FALTER Arena Teil 1: Alena Buyx über Versöhnung nach der Pandemie - #1048
Dec 12, 2023
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Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrates und Expertin für medizinische Ethik, spricht über die Schwierigkeiten der gesellschaftlichen Versöhnung nach der Pandemie. Sie beleuchtet die enorme Solidarität während COVID-19 und die damit verbundenen psychologischen Auswirkungen. Buyx diskutiert die Herausforderungen bei der Aufarbeitung von Krisen, insbesondere die Informationsbeschaffung und den Umgang mit Falschinformationen. Zudem thematisiert sie die psychischen Belastungen für Kinder und Jugendliche sowie die Notwendigkeit von Resilienz und Solidarität für zukünftige Krisen.
Die Solidarität in Krisenzeiten zeigt zwar ein anfängliches Wachstum, wird jedoch durch anhaltende Belastungen und fehlende Anerkennung zunehmend strapaziert.
Die Pandemie hat insbesondere junge Menschen stark getroffen und erfordert eine dringende politische Fokussierung auf ihre psychischen Gesundheitsbedürfnisse und Anliegen.
Deep dives
Die Herausforderungen der gesellschaftlichen Solidarität
Nach der Pandemie zeigt sich, dass Solidarität in Krisenzeiten sowohl mobilisiert als auch erschöpft wird. In den ersten Wochen der Pandemie erlebte die Gesellschaft eine Welle des Zusammenhalts, unterstützt durch Nachbarschaftshilfe und Solidaritätsbekundungen. Diese positive Entwicklung war jedoch nicht von Dauer, und das anhaltende Gefühl der Belastung führte dazu, dass dieses solidarische Potenzial mit der Zeit abnahm. Trotz dieser Herausforderungen hat eine Mehrheit der Menschen in Deutschland ihre Bereitschaft zur Unterstützung aufrechterhalten, auch in schwierigen Zeiten, in denen die Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus strengen persönlichen Einschränkungen unterlagen.
Versäumnisse gegenüber der jungen Generation
Die Pandemie hat besonders junge Menschen stark belastet, da sie entscheidende Phasen ihrer Entwicklung, wie den Übergang ins Berufsleben, eingeschränkt erlebten. Der Ethikrat erkennt, dass die politischen Entscheidungen oft nicht ausreichend die Bedürfnisse dieser Generation berücksichtigen haben, was zu einem Gefühl der Isolation und des Verlassenseins geführt hat. Viele Jugendliche fühlten sich trotz ihrer solidarischen Leistungen während der Pandemie nicht gewürdigt und fordern, dass deren Anliegen in die politische Diskussion einfließen. Dies erfordert dringend eine politische Fokussierung auf die psychische Gesundheit der jungen Generation, die während der Pandemie stark gelitten hat.
Die Schwierigkeiten der Aufarbeitung
Die Aufarbeitung der Erfahrungen aus der Pandemie gestaltet sich als komplex und herausfordernd, da es oft an klaren Daten zu den Auswirkungen der Maßnahmen mangelt. Wissenschaftler und Experten warnen, dass es schwierig ist, genaue Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit einzelner gesundheitspolitischer Maßnahmen zu ziehen, was den Vertrauensverlust in wissenschaftliche Institutionen verstärkt. Zudem besteht ein generelles Bedürfnis in der Gesellschaft, Verantwortliche für die erlittenen Verluste zu finden, was jedoch nur bedingt erfüllt werden kann. Anstatt Schuldige zu identifizieren, sollte der Fokus auf einer konstruktiven Diskussion über die Lessons Learned gelegt werden, um zukünftige Krisen besser zu bewältigen.
Aufruf zur gesellschaftlichen Einheit
Trotz der Herausforderungen und Spaltungen, die die Pandemie mit sich brachte, bleibt der Appell, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und kollektive Lösungen zu finden, von großer Bedeutung. Ein positiver Blick auf die durch die Pandemie geschaffenen Chancen zur echten Diskussion könnte helfen, verfestigte Gräben zu überwinden, die sich während der Krise gebildet haben. Ein wieder stärkeres Gemeinschaftsgefühl könnte dabei helfen, die politische Debatte zu versachlichen und die vorhandenen Differenzen konstruktiv zu bearbeiten. Die Herausforderungen, vor denen die Gesellschaft heute steht, seien es geopolitische Konflikte oder der Klimawandel, verlangen nach einem verstärkten Miteinander und einer gemeinsamen Erzählung.
Über die große Solidarität während der Pandemie und warum Versöhnung jetzt trotzdem so schwerfällt, spricht die Medizinethikerin und Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, im Rahmen der FALTER Arena zum Thema "Hat uns Corona kaputt gemacht?"
Teil zwei und drei der Veranstaltung werden am 13. und 14. Dezember 2023 im FALTER Radio veröffentlicht.