"Für die Erhaltung des Menschen in dieser verdreckten Welt"
May 16, 2022
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Alfred Platow, ein Pionier der nachhaltigen Geldanlage und Leiter der Ökoworld AG, provoziert mit seiner Meinung, dass ETFs dumm sind und fordert mehr Finanzbildung in Schulen. Er erklärt, dass immer mehr Menschen nachhaltige Anlagen suchen, aber auch vor Greenwashing warnen. Christiane von Hardenberg, Volkswirtin und Geldkolumnistin, ergänzt die Diskussion über echte nachhaltige Investments gegen das Risiko von falschen Versprechungen und teilt ihre Einblicke zur finanziellen Sinnhaftigkeit grüner Anlagen. Gemeinsam stellen sie die Zukunft der Geldanlage in Frage.
Alfred Platow kritisiert die Mangelhaftigkeit der politischen Fachkenntnisse im Bereich grüne Geldanlagen und fordert eine bessere Finanzbildung in Schulen.
Der Markt für grüne Geldanlagen wächst rasant, doch es besteht die Sorge, dass es nicht genügend wirklich nachhaltige Unternehmen gibt.
Die fehlende Einheitlichkeit der ESG-Kriterien behindert die Transparenz und Vertrauenswürdigkeit im Bereich nachhaltiger Investments.
Deep dives
Gründungsweg der Ökoworld AG
Alfred Plato, der Gründer der Ökoworld AG, begann seine Karriere mit der Alfred und Klaus Kollektive Versicherungsagentur, die er 1975 gründete. Ursprünglich war das Unternehmen nicht auf Nachhaltigkeit ausgelegt, sondern konzentrierte sich auf sozial orientierte Dienstleistungen für selbstverwaltete Betriebe. Im Laufe der Zeit und vor dem Hintergrund der Umweltbewegung der 80er Jahre entwickelte Plato jedoch ein starkes Interesse an ethisch-ökologischer Geldanlage. Dies führte zur Gründung des Ökovisionsfonds im Jahr 1996, als er und seine Kollegen merkten, dass es nicht genug nachhaltige Investitionsmöglichkeiten gab, um das gesammelte Kapital sinnvoll anzulegen.
Kritik an Greenwashing
Die DWS, eine der größten Fondsgesellschaften, wurde kürzlich derart kritisiert, dass sie ihr Versprechen einer nachhaltigen Geldanlage nicht einhält. Eine ehemalige Mitarbeiterin brachte Vorwürfe vor, wonach das Unternehmen in Anlagen investiert, die nicht den verlautbarten ethischen Standards entsprach, und damit das Nachhaltigkeitsimage täuscht. Diese Vorfälle werfen Fragen auf, wie vertrauenswürdig und transparent der Markt für grüne Geldanlagen überhaupt ist. Es wird diskutiert, ob grüne Investitionen zu schnell gewachsen sind und ob die Definition von Nachhaltigkeit ausreichend klar ist, um den Anlegern Sicherheit zu bieten.
Wachstum und Herausforderungen des Marktes für grüne Geldanlagen
Der Markt für grüne Geldanlagen wächst rasant, wobei fast jeder sechste Euro in nachhaltige Fonds investiert wird. Dennoch besteht die Sorge, dass es nicht genug tatsächlich nachhaltige Unternehmen gibt, um den Fluss an Kapital aufrechtzuerhalten. Die Herausforderung ist nicht nur der Mangel an Angeboten, sondern auch die Unklarheit darüber, was als nachhaltig gilt und wie diese Investments kontrolliert werden. Dies führt zu einem Wildwuchs im Angebot, der sowohl für Anleger als auch für die Unternehmen, die echte Nachhaltigkeit anstreben, problematisch sein kann.
Einstieg in grüne Geldanlagen
Ein zentraler Punkt in der Diskussion um grüne Geldanlage sind die Kriterien für Nachhaltigkeit, insbesondere die ESG-Kriterien. Diese Kriterien sollen helfen, umweltfreundliche und sozial verantwortliche Unternehmen zu identifizieren; allerdings gibt es noch keine einheitlichen Standards oder Normen. Anleger sollten darauf achten, welche Unternehmen in den von ihnen gewählten Fonds enthalten sind und welcher Grad an Transparenz geboten wird. Der Fokus auf aktiv gemanagte Fonds oder spezialisierte nachhaltige Banken wie die GLS Bank oder die Umweltbank kann eine sinnvolle Strategie für Anleger sein, die investieren möchten, ohne sich im Dschungel der grünen Werbung zu verlieren.
Zukunft der finanziellen Nachhaltigkeit
Die Diskussion über den Markt für grüne Geldanlagen wirft auch tiefere Fragen zu Verantwortung und Bildung auf. Die Auflagen und Vorschriften für nachhaltige Investitionen sind oft unzureichend, und viele Anleger sind sich der tatsächlichen Auswirkungen ihrer Investments nicht bewusst. Ein besseres Verständnis der Finanzmärkte, der Rolle von ethisch fundierten Investitionen und ein stärkerer Fokus auf Bildung sind essenziell, um die Nachhaltigkeit der zukünftigen Geldanlagen zu gewährleisten. Langfristig könnte sich der Druck auf Unternehmen, mit nachhaltigen Praktiken zu operieren, erhöhen, was zu einem bewussteren Umgang mit Kapital führen könnte.
Alfred Platow ist ein Fundamentalist, wenn es um grüne Geldanlage geht: Er bezichtigt seine Wettbewerber der Lüge, bezeichnet Hauptversammlungen von börsennotierten Konzernen als Karnevalsveranstaltungen, wirft Politikern in Brüssel fehlende Fachkenntnisse vor, fordert mehr Finanzbildung in Schulen und behauptet: "Wer ETF kauft, ist dumm. Dümmer geht es nicht."
In der neuen Folge unseres Wirtschaftspodcasts Ist das eine Blase? spricht der 75-jährige Pionier der nachhaltigen Geldanlage mit den Hosts Lisa Nienhaus und Jens Tönnesmann und erklärt, wie er zu seinen radikalen Ansichten kommt. Heute tritt seine Firma Ökoworld laut Platow "für die Erhaltung des Menschen in dieser verdummten, verteufelten, verdreckten, versauten Welt" ein und verwaltet über vier Milliarden Euro von Anlegern – das ist doppelt so viel Geld wie noch vor zwei Jahren.
Dabei hilft Platow, dass in Deutschland immer mehr Menschen ihr Vermögen so anlegen wollen, dass sie die Umwelt schützen, den Klimawandel aufhalten und die Artenvielfalt fördern: Grüne Geldanlagen boomen. Was aber ist nachhaltige Geldanlage überhaupt – und wo fängt Greenwashing an? Wächst der Markt für grüne Geldanlagen zu schnell? Und lohnt es sich überhaupt finanziell, in nachhaltige Firmen oder grüne Finanzprodukte zu investieren?
Um diese Fragen geht es in der 15. Folge der Wirtschaftspodcasts, in dem auch die ZEIT-ONLINE-Kolumnistin Christiane von Hardenberg zu Gast ist.
Im Wirtschaftspodcast Ist das eine Blase? sprechen Lisa Nienhaus, Jens Tönnesmann und Lisa Hegemann immer montags über das, was die Welt im Innersten zusammenhält: Geld, Macht, Gerechtigkeit. Immer mit einem Experten aus der Redaktion, einem Gast – und einem Tier.
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