

Autismus braucht Aufklärung
Stephanie Meer-Walter
Wie "geht" eigentlich Autismus? Anders als du denkst! Deshalb braucht Autismus Aufklärung. Aufklärung durch autistische Menschen selbst, die wissen nämlich ziemlich genau, wie Autismus geht. Wir sind Teil der Gesellschaft und gestalten sie mit. Deshalb: Redet nicht über uns, sondern mit uns! Das will dieser Podcast: Erklären, aufklären, mit Vorurteilen aufräumen, kritisch Stellung beziehen und Sie und dich einladen, "Autistisch" zu lernen. Also, reden wir über Autismus. Bei einer Tasse Kaffee...
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May 4, 2021 • 30min
Gleichberechtigte Teilhabe von Autist*innen ermöglichen: Barrierefreiheit im öffentlichen Raum
Bei Barrierefreiheit denken wir wahrscheinlich zuerst an die Überwindung von Barrieren für Rollstuhlfahrer, also z.B. an Aufzüge, Rampen und ähnliches. Barrieren, die die Teilhabe verhindern, sind für körperliche Behinderungen leichter vorstellbar. Anders ist das bei Autismus. Autismus sieht man nicht. Wir können also nicht wissen, welche Barrieren sich für autistische Menschen ergeben, im öffentlichen Raum, in der Schule, in der Berufswelt, in der gesellschaftlichen Teilhabe.
Deshalb möchte ich mit dieser Folge eine Mini-Reihe über Barrierefreiheit für Autistinnen beginnen. In dieser Folge wird es zunächst um zentrale Punkte gehen, die für Barrierefreiheit – in welchem Raum auch immer – grundsätzlich Gültigkeit besitzen. Dieser Part müsste eigentlich jeder Folge voran gestellt werden. Weiter wird es in dieser Folge um Barrierefreiheit für Autistinnen im öffentlichen Raum gehen. Wie kann dort Teilhabe überhaupt erst ermöglicht oder verbessert werden? In den weiteren Folgen werde ich dann die Bereiche Schule, Beruf, das Gesundheitswesen oder auch den persönlichen Raum wie Wohnen auf Barrierefreiheit hin beleuchten.
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Apr 27, 2021 • 24min
„Ja, so ist das mit den Eltern und ihren autistischen Kindern: Sie sprechen verschiedene Sprachen, sie erleben die Welt grundverschieden.“ (Henry Markram) – Dem autistischen Kind gestatten, zu sein
Autistische Menschen erfahren oftmals schon von frühester Kindheit an, dass sie nicht verstanden werden, nicht von ihren Eltern, ihren Geschwistern oder den anderen Kindern. Sich unverstanden fühlen, ist quasi ein Grundgefühl von Autist_innen. Deshalb ist es so wichtig, dass sich autistische Kinder in ihrer Familie verstanden fühlen und sein dürfen, wie sie sind. Das ist eine fundamentale, existenzielle Erfahrung im Aufwachsen eines jeden Menschen.
Den autistischen Kindern gestatten zu sein, heißt, sie so zu akzeptieren und anzunehmen, wie sie sind. Sie nicht verändern zu wollen. Genau hinzuhören und zu versuchen, sie zu verstehen. Sie dabei zu unterstützen, ihre ganz eigenen Wege zu gehen.
Autistische Kinder und ihre Eltern sprechen verschiedene Sprachen. Autistische Menschen und ihre Umwelt sprechen verschiedene Sprachen. Es fehlen die Sprachkurse, um einander verstehen zu können. Es gibt sie bis heute nicht. Dadurch, dass sich allerdings immer mehr Autist_innen zu Wort melden, wird die jeweils fremde Sprache überhaupt erst wahrgenommen. Das ist ein Anfang.
Das Zitat von Henry Markram stammt aus dem Buch von Lorenz Wagner: Der Junge, der zu viel fühlte. Wie ein weltbekannter Hirnforscher und sein Sohn unser Bild von Autisten für immer verändern. München: Europa-Verlag 2018, S. 136.
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Apr 25, 2021 • 26min
Kann man zu VIEL fühlen? Die "Theorie der Intensiven Welt" antwortet: Ja, Autist_innen fühlen nicht zu wenig, sondern zu viel!
"Und auf einmal ergab alles einen Sinn. Kai hatte gar kein Defizit. Er spürte nicht zu wenig, er spürte zu viel. Sein Rückzug war nicht die Störung - es war die Reaktion. [...] Die Empfindsamkeit von Autisten war bekannt. Allerdings war sie nur ein Randthema, eine rührende Nebensächlichkeit [...]. Es war aber keine Nebensächlichkeit, es war der Schlüssel." (Lorenz Wagner: Der Junge, der zu viel fühlte. Wie ein weltbekannter Hirnforscher und sein Sohn unser Bild von Autisten für immer verändern. München: Europa-Verlag 2018, S. 124)
Zusammengefasst bedeutet die "Theorie der Intensiven Welt", dass autistische Menschen zu viel fühlen. Ihr Mandelkern, die Amygdala, reagiert über. Dies hat eine erhöhte Emotionalität, Stress und Ängste zur Folge, die ihr Gedächtnis speichert. Durch das intensive Empfinden der Emotionen geraten Autist_innen in sozialen Kontakten leicht in einen emotionalen Overload, weshalb sie sich sozial zurückziehen (MÜSSEN!), da ein Shutdown oder Meltdown drohen. Stimming, Routinen, Regeln und Rituale sorgen für eine psychische Entlastung.
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Apr 13, 2021 • 45min
Das mit den Menschen und so... Soziale Interaktion und Kommunikation
Das mit den Menschen und so kann ich nicht. Punkt. Damit ist alles gesagt. Fertig. Das kann ich auch noch hundert Mal üben, ich werde es nicht lernen. Ich weiß nicht, wie das mit den anderen Menschen geht.
Meine Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation beeinträchtigen mich sehr. Sie behindern mich an gesellschaftlicher Teilhabe. Und sie sind die Schwierigkeiten, unter denen ich wirklich leide, die ich gerne behoben hätte (ein unrealistischer Wunsch, ich weiß). Der Mensch ist ein soziales Wesen, das die Gemeinschaft und Gesellschaft (nicht als abstrakter Begriff gemeint) braucht. Da ich genau das nicht kann, sehe ich Autismus auch als Behinderung.
Ich versuche in dieser Folge, von einem konkreten und so erlebten Beispiel ausgehend zu ergründen, wie das mit den anderen Menschen und warum es so schwierig ist.
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Apr 1, 2021 • 54min
Menschsein | Mensch sein - Gedanken zum UN-Welt-Autismus-Tag 2021
Ich möchte einfach nur Mensch sein! Dieser Gedanke traf mich vergangene Tage ganz plötzlich. Mensch sein! Ich habe mich in den letzten Wochen intensiv mit den gegenwärtigen Autismusbildern und ihre Entstehungsgeschichte befasst. Welche Bilder von Autismus gibt es? Wo kommen sie her? Finde ich mich darin wieder? Wie stehe ich zu ihnen? Dabei bin ich immer wieder auf die Aussage gestoßen, dass Autismus als eine menschliche "Existenzweise", als eine Form menschlichen Seins anzuerkennen sei. Aber: Ist das nicht selbstverständlich? Nein. Auch heute noch nicht. Was aber ist denn dann Autismus, wenn es keine menschliche Existenzweise darstellt?
Um diese Fragen geht es in dieser Podcast-Folge, die wieder eine ganze Kanne Kaffee lang ist.
Die Texte, auf die ich mich beziehe, sind:
Novina Göhlsdorf: Der Autist als "neuer Mensch" der Zukunft (FAZ.NET vom 05.03.2020)
Katja Schwarz: Autismusbilder. Zur Geschichte der Autismusforschung. Weinheim Basel: Beltz Juventa 2020.
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Mar 25, 2021 • 51min
Können Sie nicht einmal „Fünfe gerade sein lassen“? Ähm…. was soll ich? Sprachliche Barrieren
Für diese Folge sollten Sie sich eine Kanne Kaffee kochen, denn sie ist mit fast 51 Minuten deutlich länger. Warum das so ist, ergibt sich aus dem Thema: Es geht um sprachliche Besonderheiten autistischer Menschen, um das Verständnis und die Nutzung von Sprache. Gerade in diesem Bereich kommt es zu bedeutsamen Unterschieden, bauen sich Barrieren auf, die eine Kommunikation zwischen autistischen und nicht-autistischen Menschen erschweren.
Wissen Sie, was die Redewendung „Fünfe gerade sein zu lassen“ bedeutet? Ich wusste es in dem damaligen Gespräch nicht. Auch nicht, dass „Dienst nach Vorschrift“ kein Versprechen war - Dienst nach Vorschrift klang in meinen Ohren wie Musik ;-) Sprache ist enorm wichtig für alle Bereiche unseres Lebens. Ein Leben ohne Sprache – in welcher Form auch immer – ist nicht vorstellbar. Sprache besitzt eine große Macht und bestimmt, wie wir über etwas denken, was wir fühlen. Deswegen ist es fatal, wenn wir einander nicht verstehen oder Gesagtes/Geschriebenes nicht deuten können.
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Mar 16, 2021 • 37min
Wenn das Murmeltier täglich grüßt... Regeln, Rituale und Routinen
Und täglich grüßt das Murmeltier... was für die einen eine fürchterliche Vorstellung ist, ist für Autist:innen eine Lebensnotwendigkeit. Alltagstrott - kein Horror, sondern Sicherheit.
Autist:innen empfinden die Welt und ihre Umgebung überwiegend als sehr chaotisch. Veränderungen, zumal unerwartet und unplanbar, stressen zusätzlich, verunsichern und können zu Handlungsunfähigkeit führen. Dagegen helfen Regeln, Rituale und Routinen. Sie sind ebenso lebensnotwendig wie Essen, Trinken und Schlaf, denn sie geben Sicherheit, Vertrautheit und Vorhersehbarkeit. Wie also umgehen mit dem "Überlebenstrieb" nach Beständigkeit? Wenn sich auch nicht alles planen lässt, so ist Vieles dennoch durch Plan A, B, C usw. gut planbar und damit vorhersehbar.

Mar 7, 2021 • 30min
Autistinnen - wann dürfen sie? Gedanken einer autistischen Frau zum Weltfrauentag 2021
Autistinnen sind unsichtbar / Sozial angepasst - bloß nicht rar / Maskiert und versteckt - und doch so wahr / Verleugnen sich selbst - stets gewillt / Entsprechen sie dem Frauen-Bild / Sind sanft, schüchtern, fügsam und mild / Autistinnen - wann dürfen sie / Sein, mit anderer Melodie / Leben mit sich in Harmonie?
Autistische Frauen werden nach wie vor erst später oder sogar sehr spät diagnostiziert. Aufgrund ihrer höheren sozialen Anpassungsfähigkeit fallen sie noch zu oft durch's Diagnoseraster. Das Brechen der ungeschriebenen gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen (brav, unauffällig im Verhalten, zurückhaltend, schüchtern, fleißig, empathisch etc.) wird autistischen Frauen nicht verziehen. So lastet ein hoher Druck auf ihnen, der nicht selten in psychische Erkrankungen mündet. ABER: Es gibt immer mehr autistische Frauen, die ihre Stimme erheben und dazu beitragen, dass sich Autistinnen aus diesem Drama befreien können, die rufen: Autistinnen - vergesst das nie / Seid, mit anderer Melodie / Lebt stolz mit euch in Harmonie!
Das komplette Gedicht "Autistinnen - wann dürfen sie?" gibt es auf meiner Webseite:
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Feb 28, 2021 • 33min
Ballspiele - kann ich und liebe ich! Und das, obwohl ich Autistin bin ;-)
Die motorischen Auffälligkeiten zählen nicht zu den offiziellen Diagnosekriterien, spielen aber für fast alle Autist:innen eine Rolle. Sie zu verstehen - es geht nicht nur um einen ungelenken Gang oder darum, einen Ball nicht fangen zu können (!) - ist wichtig, weil dadurch manche falsche Zuschreibungen wie Unwille, Faulheit oder Phlegmatismus revidiert werden müssen. Zu den motorischen Auffälligkeiten gehören ebenso Handlungsstörungen und Stimming, das eine ganz wichtige Bewältigungsstrategie darstellt. Für viele autistische Menschen bedeuten die motorischen Auffälligkeiten eine Beeinträchtigung ihrer Handlungskompetenz, so dass sie eher von Behinderung oder Störung sprechen, während einige Autist:innen nicht so stark betroffen sind und überhaupt nicht auffallen, weshalb sie lieber von motorischen Besonderheiten sprechen.
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Feb 23, 2021 • 36min
"extrem wahrnehmungs-begabt": Atypisches Denken und Lernverhalten
Zuerst die Details wahrzunehmen und diese dann zu einem Ganzen zusammenzusetzen, bezeichnet die bekannte Autistin Temple Grandin als "extreme Wahrnehmungs-Begabung". Üblicherweise erfolgt die Wahrnehmung anders herum, vom Ganzen zu den Details. Die Detailorientierung autistischer Menschen ist bedingt durch ihre andere Denkstruktur. Diese beeinflusst wesentlich das autistische Denken und Lernverhalten. In welcher Form, hören Sie in dieser Folge.
Die autistische Denkstruktur ist anders, das heißt aber nicht, dass sie besser oder schlechter ist. Sie ist nur anders. Und sie ist unsichtbar. Wenn wir nicht um sie wissen, wird das Verstehen von nicht-autistischen und autistischen Menschen schwierig.
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