Herlinde Koelbl – Wie führt man ein kreatives Leben ohne Kompromisse?
Dec 9, 2020
auto_awesome
Herlinde Koelbl ist eine renommierte Fotografin und Gesellschaftschronistin, bekannt für ihre Arbeiten wie "Spuren der Macht". Im Gespräch thematisiert sie die Herausforderungen für Frauen in kreativen Berufen und reflektiert über ihren Drang nach Freiheit und Authentizität. Zudem betont sie die Bedeutung persönlicher Begegnungen und den Einfluss ihrer Kindheit auf ihre kreative Karriere. Koelbl gibt Einblicke in ihre Arbeitsweise und erklärt, wie sie es schafft, tiefgründige, langfristige Projekte zu entwickeln.
Herlinde Koelbl reflektiert über ihre Herausforderungen als Fotografin in einer männerdominierten Branche und den Wert von Widerstandsfähigkeit.
Die Unabhängigkeit in Koelbls Arbeitsweise erlaubt ihr, kreativ ohne Druck zu agieren und ihre künstlerische Vision zu verwirklichen.
Koelbl betont, dass persönliche Begegnungen bei Interviews essentiell sind, um authentische Verbindungen und tiefere Einblicke in Menschen zu schaffen.
Deep dives
Herausforderungen als Frau in der Fotografie
Die Fotografin reflektiert über ihre Erfahrungen in einem männlich dominierten Berufsfeld. Oft war sie die einzige Frau unter Kollegen und wurde stellenweise nicht ernst genommen, besonders von mächtigen Männern. Statt sich davon entmutigen zu lassen, hat sie diese Rückschläge als Gelegenheit betrachtet, sich zu beweisen und ihre Arbeit weiterzuverfolgen. Sie hat gelernt, dass es wichtig ist, sein Ego im Griff zu haben und dass Unterschätzung auch Vorteile bieten kann.
Selbstständigkeit und Kreativität
Der Wille zur Selbstständigkeit ist für die Fotografin essenziell. Sie hat es stets vermieden, sich auf feste Verträge festzulegen, um ihre kreative Freiheit nicht einzuschränken. Stattdessen verfolgt sie ihre Projekte unabhängig und riskant, was ihr erlaubt, ihre Visionen ohne äußeren Druck zu realisieren. Diese Herangehensweise hat ihr auch geholfen, ihre Begeisterung für die Fotografie zu bewahren und nicht ausgebrannt zu werden.
Der Wert von persönlichen Begegnungen
Für die Fotografin ist der persönliche Kontakt zu ihren Interviewpartnern und fotografierten Personen von großer Bedeutung. Sie glaubt, dass Körpersprache und persönliche Atmosphäre einen Einfluss auf die Qualität der Gespräche haben. Ein Face-to-Face-Treffen schafft eine Verbindung, die durch virtuelle Kommunikationsmittel wie Zoom nicht vollständig ersetzt werden kann. Diese physische Präsenz ist für sie wichtig, um die Menschen authentisch einzufangen.
Freiheit im Denken und Schaffen
Die Fotografin betont die Bedeutung von geistiger Freiheit in ihrer kreativen Arbeit. Sie ermutigt andere, sich nicht durch Konventionen und gesellschaftliche Erwartungen einschränken zu lassen. Dieser Freiheitsdrang zeigt sich auch in ihrer Unerschrockenheit im Umgang mit neuen, herausfordernden Themen. Ihre Herangehensweise bietet Raum für unabhängiges Denken und ermöglicht es anderen, ihre Perspektiven zu erweitern.
Der Einfluss von Macht auf Menschen
In ihrem Buch 'Spuren der Macht' untersucht die Fotografin, wie Macht Menschen verändert. Sie stellt dar, dass Politiker und Entscheidungsträger häufig in ihrer persönlichen Entwicklung beeinflusst werden, sobald sie in Machtpositionen gelangen. Der Prozess, einige der einflussreichsten Menschen über Jahre hinweg zu begleiten, bietet tiefere Einblicke in ihre persönlichen und beruflichen Transformationen. Diese langfristige Betrachtung hilft, die komplexen und oft nuancierten Auswirkungen von Macht zu verstehen.
Überwindung von Eitelkeit und Selbstbewusstsein
Die Fotografin hat gelernt, dass Eitelkeit in ihrem Beruf eine Schwäche sein kann. Sie stellt fest, dass viele in ihrem Umfeld, sowohl Journalisten als auch Politiker, oft von ihrer eigenen Wichtigkeit eingenommen sind, was ihre Arbeit beeinträchtigen kann. Ihr Credo ist, dass der respektvolle Umgang mit allen Menschen entscheidend ist, unabhängig von deren Position. Diese Haltung ermöglicht es ihr, authentische und tiefgründige Beziehungen zu den Menschen aufzubauen, die sie portraitiert.
Herlinde Koelbl ist Fotografin, Interviewerin und Gesellschafts-Chronistin.
Ihre bekannteste Arbeit ist das Buch "Spuren der Macht". Mit ihrem Werk wollte sie herausfinden, wie sich Menschen verändern, wenn sie eine mit Macht ausgestattete Position einnehmen. Zu diesem Zweck hat sie über einen Zeitraum von acht Jahren bedeutende Persönlichkeiten wie Angela Merkel, Joschka Fischer und Gerhard Schröder porträtiert. Mit ihren Fotos sowie den dazu geführten Interviews hat sie auf einmalige Art und Weise gezeigt, wie Macht den Menschen verändert.
"Spuren der Macht" ist nicht ihr einziges Werk. Es gibt ebenso Arbeiten über das deutsche Wohnzimmer, über Haare oder ganz aktuell "Abenteuer Wissenschaft". Mit eine der wichtigsten Publikationen ist zudem "Jüdische Porträts". Trotz einer großen Anzahl an Arbeiten, begann die 1939 in Lindau geborene Herlinde Koelbl erst mit Mitte 30 zu fotografieren. Überhaupt nicht selbstverständlich zur damaligen Zeit, hat sie sich als freie Fotografin durchgesetzt.
Es war ihr ganz wichtig, ein unabhängiges, kreatives Leben zu führen und ihren ganz eigenen Blick auf die Welt zu kultivieren. Ihre Fotos werden international ausgestellt, sie hat unzählige Preise bekommen und wahnsinnig viele interessante Menschen porträtiert. Persönlich habe ich selten einen Menschen mit so einem großen Freiheitsdrang getroffen.
Wir haben ausführlich über ihre Arbeit, ihre Vorgehensweise und ihre Prinzipien gesprochen. Es war wie eine Einzelstunde bei einer Großmeisterin.