

#273 Olaf Grawert – Sanieren statt Spekulieren
Jede Minute verschwindet in Europa ein Gebäude – oft nicht, weil es baufällig wäre, sondern weil Neubau mehr Rendite verspricht. Olaf Grawert beschreibt diesen Abrissrausch als blindes Massenphänomen: Wir bemerken ihn kaum, obwohl er unsere Städte und Nachbarschaften radikal umformt. Häuser werden leer stehen gelassen, bis Bodenpreise steigen; ganze Quartiere verlieren so ihre sozialen Netze.
Gegen diese Logik setzt Olaf ein einfaches, aber politisch brisantes Prinzip: Nichts ist günstiger – ökologisch wie ökonomisch – als das Haus, das schon steht. Der Bausektor verursacht mehr CO₂ und Müll als jede andere Branche. Jeder Umbau statt Abriss spart Emissionen, Ressourcen und oft auch gewachsene Gemeinschaften.
Doch es geht nicht um Nostalgie, sondern um intelligente Planung: Bestandsaufnahme statt Bauwut, Anreize für Renovierung statt Subventionen für Neubau auf der grünen Wiese, flexible Wohnmodelle, die sich dem Lebenszyklus anpassen. Beispiele aus Wien oder Brüssel zeigen, dass solche Systeme funktionieren – wenn politischer Wille und gesetzliche Rahmenbedingungen stimmen.
Olafs Vision einer lebenswerten Stadt ist nah an der Lebensrealität: kurze Wege, Zugang zu Natur, kühlere Sommer, funktionierende Nachbarschaften. Sie entsteht nicht in Renderings futuristischer Hochhäuser, sondern in Gesprächen am Küchentisch und auf der Parkbank. Wer mit offenen Augen durch seine Straße geht, kann schon heute drei Dinge üben: Abrisse wahrnehmen, Leerstand erkennen, und sich fragen, wie viel Raum ungenutzt bleibt. Nur so lässt sich der Blick schärfen – und der Umbau unserer Städte vom Selbstzweck zur gemeinsamen Aufgabe machen.
Zu Gast:
Olaf Grawert, Architekt und Mitinitiator der europäischen Bürger:inneninitiative HouseEurope!
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Mentioned in this episode:
AI first – Das Praxisbuch für den Mittelstand
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