Michael Thumann, Moskau-Korrespondent der Zeit, teilt seine Erfahrungen über die tiefgreifenden Veränderungen in Russland infolge des Ukraine-Kriegs. Er thematisiert die Herausforderungen für Journalisten in einem repressiven Umfeld und beleuchtet die Lebensrealitäten der Bevölkerung unter Putins Herrschaft. Zudem diskutiert er Putins imperialistische Ambitionen sowie die geopolitischen Implikationen für Europa. Thumann wagt auch einen Ausblick auf die Zukunft Russlands nach Putins Amtszeit und die möglichen Veränderungen.
Der Ukraine-Krieg hat nicht nur massive Zerstörungen in der Ukraine verursacht, sondern auch die politische Kontrolle und Atmosphäre der Angst in Russland verstärkt.
Die journalistischen Bedingungen in Russland haben sich durch Repression und Zensur erheblich verschlechtert, was die Freiheit der Presse stark gefährdet.
Deep dives
Veränderungen in Russland durch den Krieg
Der russische Krieg gegen die Ukraine hat nicht nur zu massiven Zerstörungen in der Ukraine geführt, sondern auch Russland selbst nachhaltig verändert. Wladimir Putin, der seit einem Vierteljahrhundert an der Macht ist, hat sich in einen Kriegsherrn verwandelt und hält das Land mit eiserner Hand unter Kontrolle. Michael Thuman beschreibt, wie die Stimmung in Moskau, trotz der journalistischen Herausforderungen und der Zensur, nach wie vor von einem Gefühl der Überwachung geprägt ist. Diese Entwicklungen haben nicht nur das politische Klima beeinflusst, sondern auch die sozialen Strukturen des Landes, indem sie eine Atmosphäre der Angst und Unsicherheit geschaffen haben, die jeden Aspekt des Lebens durchdringt.
Die Herausforderung für Journalisten in Russland
Das Arbeiten als Journalist in Russland wird immer schwieriger, insbesondere unter den aktuellen Bedingungen der politischen Repression und Zensur. Korrespondenten berichten, dass sie ständig das Gefühl haben, überwacht zu werden, was zu einer selbstzensierenden Haltung führt. Thuman hebt hervor, dass der Verlust von Büros und der Druck auf einzelne Journalisten ein besorgniserregendes Zeichen für die Freiheit der Presse in Russland sind. Diese schwierigen Umstände erschweren nicht nur die Arbeit, sondern gefährden auch die Sicherheit der Journalisten und ihrer Informanten.
Wirtschaftliche Stabilität und soziale Auswirkungen
Trotz des Krieges scheinen viele Russen anfangs eine gewisse Stabilität in ihrem Alltag erlebt zu haben, da die wirtschaftliche Lage durch strenge Kontrollen stabilisiert wurde. Diese Stabilität ist jedoch trügerisch, denn die Inflation zeigt sich vor allem in der Lebensmittelversorgung, die rasant ansteigt. Während die Gehälter in der Rüstungsindustrie steigen, leiden andere Sektoren, was zu einer spürbaren Verarmung der Bevölkerung führt. Thuman beschreibt, wie das Leben in Moskau, obwohl es nach außen hin glorreich erscheint, von existenziellen Ängsten und finanziellen Schwierigkeiten geprägt ist.
Zukunftsaussichten für Frieden in der Ukraine
Die Aussicht auf Frieden in der Ukraine bleibt ungewiss, insbesondere angesichts der strategischen Ziele Putins, die auch nach einem möglichen Waffenstillstand bestehen bleiben. Thuman analysiert die politische Dynamik und die verschiedenen Interessengruppen, die in zukünftige Verhandlungen involviert sein könnten. Während Putin möglicherweise bereit ist zu verhandeln, verfolgt er weiterhin aggressive Ziele, die eine dauerhafte Lösung erschweren. Die Rolle internationaler Akteure wie der USA und der EU sowie die politischen Führer könnten entscheidend sein, um eine Lösung zu erreichen, die nicht nur kurzfristig ist, sondern auch langfristige Stabilität in der Region sicherstellt.
Der russische Krieg gegen die Ukraine hat dem angegriffenen Land riesige Zerstörungen und viele Opfer gebracht. Aber auch Russland selbst hat sich verändert. Vladimir Putin regiert seit einem Vierteljahrhundert, er ist zum Kriegsherrn geworden. Die Kontrolle über das Land hält er fest in Hand.
Wie sich Russland im Krieg verändert hat, hat Michael Thumann direkt erlebt. Er ist Moskau-Korrespondent der Zeit. Im Wiener Stadtgespräch ist er Gast bei Falter-Journalistin Barbara Tóth.