Katajun Amirpur, Islamwissenschaftlerin an der Universität Köln und Expertin für das Iran, beleuchtet die kritische Lage rund um Irans Atomprogramm. Sie analysiert die Verhandlungen zwischen den USA und Iran, die stark von Sanktionen und einem drohenden Krieg beeinflusst werden. Amirpur beschreibt die katastrophale wirtschaftliche Situation im Iran und die damit einhergehenden Proteste der Bevölkerung, insbesondere von Frauen gegen das Kopftuchgesetz. Ziviler Ungehorsam wird zur Stimme des Widerstands in einem unterdrückten Land.
Die iranische Führung sieht das Atomprogramm als entscheidend für ihre Macht, was das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft stark belastet.
Die katastrophale wirtschaftliche Lage im Iran führt zu wachsendem Unmut in der Bevölkerung, die mit dem Missmanagement der Elite unzufrieden ist.
Deep dives
Iran und das Atomprogramm: Ein Überlebensthema für die Führung
Die iranische Führung sieht ihr Atomprogramm als essenziell für das Fortbestehen ihrer Macht an, da es das einzige Mittel ist, das ihnen bleiben könnte. Während früher diverse Strategien über Proxys wie die Hamas und die Hezbollah verfolgt wurden, haben diese strategischen Möglichkeiten in den letzten Jahren erheblich abgenommen. Iran hat kürzlich mit unterschiedlichen Aussagen über die nukleare Weiterentwicklung reagiert, was bedeutet, dass einige Stimmen für den Bau von Atomwaffen plädieren, während andere es als religiös unzulässig erachten. Die politische und strategische Isolation hat dazu geführt, dass Iran nun verstärkt auf die Atomwaffe setzt, um seine Verteidigungsstrategie zu sichern, unabhängig von den internationalen Reaktionen.
Die Verhandlungssituation: Ein zweischneidiges Schwert
Die bevorstehenden Verhandlungen zwischen den USA und Iran in Oman stehen unter dem Druck, dass Iran sowohl Sanktionen aufheben als auch ein militärisches Eingreifen durch die USA verhindern möchte. Die Gesprächsbereitschaft wird beeinträchtigt durch das Misstrauen der iranischen Führung gegenüber den USA, was dazu führt, dass direkte Gespräche bisher abgelehnt werden. Sollte es zu einem militärischen Konflikt kommen, könnten nur die USA über die nötigen Capabilities verfügen, um den Iran anzugreifen, was die Situation weiter verkompliziert. Das Abkommen von 2015 wird als großer diplomatischer Erfolg betrachtet, ist jedoch seit der einseitigen Kündigung durch Trump im Jahr 2018 obsolet geworden, was die Spannungen erheblich verschärft hat.
Das wirtschaftliche Desaster im Iran: Eine unterschätzte Dimension
Die wirtschaftliche Lage im Iran ist katastrophal und viele Bürger kämpfen ums Überleben, während die politische Elite in der Regel nicht von den Konsequenzen betroffen ist. Das Einkommen reicht für eine vierköpfige Familie oft nicht aus, was den Druck auf die Mittelschicht weiter verstärkt. Im Zusammenhang mit der geforderten Weiterentwicklung des Atomprogramms gibt es einen breiten Dissens unter den Iranern, da viele der Meinung sind, dass die Ressourcen besser im eigenen Land eingesetzt werden sollten. Trotz der politischen Rhetorik erkennen viele Iraner, dass die atomare Aufrüstung mehr Schaden als Nutzen bringt, insbesondere in Anbetracht der bestehenden wirtschaftlichen Herausforderungen.
Laut Geheimdiensten ist Iran der Entwicklung einer Atombombe sehr nahe. Obwohl die Führung in Teheran immer wieder betont, dass sie ihr Nuklearprogramm nur zivil nutzen will, löst das weltweit große Besorgnis aus.
Jetzt verhandeln in Oman Vertreter der USA mit Diplomaten aus Iran. Teheran geht es dabei vor allem um die Aufhebung der Sanktionen und die Verhinderung eines Angriffs, sagt die Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur von der Universität Köln. Gleichzeitig sei die wirtschaftliche Lage in Iran so katastrophal, dass dies zu wachsendem Unmut in der Bevölkerung führt. Trotz massiver Unterdrückung gebe es mutigen zivilen Ungehorsam.
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