Russland-Kenner Emil Brix über die Grenzen der Diplomatie - #708
Mar 30, 2022
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Emil Brix, Direktor der Diplomatischen Akademie und Russland-Kenner mit umfangreicher Erfahrung als Botschafter in Moskau, diskutiert im Gespräch unter anderem die Grenzen der Diplomatie im Ukraine-Konflikt. Er beleuchtet die komplexen geopolitischen Spannungen zwischen China, den USA und Russland. Brix analysiert zudem Putins Rhetorik und deren propagandistische Funktion. Ein weiteres zentrales Thema sind die veränderten Machtstrukturen innerhalb Russlands und deren Risiken für die globale Sicherheit.
Die Diplomatie im aktuellen Konflikt wird stark durch militärische und politische Berater dominiert, was zu einer Einschränkung des Verhandlungsprozesses führt.
Die Öffentlichkeit spielt eine zentrale Rolle in der Diplomatie, wobei Selensky gezielte Auftritte nutzt, um Unterstützung zu mobilisieren und die Militarisierung der Kommunikation voranzutreiben.
Deep dives
Bedeutung der Diplomatie im Konflikt
Die Diplomatie wird als entscheidende Form der Kommunikation im aktuellen Konflikt betrachtet. Es wird betont, dass die Gespräche nicht von ausgebildeten Diplomaten, sondern von Militärs und politischen Beratern geleitet werden, was den Verhandlungsprozess stark einschränkt. Historisch beginnt die Diplomatie häufig erst nach einem Waffenstillstand, was die Komplexität der Situation erhöht. Momentan scheinen beide Seiten zu glauben, dass militärische Erfolge die Ausgestaltung zukünftiger diplomatischer Gespräche bestimmen werden, was auf eine langfristige Konflikteskalation hindeutet.
Öffentliche Diplomatie als Strategie
Die gegenwärtige Krise wird vor allem in der Öffentlichkeit ausgetragen, was als ungewöhnliche Form der Diplomatie angesehen wird. Der ukrainische Präsident Selensky nutzt gezielte öffentliche Auftritte, um Unterstützung zu mobilisieren und die eigene Bevölkerung zu motivieren. Diese sogenannte Public Diplomacy fördert jedoch die Militarisierung der politischen Kommunikation und erfordert von Diplomaten, dass sie die Absichten und Zielgruppen der gesendeten Signale analysieren. In diesem Kontext bleibt die mündliche Diplomatie weitgehend inaktiv, was die Chancen auf eine friedliche Lösung verringert.
Rhetorik und ihre Auswirkungen auf den Konflikt
Die Rhetorik von Wladimir Putin bleibt konstant, trotz einiger Nuancen in seinen Aussagen, was die Stabilität seiner Argumentation zeigt. Die russischen Führer verbreiten ein Narrativ der existenziellen Bedrohung und der Notwendigkeit, Russland zu retten, was den militärischen Kurs noch gefährlicher macht. Obwohl einige Umstellungen in der russischen Machtstruktur erkennbar sind, bleibt die Entscheidungsfindung stark zentralisiert bei Putin. Dies zeigt, dass ein Weg zur Deeskalation des Konflikts aktuell kaum in Sicht ist, da die gefährliche Rhetorik weiterhin auf eine Verschärfung der Situation hindeutet.
Sie hören FALTER Außenpolitik-Experte Martin Staudinger im Gespräch mit dem Direktor der Diplomatischen Akademie und Russland-Kenner Emil Brix über die Grenzen der Diplomatie im Krieg.