

News Plus Hintergründe
Schweizer Radio und Fernsehen (SRF)
Aufwändig recherchierte Geschichten, die in der Schweiz zu reden geben. Ob Wirtschaftsskandal, Justizkrimi oder Politthriller – in News Plus Hintergründe gibt es die ganze Story.
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Jul 6, 2022 • 23min
«Willkommen in der Schweiz, Ukrainer:innen», 2: Die Überforderung
Die Schweizer Gemeinden waren auf die vielen Flüchtlinge aus der Ukraine nicht vorbereitet. Sie konnten nicht so schnell Personal aufbauen. Das Geld, das sie von Bund und Gemeinden erhalten, reicht nicht. Der Vizepräsident des Gemeindeverbandes, Jörg Kündig, sagt: Viele Gemeinden sind am Anschlag.
Yelena und Yeva, die beiden Ukrainerinnen, die wir in Folge 1 kennengelernt haben, geht es seither nicht besser. Yeva hat nun Kontakt zu einem psychologischen Dienst, aber das Geld ist weiterhin knapp. Und Yelena will nur noch nach Hause, weil sie hier keine Arbeit findet und sich ihre Lage nicht verbessert. Sie kann sich eine Rückreise aber nicht leisten und bekommt auch keine Hilfe von der Gemeinde.
Es deutet vieles darauf hin, dass es für eine grössere Zahl Ukrainerinnen und Ukrainer vorerst nicht besser wird. Denn die Gemeinden sind damit konfrontiert, dass immer mehr Flüchtlinge ankommen, sie aber die bereits angereisten nicht richtig unterstützen können. Sie rufen bei Kantonen und Bund um Hilfe. Doch von dort kommt, sagt Jörg Kündig, noch nicht viel. Das Staatssekretariat für Migration kündigt immerhin an, vom Parlament einen Nachtragskredit zu erhalten. Doch das Geld kommt frühestens im Herbst.
Alles umsonst also? Der bekannte Migrationsforscher Professor Dominik Hangartner von der ETH Zürich sagt, dass die Schweiz noch etwas Zeit hat. Wenn es den Schweizer Behörden erst sei mit der Wilkommenskultur, dann könne man mit den nötigen Investitionen etwas erreichen. Integration koste am Anfang viel Geld, zahle sich dann aber langfristig aus.
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Inhalt und Recherche: Simon Jäggi und Stefan Brand, Produktion: Philip Meyer und Céline Raval, Sounddesign: Thomas Baumgartner, Mitarbeit: Recherche & Archive SRF

Jun 29, 2022 • 24min
«Willkommen in der Schweiz, Ukrainer:innen», 1: Das Versprechen
Die Schweiz machte ein grosses Versprechen. Die Ukrainerinnen und Ukrainer sollen hier rasch eine neue Heimat finden mit Sicherheit, Unterkunft und Arbeit. Doch jetzt zeigen sich Risse in der Willkommenskultur und die Frage taucht auf: Ist die Schweiz überfordert?
«Willkommen in der Schweiz, Ukrainer:innen» haben die Schweizer Behörden ausgerufen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter versprach, dass die Schweiz unbürokratisch helfen werde. Immer wieder wurde betont: Die vom Krieg Vertriebenen, die ukrainischen Flüchtlinge, sollen schnell Unterkunft, Betreuung und Sprachkurse erhalten. Sie sollen hier zur Ruhe kommen und, wenn sie länger hierbleiben müssen, für sich selbst sorgen können.
Doch nun zeigt sich: Das grosse Ziel könnte verfehlt werden. Denn die Hilfe kommt bei vielen Ukrainerinnen und Ukrainern nicht an. Sie profitieren nicht vom Schutzstatus S, der erstmals ausgerufen wurde; der ihnen mehr Möglichkeiten bieten sollte als anderen Flüchtlingen.
Wir treffen bei unseren Recherchen Yelena und Yeva – bei einer Essensausgabe der Caritas, zusammen mit vielen anderen ukrainischen Frauen. Die beiden haben zu wenig Geld zum Leben. Sie erhalten von der Gemeinde Thal 375 Franken pro Person und Monat, sagen sie. Und sind praktisch auf sich selbst gestellt.
Von der Gemeinde erhalten sie kaum Hilfe, kein Zugang zu Sprachkursen oder psychologische Betreuung. Keine Hilfe bei der Suche nach Arbeit. Sie möchten nur noch nach Hause – in ein kriegsversehrtes Land. Aber auch eine Rückkehr können sie sich nicht leisten.
Warum die Hilfe bei den beiden Ukrainerinnen nicht ankommt, wollen wir von den Behörden wissen. Und erhalten keine Antwort. Wir erfahren im Verlaufe der Recherchen auch weshalb: Viele Gemeinden sind selbst überfordert von der Aufgabe. Sie rufen um Hilfe bei Kanton und Bund – und fühlen sich ungehört.
Gleichzeitig steigt die Zahl der Ukrainerinnen und Ukrainer, die in der Schweiz ankommen, weiter stark an. Steuern wir auf ein grosses Problem zu wegen des Versprechens, das die Behörden in guter Absicht gegeben haben? Auf jeden Fall steigt die Zahl der Anfragen verzweifelter Ukrainerinnen und Ukrainer bei Inna Praxmarer von der Caritas Beratungsstelle Zürich weiter an.
"Willkommen in der Schweiz Ukrainer:innen" - Folge 2: "Die Überforderung" folgt hier in diesem Kanal am 7. Juli 2022
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Inhalt und Recherche: Simon Jäggi und Stefan Brand, Produktion: Philip Meyer, Sounddesign: Thomas Baumgartner, Mitarbeit: Recherche & Archive SRF

Jun 15, 2022 • 14min
Der Krieg und wir, 3: China vergessen?
Eine Lehre aus dem Ukraine-Krieg kann schon jetzt gezogen werden: Sich mit Tyrannen einzulassen, kann böse enden. Höchste Zeit darum, dass wir uns auch über unser Verhältnis zu China Gedanken machen. Dort stellt sich die Frage: Gibt es überhaupt Handlungsspielraum?
China greift Taiwan an, die Insel vor dem chinesischen Festland, deren Unabhängigkeit Peking bestreitet. Für Mareike Ohlberg ist das kein unrealistisches Szenario. Sie ist China-Expertin beim German Marshall Fund, einer US-amerikanischen Denkfabrik. Was würde der Westen dann tun, Sanktionen ergreifen?
Schon im Fall Russlands ist das eine recht zähe Angelegenheit. Zu gross ist die Abhängigkeit des Westens von russischen Energielieferungen. Im Fall von China wäre die Herausforderung um ein Vielfaches grösser. Ohne Werkbank in China, wäre manches westliche Unternehmen verloren.
Für Mareike Ohlberg ist es darum höchste Zeit, dass sich der Westen aus seiner Abhängigkeit von China zu lösen beginnt. Einfach so den Stecker zu ziehen, das gehe allerdings nicht, warnt Felix Sutter, der Chef der schweizerisch-chinesischen Handelskammer. Eine solche wirtschaftliche Entflechtung brauche Zeit, sonst sei der wirtschaftliche Schaden zu gross.
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Inhalt und Recherche: Raphaël Günther und Marco Morell, Produktion: Marco Morell, Sounddesign: Chris Weber, Musik: Jérôme Brunner, Mitarbeit: Recherche & Archive SRF

Jun 8, 2022 • 19min
Der Krieg und wir, 2: Pazifismus am Ende?
Eine Welt ohne Krieg und Waffen. Dieses Ideal ist für die Pazifistin Vanessa Bieri in weite Ferne gerückt. Wladimir Putin hat den Krieg wieder nach Europa gebracht, mit seinem Angriffsbefehl auf die Ukraine. Ist der Pazifismus damit am Ende oder gibt es eine gewaltlose Antwort auf den Krieg?
Wenn einem Volk das passiert, was den Ukrainerinnen und Ukrainern am 24. Februar passiert ist, nämlich dass man von seinem Nachbarn brutal überfallen wird, dann ist auch für die GsoA-Aktivistin Vanessa Bieri klar: Sich einfach ergeben, ist keine Option. Da ist es legitim, sich zu verteidigen. Waffenlieferungen lehnt Bieri trotzdem ab. Und sie sagt, in Kriegszeiten sei es nicht einfach, eine pazifistische Haltung zu vertreten.
Während Jahrhunderten prägte der Krieg die Geschichte der Menschheit. Für nichts gaben Regenten so viel Geld aus wie fürs Militär. Seit 1945 wird der Krieg von der Staatenwelt geächtet, und unter dem Dach der Vereinten Nationen herrscht eine Ordnung, in der das Recht Vorrang hat gegenüber militärischer Gewalt. Darum sei es jetzt nach Russlands Überfall auf die Ukraine so wichtig, dass die Staaten die «richtigen» Entscheide treffen, sagt der israelische Historiker Yuval Noah Harari in einem TED-Talk.
Die westlichen Staaten haben den russischen Angriff auf die Ukraine einhellig verurteilt und gegen Putin und seine Gefolgsleute Sanktionen verhängt. Mit nicht-militärischen Mitteln versuchen sie den russischen Aggressor zu stoppen. Ob das gelingt, ist alles andere als sicher. In der politischen Anti-Putin-Front zeigen sich Risse. Aber es wäre die «richtige» Antwort: Wer sich stark fühlt und denkt, er könne einfach seinen Nachbarn überfallen, kommt damit nicht durch.
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Inhalt und Recherche: Raphaël Günther und Marco Morell, Produktion: Marco Morell, Sounddesign: Luki Fretz, Musik: Jérôme Brunner, Mitarbeit: Recherche & Archive SRF

Jun 1, 2022 • 17min
Der Krieg und wir, 1: Aufrüsten, aber wofür?
Der 24. Februar hat Vieles verändert. Der Panzergrenadier weiss jetzt, was der Ernstfall für ihn bedeutete. Der Zivildienstler ist am Zweifeln, ob es wirklich keine Armee mehr brauche. Wie genau hat sich mit dem russischen Überfall auf die Ukraine die Bedrohungslage der Schweiz verändert?
Aufrüsten! Mehr Waffen! Das ist für viele Regierungen der Welt das Gebot der Stunde. Der russische Präsident Wladimir Putin hat mit seinem Befehl zum militärischen Angriff auf die Ukraine die Illusion des «ewigen Friedens» in Europa jäh beendet. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz spricht von einer «Zeitenwende» und begründet damit ein massives Aufrüstungsprogramm. Finnland und Schweden haben den Antrag gestellt, Mitglied im westlichen Verteidigungsbündnis Nato zu werden.
Auch in der Schweiz ist für die bürgerliche Mehrheit im Parlament klar: Wir brauchen wieder eine starke Armee. Dagegen hat Georg Häsler, Journalist bei der NZZ und Oberst im Heeresstab der Armee, grundsätzlich nichts einzuwenden. Er findet aber, die Aufrüstung müsse genau abgestimmt werden mit den europäischen Partnern. Die Zeiten seien vorbei, da die Schweiz im Glauben leben konnte, sich allein gegen einen Feind vom Kaliber Russlands verteidigen zu können.
Und ein zweiter Punkt ist Häsler wichtig: Der Krieg in der Ukraine darf nicht andere Bedrohungen aus unserem Bewusstsein verdrängen. Den Klimawandel zum Beispiel. Für den obersten Risikoanalysten im Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Stefan Brem, sind das die Top-3-Gefahren für die Schweiz: Strommangel, Pandemie und Ausfall des Mobilfunknetzes. Alles Risiken also, die mit nicht-militärischen Mitteln kontrolliert werden müssen. Mit dem Krieg in der Ukraine ist laut Brem das Risiko von Engpässen in der Energieversorgung noch grösser geworden.
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Inhalt und Recherche: Raphaël Günther und Marco Morell, Produktion: Marco Morell, Sounddesign: Luki Fretz, Musik: Jérôme Brunner, Mitarbeit: Recherche & Archive SRF

Apr 28, 2022 • 23min
Liebesgrüsse aus Lugano: Putins Spur in die Schweiz, Teil 2
In der Villa am Luganersee haben wir die angebliche Geliebte des russischen Präsidenten nicht gefunden. Aber es gibt noch weitere Spuren. Jedenfalls wenn man den Gerüchten glaubt, die über Alina Kabajewa kursieren und die besagen, dass sie unbehelligt von jeglichen Sanktionen im Tessin leben soll.
Eine dieser Spuren führt SRF-Investigativ-Reporterin Fiona Endres in die Privatklinik Sant‘Anna in Lugano. Eine noble und diskrete Adresse, an der schon der Nachwuchs anderer Prominenz das Licht der Welt erblickt hat. Dort soll die 38-jährige Geliebte von Wladimir Putin Zwillinge zur Welt gebracht haben.
Wenn es stimmt, dass eine der wichtigsten Bezugspersonen des russischen Präsidenten im Tessin lebt, würde das die Schweizer Behörden in eine ungemütliche Lage bringen. Denn schon nach Beginn des russischen Angriffkriegs auf die Ukraine, als viele Staaten rasch harte Sanktionen gegen Russland verhängten, agierte der Bundesrat zögerlich.
Auf unserer Spurensuche begegnen wir noch einer ganz anderen Geschichte. Den im Podcast genannten Artikel findet ihr hier:?https://www.swissinfo.ch/ger/youssef-nada-war-on-terror_jahre-des-zorns/47042494
Dies ist ein Podcast von Hotspot und SRF Investigativ. Habt Ihr einen Recherche-Hinweis für uns? Dann schreibt uns auf investigativ@srf.ch
Inhalt und Recherche: Fiona Endres und Roger Aebli, Produktion und Storytelling: Marco Morell, Jonathan Sippel und Nina Blaser, Technik und Gestaltung: Thomas Baumgartner, Musikauswahl: Jérôme Brunner

Apr 27, 2022 • 19min
Liebesgrüsse aus Lugano: Putins Spur in die Schweiz, Teil 1
Die Geliebte des russischen Präsidenten soll in einer Villa in Lugano leben – unbehelligt von irgendwelchen Sanktionen. Dieses Gerücht hat ein Promi-Blog in den USA in die Welt gesetzt. Ist das so? Wir machen uns auf die Suche.
Wer zu Putins Freunden zählt, für den oder die ist das Leben schwierig geworden ausserhalb der Grenzen Russlands. Denn nach dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 haben viele Staaten Sanktionen verhängt gegen alle, die in enger Verbindung stehen zum Kreml.
Bisher nicht auf den Sanktionslisten aufgetaucht ist die 38-jährige angebliche Geliebte des 69-jährigen russischen Autokraten. Alina Kabajewa heisst sie. Einst war sie eine erfolgreiche russische Sportlerin. Ihre Disziplin war die rhythmische Sportgymnastik.
Offiziell tritt Kabajewa nie als Präsidentengattin auf. Darum kursieren auch so viele Gerüchte. Zum Beispiel eben, dass Kabajewa in Lugano lebe. Dort nimmt SRF-Investigativ-Reporterin Fiona Endres die Spurensuche auf. Zusammen mit Roger Aebli berichtet sie darüber in diesem Podcast von Hotspot und SRF Investigativ.
Habt Ihr einen Recherche-Hinweis für uns? Dann schreibt uns auf investigativ@srf.ch
Inhalt und Recherche: Fiona Endres und Roger Aebli
Produktion und Storytelling: Marco Morell, Jonathan Sippel und Nina Blaser
Technik und Gestaltung: Thomas Baumgartner
Musikauswahl: Jérôme Brunner

Mar 23, 2022 • 26min
Im Reich Orbans, 3: Die Ohnmacht der Gegner
Wer sich Viktor Orban in den Weg gestellt hat, ist gescheitert. Das galt bisher für seine politischen Gegner in Ungarn, wie auch für die Europäische Union. Selbst wenn er jetzt die Wahlen verlieren sollte, wird ein Teil des «Systems Orban» weiterbestehen. Gibt es jemanden, der Orban stoppen kann?
Peter Marki-Zay hofft auf den Bonus des Unverbrauchten und will damit bei den Parlamentswahlen vom 3. April 2022 den Sieg einfahren. Er will denjenigen von der Macht drängen, den er einst bewundert hat: Regierungschef Viktor Orban. Marki-Zay ist der Kandidat, der aus dem politischen Nichts kam und jetzt an der Spitze steht eines breiten Parteienbündnisses von links bis rechts.
Doch diese vermeintliche Stärke - die breite politische Basis - ist gleichzeitig auch Marki-Zays Schwachpunkt. Das findet SRF-Osteuropakorrespondent Roman Fillinger, der den ungarischen Präsidentschaftskandidaten in Budapest getroffen hat. Denn zu Marki-Zays Bündnis gehören auch die Sozialisten, die vor Orban regierten. Und die haben noch heute den Ruf, korrupt und unfähig zu sein.
Orban versteht es meisterhaft, die Stärken seiner Gegner zu seinem Vorteil zu nutzen. Das gilt auch für seinen aussenpolitischen Hauptfeind, die Europäische Union. Diese will ihn dafür bestrafen, dass er sich dauernd über EU-Regeln hinwegsetzt. Er aber inszeniert sich damit gegenüber den eigenen Wählerinnen und Wählern als einer, der Ungarns Unabhängigkeit verteidigt.
Das Ringen zwischen der EU und ihrem widerspenstigen Mitglied Ungarn wird darum höchst wahrscheinlich auch nach der Parlamentswahl weitergehen. «Orbans Mechanismen kriegt man nicht weg», sagt Katrin Barley, die Vizepräsidentin des EU-Parlaments im Gespräch mit SRF-Osteuropa-Korrespondentin Sarah Nowotny. In seinen zwölf Jahren an der Macht hat Orban das politische System dauerhaft zu seinen Gunsten umgebaut.
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Inhalt: Sarah Nowotny und Roman Fillinger, Produktion: Marco Morell, Technik: Mirjam Emmenegger, Musik: Jérôme Brunner, Mitarbeit: Recherche & Archive SRF

Mar 16, 2022 • 24min
Im Reich Orbans, 2: Der Zauberer der Macht
Viktor Orban versteht es, sein Publikum in den Bann zu ziehen. Während der Wende von 1989 wurde er zum Vorkämpfer für die Freiheit. Heute indes ist Ungarn ein autoritärer Staat, in dem eine Minderheit das Sagen hat und eine noch kleinere Minderheit schamlos profitiert. Wie hat Orban das geschafft?
Zsuszanna Szelényi gehörte auch zu denen, die Viktor Orban bewunderten. «Er hatte Charme, war angenehm», sagt sie. «Wir sind ihm gerne gefolgt.» Noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs erhob Orban mutig gegen die kommunistische Diktatur das Wort. Mit dem Versprechen, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Korruption zu bekämpfen, kam er vor zwölf Jahren an die Macht.
Inzwischen ist der Zauber längst verflogen. Orban wird von den Medien auch «Puszta-Putin» genannt. Szelényi hat sich - wie viele andere Ungarinnen und Ungaren - von ihm abgewendet und wird ihm bei den Parlamentswahlen vom 3. April 2022 ihre Stimme nicht geben.
Sarah Nowotny und Roman Fillinger, die für Radio SRF über Osteuropa berichten, zeigen in dieser zweiten Episode ihrer Podcast-Serie auf, wie sich Viktor Orban an der Macht gewandelt hat, vom liberalen Politiker zum autoritären Regierungschef. Wie er immer mehr nach rechts rückte und in Kauf nahm, dass ihm Anhängerinnen wie Zsuszanna Szelényi und viele andere den Rücken kehrten. Und wie er das Wahlrecht so änderte, dass ihm heute eine Minderheit der Stimmen genügt, um seine Vorstellungen umfassend durchzusetzen.
Dazu passt, dass Orban abgeschottet lebt, fast nur noch mit Gleichgesinnten spricht – und seinem engsten Umfeld Reichtum und Privilegien zuschanzt.
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Inhalt: Sarah Nowotny und Roman Fillinger, Produktion: Marco Morell, Technik: Mirjam Emmenegger, Musik: Jérôme Brunner, Mitarbeit: Recherche & Archive SRF

Mar 9, 2022 • 25min
Im Reich Orbans, 1: Zwei Welten
Ungarn ist keine Diktatur. Niemand muss ins Gefängnis, weil er oder sie die Regierung kritisiert. Aber Ungarn ist auch keine funktionierende Demokratie mehr. Das System von Regierungschef Viktor Orban bevorzugt seine Freunde und lässt kaum Raum für Andersdenkende.
Wie frei oder unfrei leben die Ungarinnen und Ungaren heute? Das wollten Sarah Nowotny und Roman Fillinger im Vorfeld der Parlamentswahlen vom 3. April 2022 herausfinden. Sie berichten beide für Radio SRF über die Länder Osteuropas.
Der Punkmusiker Tamas Rupaszow gibt seine Antwort auf die Frage "frei oder unfrei?" mit einem Bild aus einem Kindermärchen. Die Regierung Orban sei wie ein Monster. Sie fresse alles, was sich ihr in den Weg stelle, kritische Geschäftsleute, kritische Medien, kritische Kulturschaffende, und das ohne jegliche Anwendung von Gewalt.
Rupaszow hatte schon in den Achtzigerjahren Musik produziert, aus dem Untergrund heraus, unter der Herrschaft der Kommunisten. Dann kam der grosse Aufbruch von 1989. Die Ungarinnen und Ungaren erkämpften sich die Freiheit.
Heute ist der "vorauseilende Gehorsam" zum Überlebensprinzip geworden: Man steht auf der Seite von Regierungschef Orban oder man hält den Mund. Sonst verliert man Geschäftskunden, Inserenten, Auftrittsgelegenheiten.
In dieser ersten Episode der Podcast-Serie "Im Reich Orbans" kommen aber nicht nur die Verlierer des Systems zu Wort, sondern auch die Gewinner. Dazu gehören junge Eltern. Sie werden von der Regierung belohnt fürs Kinderkriegen, unter anderem mit billigen Hypotheken. Ab dem vierten Kind müssen Mütter nicht einmal mehr Einkommenssteuer bezahlen.
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Inhalt: Sarah Nowotny und Roman Fillinger, Produktion: Marco Morell, Technik: Mirjam Emmenegger, Musik: Jérôme Brunner, Mitarbeit: Recherche & Archive SRF


