

EGL072 Berlinale zeigt "Rocker" (1972): Klaus Lemke dreht wo die wilden Kerle wohnen

Die Berlinale packt 2025 Klaus Lemkes *Rocker* (1972) in die Retrospektive. Ein Film, der so deutsch ist, wie sein Titel: Der Begriff „Rocker“ wurde hierzulande erfunden. In den USA spricht man von *Bikers*, von *Outlaw Motorcycle Gangs*. Aber in Hamburg, wo Lemkes Film spielt, sind es eben Rocker. Eine Szene, die sich in den 60ern unter dem Einfluss amerikanischer Bikerfilme und Motorradclubs formierte – und schnell ihre eigene Dynamik entwickelte. Hamburg und insbesondere St. Pauli waren das Zentrum, der Kiez das Revier. Keine Regeln, außer denen, die man sich selbst gab. Dass Lemke keinen klassischen Film drehte, sondern echte Kiezgrößen vor die Kamera stellte, macht *Rocker* zu etwas Besonderem. Keine Schauspieler, kein Drehbuch, keine inszenierte Härte. Wir besprechen den Film, direkt nachdem wir ihn auf der Berlinale gesehen haben. Wir entdecken Liebe und Schüchternheit und versuchen einen Zugang zum Film über Lemkes Zitate über Film zu finden. Ein Film aus einer Zeit, die längst vorbei ist. Und der Film? Dieser im Speziellen oder Film im Allgemeinen? Lemke sagt: UNSERE FILME SIND WIE GRABSTEINE.
Shownotes
- Über den Regisseur Klaus Lemke
- Das Klaus Lemke Prinzip | Filmfest München // FESTIVAL_STORIES
- Im Interview: Klaus Lemke: Exakt seit letzten Sonntag finde ich Deutschland nicht mehr uncool" - SZ
- Aus traurigem Anlass: am 7. Juli 2022 verstarb Klaus Lemke - REVOLVER
- Der ewige Rebell: Zum Tod von Klaus Lemke - out takes
- Abschied von Klaus Lemke – Ein Nachruf von Dominik Graf | deutsche-filmakademie.de
- Klaus Lemke - Filmemacher im Gespräch mit München.tv-Chefredakteur Jörg van Hooven - Menschen in München | Upload: 30 Juni 2015 | http://www.muenchen.tv
- Coole Coups - Hommage an den Filmemacher Klaus Lemke | BR2 Podcast | von Friedemann Beyer, Ausstrahlung am 9.7.2022
- Kontext zu Lemke und Rocker
- Listen von: "Die erfolgreichsten Filme in Deutschland"
- Deutsche Film- und Fernsehgeschichte 1972 auf deutsches-filmhaus.de
- https://de.wikipedia.org/wiki/Oberhausener_Manifest
- https://de.wikipedia.org/wiki/Neuer_Deutscher_Film
- https://www.dhm.de/zeughauskino/vorfuehrung/die-neue-muenchner-gruppe-12523/
- https://cuts.podigee.io/313-neue-muenchner-gruppe
- Lemkes Manifest von 2010 auf Malte Weldings Blog
- Über den Film Rocker (1972)
- Rocker (Klaus Lemke 1972) Film auf YouTube
- Fotos vom Dreh für Rocker 1971 von Heinrich Klaffs
- Website rocker-film.de
- Rocker auf Wikipedia
- 'Can' in Klaus Lemke's Mein schoenes kurzes leben (1970)
- Rocker im Spiegel Magazin, Ankündigung vom Mittwoch 2.2.1972 im Fernsehprogramm
- Clip mit Manifest und Klaus Lemke auf dem Hamburger Filmfest am 30.9.2010, YouTube
- Die Hamburg-Filme: Klaus Lemke im Gespräch mit Christoph Gröner auf dem FILMFEST MÜNCHEN 2014.
- Klaus Lemkes Arbeit auf YouTube
- YouTube Kanal mit Material von Lemke @Saltissima
- Amore (Klaus Lemke 1978) Film auf YouTube
- Brandstifter (Klaus Lemke BRD 1969)
- Stadtwölfe (Klaus Lemke BRD 1982)
- Paul (Klaus Lemke 1974)
- Liebe, so schön wie Liebe (Klaus Lemke 1971)
- Sylvie (Klaus Lemke)
Mitwirkende
- Micz Flor
- Florian Clauß
Klaus Lemke beginnt ein Interview ganz relaxed mit den Worten: „Also, meine Markenzeichen sind meine Mütze, meine Kurzsichtigkeit – ich sehe eigentlich nichts (…) – und das Dritte ist, dass ich zweimal am Tag onaniere.“
Wir hingegen haben’s nicht so leicht. Im Gegenteil, machen wir uns doch die Mühe unsere Quellen zu sammeln und in diesen Post zu packen. Zweimal täglich.
Ein Fact Checking vorneweg: Das Zitat von Donald Winnicott stammt nicht, wie gegen Ende der Episode behauptet, aus dem Jahr 1974. Der Psychoaanalytiker verstarb schon 1971. Die Jahreszahl entstammt der zitierten deutschen Veröffentlichung: Winnicott, D. W. (1974). Vom Spiel zur Kreativität. Klett-Cotta.
Im Folgenden unsere Notizen, Recherchen und Quellen. Zu mehr Elan langt es gerade nicht, die Zeit drängt, nur noch 48 Stunden bis Acapulco!
Zuerst allgemeines über die „filmhistorische“ Einordnung (vom Allgemeinen zum Speziellen): Der Neue Deutsche Film > Oberhausener Manifest 1962 > Neue Münchner Gruppe > München > Schwabing > Klaus Lemke
Danach die Zusammenfassung des Films Rocker, Der Soundtrack, Lemkes Manifest von 2010, Top 100 Kinofilme von Lemke und Zitate mit Quellen (nicht alle mit Quellenangaben, sorry.)
Lässigkeit und Revolte: Die Neue Münchner Gruppe und ihre dialektische Beziehung zum Oberhausener Manifest
Eine filmhistorische Neubewertung
In der Geschichtsschreibung des deutschen Nachkriegskinos markiert das Oberhausener Manifest vom 28. Februar 1962 einen kanonischen Wendepunkt. Doch während der „Neue Deutsche Film“ der Oberhausener zum etablierten Narrativ deutscher Filmgeschichte wurde, blieb eine ebenso bedeutsame, wenn auch weniger programmatische Strömung lange Zeit im filmhistorischen Halbdunkel: die Neue Münchner Gruppe. Diese lose Vereinigung junger Filmemacher, die sich in den Schwabinger Kneipen und Hinterhöfen formierte, entwickelte eine eigenständige Filmsprache, die heute als alternative Traditionslinie des deutschen Autorenfilms wiederentdeckt wird.
Das Oberhausener Manifest: Programmatischer Bruch und intellektueller Anspruch
„Der alte Film ist tot. Wir glauben an den neuen.“ Mit diesem apodiktischen Schlusssatz besiegelten 26 junge Filmemacher um Alexander Kluge, Edgar Reitz und Peter Schamoni im Februar 1962 die symbolische Grablegung des konventionellen deutschen Nachkriegskinos. Die Unterzeichner postulierten: „Der Zusammenbruch des konventionellen deutschen Films entzieht einer von uns abgelehnten Geisteshaltung endlich den wirtschaftlichen Boden. Dadurch hat der neue Film die Chance lebendig zu werden.“
Das Manifest formulierte einen dezidiert intellektuellen Anspruch auf „neue Freiheiten“ – Freiheit von branchenüblichen Konventionen, von kommerziellen Zwängen und der „Bevormundung durch Interessengruppen“. Die Oberhausener verstanden sich als künstlerische Avantgarde mit gesellschaftspolitischem Auftrag. Ihre programmatische Radikalität manifestierte sich in Filmen wie Kluges „Abschied von Gestern“ (1966) oder Schlöndorffs „Der junge Törleß“ (1966) – Werke, die formale Innovation mit gesellschaftskritischer Reflexion verbanden.
Die Neue Münchner Gruppe: Gegenentwurf mit Nonchalance
Während die Oberhausener ein explizit politisches Programm verfolgten, formierte sich Mitte der 1960er Jahre in München-Schwabing eine alternative Strömung junger Filmemacher, die sich durch eine andere Haltung definierte. Rudolf Thome, Klaus Lemke, Max Zihlmann, Roger Fritz, May Spils, Werner Enke und Martin Müller – überwiegend Mitte bis Ende 20 – entwickelten einen Gegenentwurf zum dogmatischen Ernst der Oberhausener.
Ihr inoffizielles Motto lautete, wie Marco Abel in seinem Buch „Mit Nonchalance am Abgrund“ herausarbeitet: „Papas Kino ist tot, es lebe Papas Kino“. Diese scheinbar paradoxe Formel verrät eine komplexere Haltung zum filmischen Erbe, als der radikale Bruch der Oberhausener suggerierte. Die Münchner Gruppe schöpfte bewusst aus den ästhetischen Ressourcen des Genrekinos – inspiriert vom amerikanischen Genrefilm und dem frühen Godard, besonders seinem Debüt „Außer Atem“ (1960).
Die Arbeitsmethode dieser informellen Kollaboration war bezeichnend: Bei ihren ersten Kurzfilmen arbeiteten sie kollektiv und rotierten die Positionen als Autoren und Regisseure. Sie gründeten eine eigene Produktionsfirma und entwickelten einen Stil, der spontane Improvisation über akribische Planung stellte. Diese Herangehensweise stand im deutlichen Kontrast zum intellektuell-akademischen Ansatz der Oberhausener.
„Ästhetische Linke“ versus „politische Linke“
In der Filmkritik der späten 1960er Jahre positionierte sich die Münchner Gruppe als „ästhetische Linke“ gegen eine „politische Linke“, die ihrer Ansicht nach Filme auf soziologische Inhalte reduzierte. Diese Unterscheidung markiert den fundamentalen Unterschied in der Filmkonzeption: Während die Oberhausener das Kino als Medium gesellschaftspolitischer Aufklärung verstanden, betrachtete die Münchner Gruppe das Kino primär als Kino – als eigenständige künstlerische Form und nicht als didaktisches Mittel zum Zweck.
Die deutsche Filmkritik ordnete die Münchner Gruppe oft vorschnell als unpolitisch oder gar rechtskonservativ ein. Diese Kategorisierung verkennt jedoch die subversive Dimension ihrer filmischen Praxis. Ihr Ansatz war weniger explizit intellektuell, aber keineswegs apolitisch – er war anders politisch. Die Befreiung des Körpers von gesellschaftlichen Zwängen, die in Filmen wie „Duell“ thematisiert wird, artikuliert eine tiefgreifende Kritik an der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft: Die „eingezwängten Körper“ der Westdeutschen, der „Kleidungszwang“ und die „unausgesprochene Schuld“ werden nicht diskursiv abgehandelt, sondern durch filmische Mittel erfahrbar gemacht.
Filmische Meilensteine und ästhetische Innovation
Mit dem Übergang zu Langfilmen ab 1968, beginnend mit Klaus Lemkes „48 Stunden bis Acapulco“, änderten sich die Produktionsbedingungen, was faktisch das Ende der intensiven kollektiven Zusammenarbeit bedeutete. Dennoch entstanden bemerkenswerte Werke, die heute als innovative Beiträge zur deutschen Filmgeschichte wiederentdeckt werden.
May Spils‘ „Zur Sache, Schätzchen“ (1968) wurde zum Kultfilm, der nicht nur Uschi Glas bekannt machte, sondern auch mit Wortschöpfungen wie „türlich“, „Dumpfbacke“ und „fummeln“ den deutschen Sprachgebrauch bereicherte. Rolf Thieles „Rote Sonne“ (1969) mit Uschi Obermaier präsentierte eine radikale Frauenkommune, in der männliche Liebhaber nach fünf Tagen umgebracht werden – ein proto-feministischer Ansatz, der der zweiten Feminismuswelle (ab 1968) vorausging.
Die rund 32 Filme der Münchner Gruppe – etwa zur Hälfte Kurzfilme – zeichnen sich durch eine „Nouvelle Vague-artige Inszenierung“ aus, die das amerikanische Genrekino mit Godards Stilmitteln verschmolz. Bemerkenswert ist die Darstellung weiblicher Figuren, die Klaus Lemke mit dem Bonmot „Frauen sind die besseren Männer“ charakterisierte – eine Position, die in der damaligen deutschen Filmlandschaft keineswegs selbstverständlich war.
Schwabinger Lebensgefühl als ästhetisches Prinzip
Die Münchner Gruppe transportierte in ihren Filmen das Schwabinger Lebensgefühl der 1960er Jahre – eine Mischung aus Hedonismus, südlichem Flair und der Ablehnung bürgerlicher Konventionen. Schwabing als kultureller Schmelztiegel beherbergte nicht nur die Mitglieder der Münchner Gruppe, sondern auch Persönlichkeiten wie Rainer Werner Fassbinder und Andreas Baader.
Diese Atmosphäre spiegelt sich in den Filmen durch eine charakteristische Nonchalance – jene Leichtigkeit und Lässigkeit, die Marco Abel als titelgebendes Merkmal hervorhebt. Im Gegensatz zum pädagogischen Impetus der Oberhausener setzten die Münchner auf eine unmittelbare, sinnliche Filmsprache, die den Alltag und das Filmische auf eine Stufe stellte.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten zum Oberhausener Manifest
Die Unterschiede zwischen beiden Filmströmungen sind beträchtlich: Die Münchner Gruppe vertrat keine explizit revolutionäre, gesellschaftspolitische Ideologie, kannte keine feste Gruppendefinition und verzichtete auf einen akademisch-intellektuellen, strengen Ansatz. Der bewusste Verzicht auf Perfektion und strikte Drehbücher verlieh ihren Filmen eine experimentellere, emotionalere und wildere Qualität als den Werken des Neuen Deutschen Films.
Dennoch existieren wesentliche Gemeinsamkeiten: Beide Gruppen strebten eine Verjüngung des westdeutschen Kinos an, wollten das etablierte Studio-System überwinden und folgten dem Vorbild der französischen Nouvelle Vague. Wie ihre französischen Vorbilder um Godard, Truffaut und Rohmer etablierten sie ein neues Autorenkino, in dem der Regisseur als maßgeblicher Künstler fungierte.
Nachleben und filmhistorische Neubewertung
Nach 1972 gingen die Mitglieder der Münchner Gruppe unterschiedliche Wege: Rudolf Thome zog nach Berlin, Klaus Lemke nach Hamburg, wo er mit „Rocker“ (1972) einen Meilenstein des deutschen Realismus schuf, Martin Müller wurde Tonmeister, während May Spils und Werner Enke nach drei weiteren Filmen ihre Karrieren beendeten.
Die filmhistorische Bedeutung der Münchner Gruppe wurde lange durch die Dominanz des Neuen Deutschen Films in den 1970er Jahren überstrahlt und von der akademischen Filmforschung vernachlässigt. Erst mit der Neuen Berliner Schule um Christian Petzold, Dominik Graf und Thomas Arslan erfuhr ihre Ästhetik eine Renaissance. Diese zeitgenössischen Filmemacher knüpfen bewusst an die vergessene Traditionslinie der Münchner Gruppe an, die „Kino als Kino begriff und nicht als Mittel zum Zweck“.
Fazit: Eine progressive Alternative
Die Neue Münchner Gruppe repräsentiert einen alternativen, progressiven Weg in der deutschen Filmgeschichte, der jenseits kanonischer Fixierungen wiederentdeckt werden muss. Ihre Filme demonstrieren, dass politische Relevanz nicht notwendigerweise an explizite Sozialkritik gebunden ist, sondern auch in der ästhetischen Form und der Haltung zum Medium selbst liegen kann.
Die Neubewertung dieser filmhistorischen Strömung erweitert unser Verständnis des deutschen Nachkriegskinos und seiner vielfältigen Erneuerungsbewegungen. Sie erinnert uns daran, dass die Geschichte des deutschen Films nicht als linearer Fortschritt oder als exklusiver Kanon verstanden werden sollte, sondern als komplexes Feld verschiedener ästhetischer und politischer Positionen, die miteinander in Dialog treten.
Die lässige Nonchalance der Münchner Filmemacher, ihr Vertrauen in die Kraft filmischer Bilder jenseits didaktischer Intentionen und ihre Verschmelzung von Genrekino und künstlerischem Anspruch – diese Charakteristika machen sie zu einer faszinierenden Alternative im deutschen Kino der 1960er Jahre, deren Wiederentdeckung längst überfällig war.
Zusammenfassung des Films „Rocker“ (Klaus Lemke 1972)
Gerd, ein Rocker, wird aus dem Gefängnis Fuhlsbüttel entlassen und von seinen Freunden enthusiastisch empfangen. Seine frühere Freundin Sonja, die inzwischen als Warenhaus-Verkäuferin arbeitet, will sich von ihm und der Rocker-Szene lösen, zumal sie während seiner Haft eine Beziehung mit dem Kleinkriminellen Uli Modschiedler begonnen hat. Gerd versucht, sie zurückzugewinnen, indem er mit einer alten Mercedes-Benz-Limousine zu ihrem Arbeitsplatz fährt, doch seine aggressive Art eskaliert die Situation. Ein geplantes Treffen mit Sonja wird durch einen brutalen Überfall vereitelt, bei dem Gerd von einer maskierten Bande niedergeschlagen, an einen Baum gefesselt und seine Gartenlaube in Brand gesetzt wird. Währenddessen stiehlt Uli in der Tiefgarage am Hamburger Millerntor einen weißen Mercedes-Benz Cabrio, den er für 4000 Mark an einen Zuhälter verkaufen will, doch bei der Probefahrt wird er hinterrücks bewusstlos geschlagen, und die Betrüger entwenden das Fahrzeug.
Uli gerät zunehmend in finanzielle Not und überfällt seine eigene Schwester zu Hause, um Geld aus einem Nachttisch zu stehlen. Sein 15-jähriger Bruder Mark beobachtet ihn dabei und folgt ihm, woraufhin Uli ihn zunächst abweisen will, sich dann aber mit ihm anfreundet. Die Brüder betrinken sich in einer Kneipe auf St. Pauli, während Uli Mark in „Männerrituale“ wie das Trinken von Kornschnaps und das Rauchen einführt. Zufällig entdeckt Uli später den gestohlenen Mercedes wieder, und die beiden schlafen betrunken in dem Wagen ein. Doch der Zuhälter und sein Komplize erkennen sie, zerren sie aus dem Auto und schlagen Uli mit einem Knüppel brutal zu Tode, während Mark hilflos zusehen muss. Verstört flieht er vom Tatort und wird am nächsten Morgen betrunken vor dem Supermarkt gefunden, in dem er seine Ausbildung macht. Nachdem ihn eine Verkäuferin weckt, rastet er aus, randaliert und wirft Waren aus den Regalen, bis die Polizei ihn schließlich nach Hause bringt.
Marks Schwester plant, ihn zu den Eltern nach Cuxhaven zu schicken, doch an einer Straßenbahnhaltestelle schläft er ein. Nach dem Aufwachen gerät er in einer Kneipe an Gerd und zwei Rocker-Kameraden, die sich dort zuvor mit Sonja getroffen hatten. Als Sonja erfährt, dass ihr Freund Uli tot ist, verlässt sie fassungslos die Szene. Unterdessen betrügt Gerd einen Drogenkunden, indem er ihm Marks Kleidung als vermeintliche Drogen für 4000 Mark verkauft, mit denen er sich ein umgebautes Chopper-Motorrad kauft. Er beschließt, Mark damit nach Cuxhaven zu bringen, doch in einer Fernfahrerkneipe an der B 73 provoziert er grundlos einen LKW-Fahrer, der daraufhin sein Motorrad überrollt. Wütend und verzweifelt bricht Gerd zusammen, und schließlich kehren er und Mark per Anhalter nach Hamburg zurück.
Zurück in Hamburg erkennt Mark die blonde Freundin eines der Männer, die seinen Bruder Uli getötet haben, und folgt ihr in ein Nachtlokal an der Großen Freiheit. Als er Gerd einweiht, organisiert dieser eine brutale Vergeltungsaktion, bei der seine Rocker-Gang Ulis Mörder zusammenschlägt. Doch Mark will seine eigene Rache und zerschlägt mit einer Eisenstange die Windschutzscheibe des Mercedes, bevor er flieht, als die Polizei eintrifft. Der Film endet mit einer Nahaufnahme von Marks lächelndem Gesicht, während der Filmtitel eingeblendet wird.
Soundtrack
- Rolling Stones: Sister Morphine
- Rolling Stones: Moonlight Mile
- Santana: Jingo
- Them: It’s All Over Now Baby Blue
- Elvis Presley: King Creole
- Led Zeppelin: Rock’n’Roll
- Santana: Black Magic Woman
- Rolling Stones: I Got The Blues
Papas Staatskino ist tot: Hamburger Manifest von Klaus Lemke – Protest gegen das Filmfest 2010
(Der folgende Text des Manifests stammt aus Malte Weldings Blog)
ICH FORDERE INNOVATION STATT SUBVENTION. ICH FORDERE DAS ENDE JEDWEDER FILMFÖRDERUNG AUS STEUERMITTELN. DER STAAT SOLL SEINE GRIFFELN AUS DEM FILM ENDLICH WIEDER RAUSNEHMEN.
13 JAHRE STAATSKINO UNTER ADOLF UND DIE LETZTEN 40 JAHRE STAATLICHER FILMFÖRDERUNG HABEN DAZU GEFÜHRT, DASS DER DEUTSCHE FILM SCHON IN DEN SIEBZIGERJAHREN AUF KLASSENFAHRT IN DER TOSKANA HÄNGENBLIEB; DASS AUS REGISSEUREN SOFT SKILLS-KASTRATEN UND AUS PRODUZENTEN VEREDELUNGSJUNKIES WURDEN.
WIR BAUEN DIE SCHÖNSTEN AUTOS.
WIR HABEN DIE SCHÖNSTEN FRAUEN.
ABER UNSERE FILME SIND WIE GRABSTEINE.
BRAV. BANAL. BEGÜTIGEND. GOETHEINSTITUT.
ABER FILM IST KEINE AUSSTERBENDE TIERART. FILM IST AUCH KEIN INTELLIGENZBESCHLEUNIGER. FILM MUSS NOCH NICHT MAL GUT SEIN.
FILM MUSS NUR WIRKEN.
DAS TUT DER DEUTSCHE FILM SCHON LANGE NICHT MEHR.
RETTUNG KANN ALLEIN VON OMAS HÄUSCHEN KOMMEN, DAS MAN HEIMLICH BEI DER BANK BELEIHT. DENN NUR FÜR DAS EIGENE GELD LOHNT ES SICH NACHZUDENKEN – WENN ES IN GEFAHR IST. UND GELD
BEIM FILM IST IMMER IN GEFAHR. OHNE DAS WIRDS NICHTS.
GELD VOM STAAT IST IMMER EIN TRITT GEGEN DIE EIGENE KREATIVITÄT. VOR EIN PAAR WOCHEN WURDE KLAMMHEIMLICH DIE ENGLISCHE FILMFÖRDERUNG EINGESTELLT – DIE EINZIG ERFOLGREICHE IN EUROPA. ABER EBEN AUCH VOLLKOMMEN UNNÖTIG. DER FÖRDERWAHN FÜHRTE DEN ENGLISCHEN FILM INS NIRVANA. ACH DIESE ENGLÄNDER! ES GIBT NOCH HELDEN. BEI UNS NUR EINEN: DOMINIK GRAF. WÜRDE MAN JEDE FILMFÖRDERUNG AUS STEUERMITTELN ÜBER NACHT EINSTELLEN – WIR WÄREN IN ZWEI JAHREN DAS KREATIVSTE FILMLAND IN EUROPA UND EINE ECHTE KONKURRENZ ZU HOLLYWOOD. WEITER SO WIE JETZT BLEIBEN WIR DIE TOPLANGWEILER WELTWEIT. DER DEUTSCHE FILM GEHÖRT ENDLICH BEFREIT AUS DEN GEFÄNGNISSEN DER FFA.
NO PAIN. NO SPAIN. LEMKE.
Klaus Lemkes Filme in den Top 100 der deutschen Kino-Charts
- 1979 Platz 34: Arabische Nächte
- 1979 Platz 50: Ein komischer Heiliger
- 1980 Platz 59: Flitterwochen
Zitate von Klaus Lemke
Lemke über Film allgemein
Das allerwesentlichste und erste über Film ist wenn man etwas spürt lange bevor man’s weiß.
Wenn man also ein Gefühl bekommt, dieser Kerl wird sie verraten. Man hat keinen Grund dafür, aber man nimmt an, man glaubt das. Und sie wird den verteidigen, das spürt man.
Und wie man dann enttäuscht wird oder bestätigt wird in seinem Gespür, das ist Kino.
Das andere ist Theater. Leute stehen hin und sagen ich bin jetzt der und der und ich mache das und das.
YouTube Upload: 30 Juni 2015, Position: 13:06 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ew
Lemke über Schauspieler:innen
(die kann ich leider nicht mehr zuordnen, kommen aber aus einer der Quellen, die ich hier gelistet habe. Alas, I lack the time)
Lemke über Iris Berben:
Damals war ich mit einer kleinen Schlampe aus Hamburg zusammen, die hieß Iris Berben (…) und ich dachte mir, die ist wirklich so arrogant und auch so blöd und so bescheuert eigentlich. Und die habe ich eigentlich auch so gehasst und war auch wirklich verliebt in die, dass ich dachte, ich muss unbedingt einen Film über sie machen. Und das war einer der ersten Filme, die ich gemacht habe.
Lemke über Cleo Kretschmer:
Und dann lief noch so ein Mädchen rum – ganz süß, ganz klein, mit dem hübschesten Po der damaligen Zeit. Ein sehr aggressives Mädchen, mit sehr viel Alkohol und auch allen anderen Dingen. Das passte mir sehr gut, mit ihr war ich dann auch sofort zusammen. Das war Cleo Kretschmer, und dann habe ich mit ihr Filme gedreht.
Cleo Kretschmer über die Anfangszeit mit Klaus Lemke
Ich durfte nie mit ans Set. Und ich war in der ganzen Zeit eigentlich ziemlich einsam, habe zu Hause gehockt und war eifersüchtig. (…) Dann habe ich so lange genervt, bis er gesagt hat: „Okay, wenn du ein Drehbuch schreibst, mache ich einen Film mit dir.“ Und er hat wie beim Pferdehandel eingeschlagen.
BR2 Podcast 9.7.2022, Position 18:39
Lemke über den Film „Rocker“
Rocker geht darum, was wirkliche Liebe ist. Wirkliche Liebe ist nicht, dass man jemanden liebt. Wirkliche Liebe ist, dass man jemanden liebt, der es vielleicht gar nicht verdient. Wo man allen Grund hat den nicht zu lieben.
YouTube Upload: 30 Juni 2015, Position: 26:00 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ew
Wir kamen nie mit der deutschen Sprache zurecht, weil Deutsch einfach beschissen klang – gegen all das, was wir immer hörten, und gegen die Musik der Rolling Stones. (…) Für mich kam das richtige Ding, als ich plötzlich richtige Jungs kennengelernt habe – ich meine, richtige Jungs aus St. Pauli, eben Rocker, die sich einen Dreck um uns geschert haben, die ihr Ding gemacht haben. Das war eine Offenbarung. Und allein, wie die redeten, war zum ersten Mal so, dass man das sozusagen der Sprache Mick Jaggers entgegenhalten konnte. Das war Arbeitssprache vom Feinsten. Jede Sache bedeutete drei verschiedene Dinge – das war ganz, ganz bombig, wie die redeten. (…) Und zum ersten Mal war ich stolz auf Deutsch.
BR2 Podcast 9.7.2022, Position ca.14:00
Lemke über Baader, mit dem er in einer Münchner Kommune lebte
Baader war auch hier oben immer im „Bungalow“ drin. Wollte unbedingt zum Film.
YouTube Upload: 30 Juni 2015, Position: 26:29 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ewBaader mochten wir gerne (…) In diesem kleinen Türkendeutsch, in dem wir unsere ganze Filmgeschichte gelernt haben, saß Baader hinten. Und Baader hat sogar gelernt, Filme einzulegen und vorzuführen. Er hat sich manchmal nachts bestimmte Filme alleine angeschaut. Er war ein wirklicher Filmfanatiker.
BR2 Podcast 9.7.2022Aber Baader hatte so einen merkwürdigen Münchner Badischen Akzent. Und den haben wir nicht genommen eigentlich. Damals, als wir diese ersten Filme gedreht haben. (…)
Und so ist Baader eigentlich notgedrungen, da er nicht zum Film kam, Terrorist geworden, um wirklich irgendwas zu machen im Leben.
Und ich habe mit dem zusammengewohnt im selben Haus.
Und die haben die ganze Zeit über Mädchen geredet, die sie nicht hatten.
Und haben Karl Marx gelesen, den sie nicht verstanden.
Und wir haben immer lustig Filmchen gemacht.
Und einen habe ich auch über die gemacht, der heißt Brandstifter.
YouTube Upload: 30 Juni 2015, Position: 26:29 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ewIch habe mich damals schon eigentlich mehr für die Opfer interessiert. Oder: ich hatte damals eigentlich mehr Gefühle für die Opfer als für die Täter. Denn die Täter hatten wirklich kein Gefühl für ihre Opfer. Das hat mich wirklich schockiert.
YouTube Upload: 30 Juni 2015, Position: 29:00 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ew
Lemke über Berlin, München und Film
Filmfest München 2014, Die Hamburg-Filme: Klaus Lemke im Gespräch mit Christoph Gröner
Berlin ist etwas, was München eben nicht ist.
Berlin ist eine wirkliche Großstadt.
Eine Großstadt zeichnet sich dadurch aus, dass das persönliche Leben und das Leben der ganzen Stadt, nichts anderes ist als von einer Katastrophe sich in die nächst größere bedenkenlos zu retten. (…)
Das geht immer so weiter.
Das ist aber auch der einzige Weg (…)
Es gibt nur einen Weg: nur nicht denken, dass der liebe Gott es richtet. Und nur nicht ein schlechtes Gewissen haben, sondern sofort noch eins drüber.\
Und das ist auch die Dramaturgie aller großen Filme.
Denn Film ist nichts anderes als in eine Situation reinkommen und irgendwie versuchen aus der wieder rauszukommen.
Es gibt nur einen Weg aus einer Situation rauszukommen, in die nächst üblere.
Und das durchstehen.\
Die Sache mit dem Verzeihen des lieben Gottes ist toll in Bayern. Aber das hilft nicht mehr für ein modernes Leben.
Ein modernes Leben ist kein Kreuzworträtsel, das sich am Schluss einfach zusammenfügt.
(…)
Wir sind auch mit nichts anderem konfrontiert, als dieser geballten Irrationalität eines Lebens, der wir nicht mehr beikommen. Nicht mehr beikommen. Jeder von uns.
Amerikaner haben das längst kapiert. Und Berlin auch. Deswegen ist Berlin eine Großstadt. Aber München hat natürlich was anderes, hat München…
Ich würde sagen, äh, die schönen Mädchen.(…)
München ist eine Ganztagslüge, aber eine, die sich lohnt.
YouTube Upload 4. Juli 2014, , Position: 26:37 | FILMFEST MÜNCHEN 2014 https://youtu.be/JQOnOr1VReA
Unsortiert…
Hier noch ein paar transkribierte Zitate, denen ich nur die Quelle, aber nicht die Position zuordnen kann. Ich habe das nicht noch einmal nachgelegt:
Es geht darum im Film nicht wie man eine Kamera bewegt, sondern wie man den Zuschauer bewegt.\
YouTube Upload: 30 Juni 2015 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ewMan kann auf einer Hochschule nicht lernen, wie man etwas macht, dass der Zuschauer einsteigt, dass man ihn verführt und dass man ihn am Schluss entlässt.
Und im Kopf ist immer noch ein bisschen der Film drin. Und dann geht sein wahres Leben wieder los und wie sich das vermischt. Und plötzlich hat man was erlebt, was vollkommen einmalig ist.\
YouTube Upload: 30 Juni 2015 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ewDas ist worum die ganze Welt geht,
dass wir für kurze Momente plötzlicher Ekstase aus dem rauskommen, was wir nun leider sein müssen den ganzen Tag.
YouTube Upload: 30 Juni 2015 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ewMit Film kann man länger verrückt sein als mit Drogen oder Alkohol.
YouTube Upload: 30 Juni 2015 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ewEgal, mit wem man einen Film macht – selbst jeder professionelle Schauspieler ist im Prinzip enttäuscht von dem, was er auf der Leinwand sieht. Weil es nicht er ist, sondern ich bin es. Ich mache nichts anderes, als mich in die Leute hineinzubeamen. Und letztendlich bin ich es, der da vor der Kamera spielt – durch diese Person hindurch.
YouTube Upload: 30 Juni 2015 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ewWas ich drehe, das sind Erfindungen, die ich mir morgens ausdenke und nachmittags realisiere. Aber ich realisiere sie nicht mit irgendwelchen Marionetten oder Schauspielern, die genau das machen, was ich sage. Sondern das, was meine Leute zu dem sagen, was ich drehen will, ist unvorhersehbar. Und wenn sie es nicht drehen wollen, dann drehe ich es auch nicht.
YouTube Upload: 30 Juni 2015 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ewWenn man so authentisch Filme dreht, wie ich, gibt es einen Moment, wenn man lange genug durchhält, dreht sich der Film von selbst. Die Leute merken selbst, in welche Rolle sie da reinflutschen. Und je mehr sie das selbst merken, desto mehr kann ich wieder raus.
YouTube Upload: 30 Juni 2015 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ewIch habe zuerst ihren wirklich großen und fabelhaften Busen gesehen, und in so einem Fall bin ich sowieso von vornherein begeistert. Wie bei Dolly Dollar – die hatte einen noch größeren Busen. Aber das war ein bayerisches Kind, und dieses Mal war es ein norddeutsches, diese Sara Lisa …, die Verkäuferin bei H&M war. Ich habe ziemlich lange auf ihren Busen geschaut, und wenn die Mädchen dann nicht nervös werden, taugen sie meistens auch was für’s Kino.\
Gefragt über die Entdeckung von Saralisa Volm für den Film Finale (2006)
YouTube Upload: 30 Juni 2015 | muenchen.tv https://youtu.be/7YhadcX–ew





