin 2020. Abrufbar unter: https://www.pedocs.de/volltexte/2020/20627/pdf/Valtin_2020_Was_Kinder_ueber_Geheimnisse_.pdf (Datum des letzten Abrufs: 29.20.2020)

Nov 6, 2020 • 1h 6min
Zwischenräume
Von Kontexten, Stimmungen und Atmosphären
Was passiert eigentlich im Dazwischen. Also zwischen uns und einem Kunstwerk. Zwischen uns und einem Menschen. Zwischen uns und unserer Umgebung? Diese Zwischenräume sind in der Regel unsichtbar. Wir müssen eine Anstrengung unternehmen, um sie in unser Bewusstsein zu holen. Damit sie sichtbar werden.
Dabei sind sie ziemlich schwer zu greifen. Denn wir bringen natürlich Filter mit. Je nach dem, in welcher Stimmung wir gerade sind, nehmen wir Situationen unterschiedlich wahr. Wie wir auf eine Situation reagieren, liegt auch daran, was wir davor erlebt haben. Das ist an Kontexte gebunden, die uns gar nicht immer zugänglich sind. Und manchmal lassen wir uns von einer Atmosphäre anstecken. Etwas, das "in der Luft liegt", das wir gar nicht richtig greifen oder sogar begreifen können. Auch unsere Umgebung hat Einfluss auf uns. Die Räume und Zwischenräume einer Stadt zum Beispiel - oder auch nur eines ganz bestimmten Ortes in dieser Stadt. Ganz oft entgehen uns diese Zwischenräume, wir achten gar nicht darauf - bis sich etwas verändert und wir sie plötzlich doch wahrnehmen.
Danke an dieser Stelle nochmal an die Künstlerin Nele Sadlo, die uns mit ihrem Brief auf dieses Phänomen hingewiesen hat.
Ritas Literaturliste:
Augé, Marc: Nicht-Orte. München 2010.
Bollnow, Otto Friedrich: Das Wesen der Stimmungen. Studienausgabe, Band 1. Würzburg 2009.
Gehl, Jan: Leben zwischen Häusern. Konzepte für den öffentlichen Raum. Berlin 2012.
Gisbertz, Anna-Katharina: Stimmung. Zur Wiederkehr einer ästhetischen Kategorie. München 2011.
Heidegger, Martin: Die Grundbegriffe der Metaphysik. Welt – Endlichkeit – Einsamkeit. Frankfurt/Main 2010.
Merleau-Ponty, Maurice: Causerien 1948. Radiovorträge. Hrsg. von Ignaz Knips. Mit einem Vorwort von Bernhard Waldenfels. Köln 2006.
Muth, Cornelia: Das Zwischen!? Eine dialog-phänomenologische Perspektive. Köln 2015.
Parkinson, Brian/Totterdell, Peter/Briner, Rob B./Reynolds, Shirley: Stimmungen. Struktur, Dynamik und Beeinflussungsmöglichkeiten eines psychologischen Phänomens. Stuttgart 2000.
Rosa, Hartmut: Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehungen. Berlin 2016.

Oct 23, 2020 • 1h 13min
(K)ein Lob der Lüge!
Von Lügen, Wahrhaftigkeit, Freiheit und Realität
Um gut lügen zu können, brauchen wir einige kognitive Fertigkeiten. Lügen ist eine Leistung. So ganz grundsätzlich betrachtet. Eine, deren Entwicklung sich bei Kindern ganz gut beobachten lässt. Für Hannah Arendt bedeutet Lügen zu können und zu dürfen auch Freiheit. Trotzdem sind wir nicht komplett euphorisch, wenn wir angelogen werden. Im Gegenteil. Wir fühlen uns verletzt, betrogen, über den Tisch gezogen. Das Spannende ist: Auch über die Wahrheit sind wir nicht immer uneingeschränkt glücklich. Komplizierte Sache das Ganze.
Und dann ist da ja auch noch die Frage, ob Wahrheit und Lüge wirklich Antagonistinnen sind. Oder ob wir da nicht mit anderen Begrifflichkeiten operieren müssen. Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit zum Beispiel. Und wie verhält es sich eigentlich mit der Realität in diesem Spannungsfeld? Können Lügen Teil einer - zumindest individuellen oder gruppenbezogenen - Realität sein?
Ritas Literaturliste:
Arendt, Hannah: Macht und Gewalt. München 1970.
Augustinus: De mendacio - Contra mendacium - Contra Priscillianistas. Paderborn 2013.
Derrida, Jacques: Geschichte der Lüge. Prolegomena. Wien 2015.
Farin Urlaub Racing Team: Die Wahrheit übers Lügen. 2008.
Frankfurt, Harry G.: Bullshit. Berlin 2014.
Kant, Immanuel: Über ein vermeintes Recht, aus Menschenliebe zu lügen. Verfügbar unter: http://www.zeno.org/Philosophie/M/Kant,+Immanuel/%C3%9Cber+ein+vermeintes+Recht+aus+Menschenliebe+zu+l%C3%BCgen (Datum des letzten Abrufs: 15.10.2020)
Nietzsche, Friedrich: Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne. KSA Band 1. München, Berlin, New York 1999.
Stangneth, Bettina: Lügen lesen. Hamburg 2017.
Noras Linkliste:
"Du bist nicht, was du denkst" - Was denkst du denn? Folge 26 mit dem Schauspieler und Kabarettisten Fatih Çevikkollu
"Mathematische Modelle sind nicht eins zu eins übertragbar" - Mensch, Frau Nora! mit Mathematik-Professorin Gudrun Thäter

Oct 9, 2020 • 1h 25min
Die Ganzheitlichkeit einer Amöbe
Von Körper, Geist und Leiblichkeit
Die Künstlerin Nele Sadlo hat uns eine Mail geschrieben und uns gebeten, ob wir mal über den Körper sprechen können. Dabei hat uns nicht nur ihr künstlerisches Schaffen inspiriert. Rita beschäftigt sich bereits seit mindestens 15 Jahren mit dem Thema, das heißt, da kommen eine ganze Menge Perspektiven zusammen.
Nele Sadlo ist 22 Jahre alt und studiert Bildende Kunst mit dem Schwerpunkt Malerei an der Hochschulde der Bildenden Künste in Essen Kupferdreh. Und sie schrieb unter anderem: "Je mehr ich über meinen Körper nachdenke, desto fremder und merkwürdiger erscheint er mir.". Ein Gedanke, den Rita ziemlich gut nachvollziehen kann. Als Künstlerin versucht Nele eine Brücke zu schlagen zwischen dem Denken über ein bestimmtes Thema und der bildlichen Darstellung. Und hat damit Nora schonmal einen ganz neuen Zugang zur Kunst eröffnet. Und das wird nicht der einzige Aha-Moment in dieser Folge bleiben. Wie es allerdings vom Reden und Ausloten der Beziehungen von Körper, Geist und Leiblichkeit zu Klappsensen und Dengelkursen kommt, das müsst ihr euch dann bitte selbst anhören.
Ritas Literaturliste:
Alloa, Emmanuel/Bedorf, Thomas/Grüny, Christian/Klass, Tobias Nikolaus (Hrsg.): Leiblichkeit. Geschichte und Aktualität eines Konzepts. Zweite, verbesserte und erweiterte Auflage. Tübingen 2019.
Anzieu, Didier: Das Haut-Ich. Frankfurt/Main 1996.
Böhme, Gernot: Ethik leiblicher Existenz. Frankfurt/Main 2008.
Borsche, Tilmann/ Kaulbach, Friedrich: „Leib, Körper“. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hrsg. von Joachim Ritter und Karlfried Gründer. Band 5. Darmstadt 1980, S. 173-185.
Brinkmann, Malte/Türstig, Johannes/Weber-Spanknebel, Martin (Hrsg.): Leib - Leiblichkeit - Embodiment. Wiesbaden 2019.
Butler, Judith: Körper von Gewicht: Die diskursiven Grenzen des Geschlechts. Frankfurt/Main 1997.
Fink, Eugen: Grundphänomene des menschlichen Daseins. Zweite Auflage. Freiburg, München 1995.
Klass, Tobias Nikolaus: Friedrich Nietzsche – Denken am "Leitfaden des Leibes". In: Alloa et al. (Hrsg.): A.a.O., S. 196-211.
Merleau-Ponty, Maurice: Phänomenologie der Wahrnehmung. Berlin 1966.
Meyer-Drawe, Käte: Leiblichkeit und Sozialität: Phänomenologische Beiträge zu einer pädagogischen Theorie der Inter-Subjektivität. Dritte, unveränderte Auflage. München 2001.
Molzberger, Rita: Bildung und Leiblichkeit. In: Mertens, Gerhard/ Frost, Ursula/Böhm, Winfried/Koch, Lutz/Ladenthin, Volker (Hrsg.): Handbuch der Erziehungswissenschaft I. Studienausgabe. Paderborn, München, Wien, Zürich 2006.
Nancy, Jean-Luc: Corpus. Zürich, Berlin 2014.
Nancy, Jean-Luc: Körper. Wien 2019.
Schmitz, Hermann: Der Leib, der Raum und die Gefühle. Bielefeld und Basel 2009.
Waldenfels, Bernhard: Das leibliche Selbst. Vorlesungen zur Phänomenologie des Leibes. Frankfurt/Main 2000.
Wolf, Barbara: Kinder lernen leiblich: Praxisbuch über das Phänomen der Weltaneignung: Praxisbuch Über das Phänomen der Weltaneignung. Freiburg i. Br. 2016.
Noras Linkliste:
Impressionen von Nele Sadlos Arbeiten findet ihr auf ihrem instagram-Kanal
Erdbrink, Thomas/Sorensen, Martin Selsoe: "A Danish Children’s TV Show Has This Message: ‘Normal Bodies Look Like This’", The New York Times vom 18. September 2020. Abgerufen am 3.10.2020 unter https://www.nytimes.com/2020/09/18/world/europe/denmark-children-nudity-sex-education.html
Die Historikerin Katharina Gries über Fatshaming in der Modegeschichte (Twitter-Thread)
Youtuber Joseph DeChangeman "4 Wochen ohne Spiegel leben"

Sep 25, 2020 • 1h 16min
Heldenmülltrennung
Über Helden, Idole und Vorbilder
Vorgenommen hatten wir uns für diese Folge eigentlich das Thema Vorbilder. Dann kam eine Mail unserer Hörerin Tatjana mit dem Vorschlag, doch mal über Heldenverehrung zu sprechen vor allem im Sport. Super, dachten wir, dann packen wir das doch mal alles in eine Folge. Passt nämlich sehr gut. Herausgekommen ist eine Anleitung zur Heldenmülltrennung, wobei an dieser Stelle nicht ganz klar ist, wo hier eigentlich der Trennstrich hin muss. Denn auch, wenn uns der Heldenbegriff bisweilen auf den Zünder geht, so ganz aufgeben sollten wir die Idee vielleicht doch nicht. Zumindest nicht in bestimmten Details. Welche das sind und welche Komponenten des Heldentums wir getrost in die Tonne treten können, darum geht's in dieser Folge.
Ritas Literaturliste:
Fleming, Jacky: Das Problem mit den Frauen. Köln 2017.
Frost, Ursula: "So sein wie …" oder Neuerfindung des Lebens? Über die Bedeutung von Vorbildern in Geschichte und Gegenwart. In: Kalcher/Lauermann. A.a.O., S. 10-26.
Kalcher, Anna Maria/ Lauermann, Karin (Hrsg.): Vorbilder. Erziehen wohin? Salzburg 2014.
Lenz, Siegfried: Das Vorbild. Hamburg 1973.
Mead, Margaret: Der Konflikt der Generationen: Jugend ohne Vorbild. Übers. von Thomas Höpfner. Freiburg 1971.
Neiman, Susan: Moralische Klarheit: Leitfaden für erwachsene Idealisten. Hamburg 2010.
Nietzsche, Friedrich: Morgenröte (in: Kritische Studienausgabe, Band 3) sowie Götzen-Dämmerung (in: Kritische Studienausgabe, Band 6). München, Berlin, New York 1999.
O’Connell, John: Bowies Bücher. Literatur, die sein Leben veränderte. Köln 2020.
Paus-Hasebrink, Ingrid: Die Heldinnen und Helden von heute. Mediale Vorbilder von Kindern und Jugendlichen im Zeichen von Konvergenz und Crossmedialität. In: Kalcher/Lauermann. A.a.O., S. 63-73.