Können Sie singen, während in Ihrer Heimat Krieg herrscht, Mariana Sadovska?
Dec 20, 2022
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Mariana Sadovska ist eine ukrainische Sängerin und Komponistin, die in Köln lebt und sich aktiv für die ukrainische Kultur einsetzt. Im Gespräch reflektiert sie über die Herausforderungen, die der Krieg in ihrer Heimat mit sich bringt, und die Angst um ihre Familie. Sie betont die Kraft der Musik als Hoffnungsquelle und Identitätsstifterin in Krisenzeiten. Darüber hinaus berichtet sie von ihren Hilfsprojekten für geflüchtete Künstler und teilt bewegende persönliche Erlebnisse sowie die Bedeutung kultureller Wurzeln.
Mariana Sadovska jongliert mit verschiedenen künstlerischen Disziplinen, um ihren kulturellen Hintergrund zu vermitteln und kreative Projekte zu realisieren.
Der Ukraine-Konflikt beeinflusst Sadovskas Kunst stark, indem er ihre emotionalen Belastungen und das Bedürfnis nach humanitärer Hilfe hervorhebt.
Deep dives
Die Vielseitigkeit der Kunst
Die Künstlerin Mariana Sadowska verbindet verschiedene Kunstformen und Disziplinen, darunter Schauspiel, Theaterkomposition und Gesang. In ihrem Alltag jongliert sie mit zahlreichen Aufgaben, von Büroarbeiten bis hin zu Workshops, während sie gleichzeitig einen deutsch-ukrainischen Chor leitet. Diese Vielseitigkeit spiegelt nicht nur ihre Kreativität wider, sondern ermöglicht es ihr auch, auf unterschiedliche Weise künstlerisch tätig zu sein und ihren kulturellen Hintergrund zu vermitteln. Trotz der zahlreichen Herausforderungen, einschließlich der Verantwortung für ihre Kinder und die Flüchtinge, bleibt sie ihrer künstlerischen Vision treu und versucht, Raum für kreative Projekte zu schaffen.
Der Einfluss des Krieges
Das Leben von Sadowska wird durch den Ukraine-Konflikt stark geprägt, und sie empfindet die Situation als einen Albtraum, aus dem sie sich wünscht, aufwachen zu können. Der Krieg, der 2014 begann, zwingt sie, ständig humanitäre Hilfe zu leisten und sich um die Sicherheit ihrer Familie in der Ukraine zu sorgen. Diese emotionalen Belastungen und die ständige Angst um ihre Angehörigen in der Kriegszone beeinflussen ihre künstlerische Arbeit und ihre Wahrnehmung der Welt. Trotz dieser Herausforderungen findet Sadowska Trost und Kraft in der Kunst, die ihr hilft, die Ängste zu überwinden und Hoffnung zu schöpfen.
Die Rolle der traditionellen Musik
Sadowska beschäftigt sich intensiv mit der ukrainischen Volksmusik und sieht deren komplexe Funktion innerhalb traditioneller Gesellschaften. Durch das Singen traditioneller Lieder fühlt sie sich mit ihrer Heimat verbunden und glaubt fest daran, dass Musik eine heilende und bewahrende Kraft hat. Diese Lieder tragen nicht nur emotionale Geschichten, sondern auch das Potenzial, die Realität im Leben der Menschen zu beeinflussen, indem sie beispielsweise den Frühling herbeisingen oder Trauer verarbeiten. Indem sie diese kulturellen Wurzeln erforscht und bewahrt, trägt sie aktiv zur Lebendigkeit und zum Erhalt des kulturellen Erbes der Ukraine bei.
Die Suche nach kulturellem Verständnis
Sadowska reflektiert über interkulturelle Zusammenarbeit und die Schwierigkeiten, die durch den Krieg in der Ukraine entstanden sind. Sie betont, dass Verständnis zwischen den Kulturen nur möglich ist, wenn auch die eigenen kolonialen und imperialen Wurzeln reflektiert werden. Ihr eigenes Erlebnis mit einem russischen Musiker, der die ukrainische Unabhängigkeit nicht nachvollziehen konnte, führt zu der Erkenntnis, dass tiefere Gespräche über Identität und Kultur notwendig sind. Diese Erkenntnisse und Herausforderungen treiben sie an, die ukrainische Kultur in den Fokus zu rücken und auf ihre multikulturelle Geschichte aufmerksam zu machen, um Missverständnisse abzubauen und den Dialog zu fördern.
"Natürlich habe ich Angst von diesem Winter: Der Krieg ist ein Albtraum, ich will nur aufwachen und dass das alles vorbei ist", sagt die in Köln lebende ukrainische Sängerin, Musikerin und Komponistin Mariana Sadovska. "Meine Familie ist in der Ukraine – und mein Bruder und sehr viele befreundete Künstlerinnen und Künstler sind dort an der Front."
Sadovska, 50, wurde in Lwiw im Westen der Ukraine geboren, studierte klassisches Klavier an der staatlichen Musikhochschule und machte eine Theaterausbildung. Zu ihren Werken gehören unter anderem ein Requiem für Tschernobyl, das sie für das US-amerikanische Streichquartett Kronos komponierte, mehrere Aufnahmen von beinahe verschollenen ukrainischen Volksliedern sowie das Musiktheaterstück "Songs for Babyn Yar", das sie vor Kurzem in den Münchner Kammerspielen aufführte. Zudem leitet Sadovzska einen ukrainischen Chor in Köln.
Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine ist es für Sadovska schwer geworden, künstlerisch zu arbeiten. "In den letzten neun Monate habe ich Dinge getan wie Schutzwesten und Nachtsichtgeräte zu organisieren – und auch ukrainischen Künstlern zu helfen, die nach Deutschland geflüchtet sind", erzählt sie. "Ich hatte auch eine Phase, in der ich nicht mehr konnte, da war für mich die Grenze erreicht. Ich wusste nicht, wie ich weiter funktionieren soll – aber ich musste weiter funktionieren."
Gleichzeitig, erzählt die Sängerin, freue sie sich, dass die Menschen im Westen Europas sich durch den russischen Angriffskrieg nun für die Ukraine interessieren. "Für mich ist es wichtig, dass die Leute erfahren, wie vielfältig und multikulturell die Ukraine ist", sagt Sadovska. Die Traditionen würden noch wirklich gelebt und seien nicht nur in Archiven und Museen zu finden.
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