"Trumps Sieg ist für viele Ukrainer mit Hoffnung verbunden"
Nov 29, 2024
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Olivia Kortas, Ukraine-Korrespondentin der ZEIT und seit zweieinhalb Jahren in Kiew, schildert die angespannte Lage in der Ukraine angesichts Donald Trumps möglicher Rückkehr ins Weiße Haus. Die Ukrainern blicken mit gemischten Gefühlen auf den Wahlsieg; viele erhoffen sich Veränderungen in der amerikanischen Außenpolitik. Kortas berichtet von den extremen Bedingungen, in denen sie arbeitet, und beschreibt die emotionalen Herausforderungen der Bevölkerung, die zwischen Angst und müdem Zynismus schwankt. Der Krieg bleibt eine bedrückende Realität im Alltag.
Der mögliche Wiedereinzug Donald Trumps ins Weiße Haus führt in der Ukraine zu Sorgen um den Verlust westlicher Unterstützung.
Olivia Kortas betont, dass kulturelle Ausdrucksformen wie Musik und Tanz für die Resilienz der ukrainischen Bevölkerung entscheidend sind.
Die Herausforderungen und Sicherheitsrisiken für Journalisten im Kriegsgebiet unterstreichen die Schwierigkeiten, objektiv über die Realität des Konflikts zu berichten.
Deep dives
Atmosphäre und Besonderheit der Live-Veranstaltung
Die Aufzeichnung des Podcasts fand in einem besonderen Rahmen statt, einem ehemaligen Krematorium, das sich in einen Veranstaltungsort verwandelt hat. Die Moderatoren, Iliana Grabitz und Peter Dausend, genossen die Atmosphäre und die Präsenz des Publikums, was eine spürbare Abwechslung zu den üblichen digitalen Sitzungen darstellte. Diese Live-Interaktion brachte eine andere Dynamik in die Diskussionen ein, da die beiden Moderatoren versuchten, das Publikum einzubeziehen und eine lebendige Stimmung zu erzeugen. Dies sollte auch den Hörern der kommenden Episode verdeutlichen, dass die Stimmung weit entfernt von der Schwere des Veranstaltungsorts ist, der in der Vergangenheit eine andere Bedeutung hatte.
Gäste und Themenwahl
Die Moderatoren erklären, dass sie im Podcast bewusst keine Politiker zu politischen Themen einladen, um eine tiefere, wissenschaftliche oder literarische Perspektive zu Strategie und Ausrichtung in der Politik zu erhalten. Stattdessen greifen sie auf Gäste wie Wissenschaftler und Autoren zurück, die frische Einsichten und Analysen bieten können. Im aktuellen Fall sprang Olivia Kortas, eine erfahrene Korrespondentin aus der Ukraine, kurzfristig in einer spannenden Diskussion über ihren Arbeitsalltag in einem Kriegsgebiet ein. Diese Herangehensweise stellt sicher, dass die Gespräche vielschichtig und informativ sind und den Zuhörern neue Perspektiven eröffnen.
Der Einfluss des Krieges auf Alltagsleben und Kultur
Olivia Kortas teilte persönliche Geschichten darüber, wie der Krieg das Leben der Menschen in der Ukraine beeinflusst, insbesondere das Bedürfnis nach Normalität, etwa durch Musik und Tanz. Sie berichtete, dass das Nachtleben in Kiew während der ersten Monate des Krieges zum Stillstand kam, jedoch allmählich wieder zurückgekehrt ist, da Menschen ihre Kultur und ihr Sozialleben zurückerobern wollen. Durch den Hinweis auf eine Musikaufnahme aus einem Club zeigt sie, wie wichtig kreative Ausdrücke für die Resilienz der Bevölkerung sind. Diese Aspekte des Lebens in Kriegszeiten verdeutlichen, dass trotz äußerster Umstände lokale Gemeinschaften nach Möglichkeiten suchen, um Freude und Zusammenhalt zu erleben.
Reisen und Berichterstattung im Kriegsgebiet
Der sichere Transport und die Mobilität um die Frontlinien sind entscheidende Themen für die Journalisten, die über den Krieg berichten. Olivia erläuterte, dass die ukrainische Eisenbahn ein wesentliches Hilfsmittel geworden ist, um Bewegungen innerhalb des Landes zu ermöglichen, auch wenn die Sicherheit nach wie vor ein großes Problem darstellt. Sie berührte die Schwierigkeiten, die Berichterstatter dabei haben, sich in Kriegsgebieten gefährdet zu bewegen, und die Notwendigkeit, oft auf Armeefahrzeuge zurückzugreifen. Das verdeutlicht die Risiken und Herausforderungen, denen Journalisten gegenüberstehen, während sie versuchen, die Realität des Krieges genau darzustellen und gleichzeitig ihre eigene Sicherheit im Auge zu behalten.
Zukunftsaussichten und Hoffnung
In der Diskussion um die zukünftigen politischen Entwicklungen der Ukraine wurden unterschiedliche Szenarien erörtert, insbesondere im Hinblick auf die möglichen Veränderungen in der Unterstützung durch westliche Nationen. Olivia berichtete von einer allgemeinen Müdigkeit unter den Menschen in der Ukraine, verbunden mit einer verminderten Bereitschaft zu kämpfen, was die langfristigen Risiken für das Land betrifft. Dennoch gibt es einen durchgängigen Hoffnungsschimmer, dass trotz der anhaltenden Herausforderungen und Unsicherheiten die Zivilgesellschaft aktiv bleibt und sich für eine bessere Zukunft einsetzt. Diese Botschaft der Hoffnung und des Durchhaltens ist entscheidend für das Verständnis der Resilienz der ukrainischen Bevölkerung in erschütternden Zeiten.
In diesen Wochen ist die Lage in der Ukraine noch angespannter als ohnehin schon: Mit dem nahenden Wiedereinzug Donald Trumps ins Weiße Haus muss das Land um die Unterstützung seines wichtigsten Geldgebers und Waffenlieferanten bangen. Der dritte Kriegswinter mit einer eingeschränkten Energieversorgung steht vor der Tür. Und Russland verschärft seine Angriffe auf das ukrainische Territorium – auch als Reaktion auf die Entscheidung des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden, der Ukraine den Einsatz von Raketen mit größerer Reichweite zu erlauben.
In der neuen Ausgabe von "Das Politikteil", das diesmal live und vor Publikum beim Frohen Festival in Berlin aufgenommen wurde, berichtet die Ukraine-Korrespondentin der ZEIT, Olivia Kortas, über den Zustand des Landes nach bald drei Jahren Krieg. Wie wurde die Nachricht vom Wahlsieg Donald Trumps aufgenommen? Wie blickt die Bevölkerung auf ihren Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seine Mobilisierungspolitik? Und was sind die Szenarien für die nächsten Monate? "Militärisch sieht es düster aus", sagt die Journalistin. Unter Soldaten, die schon lange an der Front sind, würde berichtet: "Die Neuen stehen drei, vier Tage, dann sterben sie."
Kortas, die seit zweieinhalb Jahren in Kyjiw lebt, erzählt zudem, wie sie in einem Ambiente arbeitet, in dem Bomben und Angst zum Alltag gehören – und wie der Krieg auch ihren Blick auf Deutschland und auf den Westen verändert hat.
Im Podcast "Das Politikteil" sprechen wir jede Woche über das, was die Politik beschäftigt, erklären die Hintergründe, diskutieren die Zusammenhänge. Immer freitags mit zwei Moderatoren, einem Gast – und einem Geräusch. Neben Ileana Grabitz und Peter Dausend sind auch Tina Hildebrandt und Heinrich Wefing als Gastgeber zu hören.