

Archivradio – Geschichte im Original
SWR
Historische Aufnahmen und Radioberichte von den ersten Tonaufzeichnungen bis (fast) heute. Das Archivradio der ARD macht Geschichte hör- und die Stimmung vergangener Jahrzehnte fühlbar. Präsentiert von: Gábor Paál, Lukas Meyer-Blankenburg, Maximilian Schönherr und Christoph König. Ein Podcast von SWR, BR, HR, MDR und WDR. https://archivradio.de | Übersicht über alle Beiträge: http://x.swr.de/s/archivradiokatalog
Episodes
Mentioned books

May 8, 2024 • 10min
Neumühler Banden-Prozess: Großfahndung nach Gefängnisausbruch (4/4) | 1951
Während der Großfahndung erschießt die Polizei einen Mann, den sie für den verurteilten Richard Dehaut hielt – tatsächlich aber handelt es sich um dessen Bruder Ludwig, der die Ausbrecher in ihrem Versteck gerade mit Lebensmitteln versorgen will. Die Ausbrecher entkommen immer wieder. Erst nach etwa einem Monat werden sie gefasst – zur großen Erleichterung der Polizei.
Lausbuben oder Schwerverbrecher?
Der Reporter interviewt neben dem verantwortlichen Polizisten auch die beiden Ausbrecher und zwar in einem Ton, als handele es sich um zwei Lausbuben, nicht um Schwerverbrecher.

May 8, 2024 • 23min
Neumühler Banden-Prozess: Interviews außerhalb des Gerichtssaals (3/4) | 1949
Es geht um die Siedlung Neumühle, die jenische Sprache und die mühsame Ergreifung der Täter durch die Polizei.
Die Tochter des ermordeten Müllers schildert den Überfall
Von dieser Zeit an konnten wir keine Nacht mehr ruhig schlafen. Im Dezember, vom 22. auf 23. Dezember, wurden wir plötzlich durch Schüsse geweckt. Ich war im zweiten Stock, Papa schlief im ersten Stock. Und ich sprang dann vom zweiten Stock schnell runter, weil ich schon dachte, es ist wieder hier was geschehen. Und als ich hier reinkam, da kam mir auch meine alte Großmutter schon entgegen, ganz erschreckend und rief: Mit Papa ist was los, Papa ist zur Erde gefallen. Ich glaubte zuerst, es sei was in der Mühle vorgekommen und dann sagte sie: Nein, nein, hier ist es im Schlafzimmer. Ich sprang ins Schlafzimmer, es war wohl noch alles dunkel, ich war auch die Erste, die das Licht andrehte. Doch als ich ins Schlafzimmer in die Ecke kam, da lag Papa in einer großen Blutlache. Das Blut war auch an der Wand hochgespritzt. Und er war totenbleich, sein Gesicht war schmerzverzerrt und als wollte er sagen: Was macht ihr nur? – Ich rief auf und glaubte, Papa lebt noch, und ich wollte ihn aufheben. Doch in dem Moment, als ich seine Schultern erfasste, da ging der letzte Hauch auf den Weg.
Quelle: Bericht der Tochter des erschossenen Müllers Göttel

May 8, 2024 • 13min
Neumühler Banden-Prozess: Plädoyer und Todesurteile (2/4) | März 1949
Plädoyer des Staatsanwalts
Das Plädoyer des Staatsanwalts klingt brutal, denn er beschränkt sich keineswegs auf die Fakten und Beweise, was völlig genügt hätte, sondern er argumentiert mit dem Menschenschlag: Er spricht von "Zigeunern", von "animalischen Instinkten" und so weiter. Auch das spiegelt die damalige Zeit, in der solche rassistischen und antiziganistischen Töne weit verbreitet waren.
Tatsächlich waren die Bewohner der Neumühle weder Sinti noch Roma, es waren auch keine "Landfahrer", sondern sie hatten sich schon im 18. Jahrhundert niedergelassen. Aber sie entsprachen eben in mancher Hinsicht dem Klischee – weil sie eine geschlossene Gemeinschaft bildeten, recht primitiv gehaust haben und miteinander Jenisch sprachen.
Der Ton des Staatsanwalts ähnelt eher dem, was man aus der Zeit vor 1945 kennt. Anschließend folgt das Gerichtsurteil. Von der Verteidigung sind keine Aufnahmen erhalten.
Todesstrafe wird mit dem Grundgesetz abgeschafft
Die Täter legten Revision ein – jedoch ohne Erfolg. Doch die Hinrichtung blieb den verurteilten Mördern erspart. Denn wenige Wochen nach der Urteilsverkündung trat das Grundgesetz in Kraft und damit war die Todesstrafe abgeschafft. Die Urteile wurden in "lebenslänglich" umgewandelt.

May 8, 2024 • 1h 29min
Neumühler Banden-Prozess: Beweisaufnahme (1/4) | 7.2.1949
Mord, Raub, Diebstahl: Dokumentation eines großen Banden-Prozesses vor dem Landgericht Zweibrücken mit 32 Angeklagten und 126 Straftaten. Die Täter hatten jahrelang Teile der Südwestpfalz in Angst und Schrecken versetzt. Zu Prozessbeginn, im Februar 1949, war das Grundgesetz noch nicht in Kraft und Unprofessionalität herrschte bei Justiz, Polizei – und den Medien.
Prozess sorgt für großes Aufsehen
Fast alle Angeklagten stammen aus einer Siedlung – Neumühle. Die genießt keinen guten Ruf: Verfeindete Familienbanden bekriegen sich gegenseitig, Außenstehende trauen sich kaum hinein.
Der Prozess sorgt für großes Aufsehen. Immer wieder wird ein Vergleich zum "Schinderhannes" gezogen. Es gibt Tumulte, die Presse schreibt von "Wildwestszenen unter den Augen der Richter". Auch der SWF berichtet ausführlich – Tonaufnahmen aus dem Gerichtssaal waren kein Problem.
Provisorische Ausstattung, unprofessionelles Vorgehen
Der Prozess zeugt von einer Zeit nach dem Krieg, in der alles provisorisch war, die Polizei hilflos und miserabel ausgestattet. Für Gerichtsreportagen gab es noch keine richtigen Regeln – das Prinzip der Unschuldsvermutung hatten die Reporter noch nicht verinnerlicht.
Dieser Beitrag enthält die ungekürzten Berichte des Südwestfunks. Der Prozess beginnt am 7. Februar 1949.
Verhandlung zweier Mordfälle
Die Aufnahmen aus dem Archiv des Südwestfunks sind nicht auf den Tag genau datiert. Zu hören ist im weiteren Verlauf die Verhandlung der beiden schwersten Delikte, nämlich der beiden Mordfälle.Der zweite Mordfall im Neumühler Banden-Prozess ereignete sich auf der Mittelbrunner Mühle – auch hier kommt es im Verlauf des Gerichtsprozessprozesses zu einer Ortsbesichtigung.

May 7, 2024 • 17min
SARS: Erste Pandemie des 21. Jahrhunderts | 7.5.2003
Parallelen und Unterschiede zur Corona-Pandemie
Hört man die Hintergrundsendung vom 7. Mai 2003, zeigen sich Ähnlichkeiten, aber auch große Unterschiede zur Situation im Jahr 2020. An jenem Tag erschien eine neue Studie über die Gefährlichkeit des Virus.
Schon damals hieß es: Die Bundesregierung strebe ein "europaweit einheitliches Vorgehen" an.
Eltern drohen in Hessen mit Schulstreik
Schulschließungen gab es damals in Europa keine. Aber in einer hessischen Schule wurde eine Lehrerin für zehn Tage vom Schuldienst suspendiert. Nicht weil sie infiziert war, sondern weil Eltern andernfalls mit "Schulstreik" drohten. Die Lehrerin hatte die Osterferien in China verbracht. Zwar in einer unbedenklichen Region, aber das spielte für die Eltern keine Rolle. Auch davon ist in der Sendung die Rede.
SARS Ende 2002 erstmals in China aufgetaucht
Ende 2002 taucht das Schwere Akute Atemwegssyndrom (SARS) in der Provinz Guandong auf. Doch China hält die Gefahr unterm Deckel, erst im Februar 2003 informiert das Land die WHO. Das Virus breitet sich aus, vor allem nach Singapur und Taiwan. Über eine Kanadierin, die sich in Hongkong infiziert, gelangt das Virus nach Toronto. Dadurch wird Kanada das am stärksten betroffene Gebiet außerhalb Asiens.
Im Mai 2003 – ein halbes Jahr nach Ausbruch der Pandemie sind mehr als 700 Menschen gestorben. Inzwischen wächst auch in Deutschland die Alarmstimmung. Doch es bleibt bei Empfehlungen, es gibt keine Reisebeschränkungen.
Am Ende kommt Deutschland bei der SARS-Pandemie 2003 mit dem Schrecken davon. Neun Infizierte wurden gemeldet, alle überlebten.
Ohne SARS 2003 wäre die Situation 2020 wohl eine andere gewesen
Die Erfahrungen von 2003 führten schließlich 2005 zum ersten Nationalen Pandemieplan in Deutschland. Und sie sorgten dafür, dass sich die Fachwelt intensiver mit SARS-Corona-Viren auseinandersetzten.
SARS 1 war weniger ansteckend. Zum einen weil die Inkubationszeit deutlich kürzer war als beim neuen SARS-Corona-Virus 2020. Zum anderen, weil sich das Virus damals vor allem in der Lunge festsetzte, während das neue Virus lange im Rachenraum bleibt und sich so über die Luftwege weiter verbreitet.
Der junge Christian Drosten entwickelt SARS-Test
Während der SARS-Pandemie macht auch der damals 30-jährige Virologe Christian Drosten Schlagzeilen, der früh mit Kollegen den Erreger identifiziert und einen Schnelltest entwickelt. In der Corona-Krise 2020 war sein Rat erneut sehr gefragt. Bekannt wurde er auch durch den Podcast "Das Coronavirus-Update" vom NDR. Hier ein Bericht über Christian Drosten von 2003.
Mehr historische Aufnahmen zur Medizingeschichte: http://swr.li/medizingeschichte

May 6, 2024 • 28min
Die Guillaume-Affäre – Warum Kanzler Brandt über einen DDR-Spion stürzte | Archivradio-Gespräch
Große Aufregung um enttarnte Spione? Alles schon mal da gewesen, 1974 nah beim Kanzler, medial noch gewürzt mit Bettgeschichten: Der Fall Günter Guillaume aus dem Jahr 1974 zeigt, wie Spionageabwehr nicht laufen sollte. Lukas Meyer-Blankenburg im Gespräch mit der Historikerin Daniela Münkel (SWR 2024) | Die Affäre Guillaume im Bundesarchiv: https://www.stasi-unterlagen-archiv.de/informationen-zur-stasi/themen/beitrag/die-affaere-guillaume/ | Historische Tonaufnahmen und mehr zur Sendung: http://swr.li/guillaume-brandt | Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: daswissen@swr.de | Folgt uns auf Mastodon: https://ard.social/@DasWissen

Apr 30, 2024 • 6min
DDR-Spion Guillaume bedauert Brandt-Rücktritt | 8.12.1990
Günter Guillaume kam 1956 als angeblicher DDR-Flüchtling
Als angeblicher DDR-Flüchtling war Günter Guillaume mit seiner Frau Christel 1956 nach Westdeutschland gekommen. Nach einigen Jahren Partei-Arbeit in der SPD schaffte er es schließlich bis ins Kanzleramt von Willy Brandt. Seine Enttarnung löste den größten Spionage-Skandal der Bundesrepublik aus, in dessen Folge Willy Brandt als Kanzler zurücktrat.
Nachdem Guillaume einen Teil seiner Haftstrafe wegen Landesverrats abgesessen hatte, durfte er bei einem Gefangenen-Austausch 1981 in die DDR zurückreisen.Am 8. Dezember 1990 erläutert der nunmehr arbeitslose Ex-Agent im Interview sein Bedauern über den Rücktritt Willy Brandts.

Apr 30, 2024 • 6min
Helmut Schmidt wird zum Bundeskanzler gewählt | 16.5.1974
Helmut Schmidt wird nach Willy Brandts Rücktritt neuer Kanzler
Nachdem Willy Brandt im Zuge der Guillaume-Affäre um einen DDR-Spion im Kanzleramt am 6. Mai 1974 seinen Rücktritt erklärt hat, wird zehn Tage später im Bonner Bundestag sein Nachfolger gewählt.
Helmut Schmidt, der laut eigener Aussage Brandt den Rücktritt noch ausreden wollte, übernimmt am 16. Mai 1974 die Regierungsgeschäfte. Er ist dabei ziemlich nervös, wie im folgenden Beitrag zu hören ist, während sein Vorgänger Brandt den Bundestag allein und schweigsam verlässt.

Apr 30, 2024 • 3min
Rundfunkansprache von Ex-Kanzler Willy Brandt zu seinem Rücktritt | 8.5.1974
Willy Brandt tritt wegen Guillaume-Affäre als Kanzler zurück
Weil im Zuge der Guillaume-Affäre um den verhafteten DDR-Spion im Bonner Kanzleramt der politische Druck auf Bundeskanzler Willy Brandt zunimmt und ihm die eigene SPD-Parteiführung die Rückendeckung verweigert, reicht Brandt am Abend des 6. Mai 1974 Bundespräsident Gustav Heinemann seinen Rücktritt ein.
In einer kurzen Ansprache im Rundfunk erklärt er zwei Tage später, am 8. Mai 1974, seine Beweggründe. – Noch Jahre später wird Willy Brandt mit der Entscheidung, zurückgetreten zu sein, hadern. Schon damals hielten viele diesen Schritt nicht für nötig.

Apr 30, 2024 • 4min
Medienspekulationen um die Spionage-Affäre Guillaume | 24.4.1974
Spekulationen um Affären und weitere Spione im Kanzleramt
Der enttarnte DDR-Spion Günter Guillaume wird nach seiner Verhaftung am 24. April 1974 immer mehr zum Problem für Bundeskanzler Willy Brandt. Nicht, weil brisante Geheimdokumente auftauchen, sondern weil in den Medien über Affären von Guillaume zu Bonner Sekretärinnen und über mögliche weitere Spione rund ums Kanzleramt gemunkelt wird.
Ein bisschen James Bond in Bonn – die männlichen Journalisten, aber auch Bonner Politiker ergehen sich hörbar süffisant in ihren Spekulationen.


