Mussolinis Hinrichtung 1945 symbolisierte Italiens Distanzierung von der faschistischen Vergangenheit und beeinflusste die nationale Identität nachhaltig.
Die asymmetrische Beziehung zwischen Mussolini und Hitler illustrates die evolutionäre Radikalisierung des Faschismus in Italien während des Zweiten Weltkriegs.
Deep dives
Der Aufstieg Mussolinis und der Faschismus in Italien
Benito Mussolini, der die Faschistische Partei gründete, erlangte 1922 die Macht in Italien, indem er den Eindruck eines revolutionären Marsches auf Rom vermittelte. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg war Italien misstrauisch gegenüber seinen Alliierten und kämpfte mit einer tiefen inneren Spaltung zwischen politischen Richtungen. Mussolini zielte darauf ab, die Ordnung im Staat wiederherzustellen, indem er die sozialistischen und kommunistischen Bewegungen unterdrückte und eng mit monarchischen und konservativen Kräften kooperierte. Sein Regierungsstil ließ zunächst eine gewisse Illusion von Demokratie bestehen, obwohl die politischen Freiheiten zunehmend eingeschränkt wurden.
Italiens Rolle im Ersten Weltkrieg und die Folgen
Italien begann den Ersten Weltkrieg als Teil des Dreibunds mit Deutschland und Österreich, erklärte jedoch seine Neutralität, als es das aggressive Verhalten Österreichs ablehnte. Die Entscheidung, auf die Seite der Entente-Mächte zu wechseln, führte zu einem veränderten politischen Klima und einem verstärkten Wunsch nach territorialen Gewinnen, die im Vertrag von Saint-Germain zum Teil bestätigt wurden. Diese Territorien bedeuteten nicht nur Erfolge für die italienische Regierung, sondern schürten auch eine nationale Unzufriedenheit wegen des gefühlten 'verstümmelten Siegs'. Dieser historische Kontext begünstigte das Aufkommen des Faschismus, da viele Italiener das Gefühl hatten, von ihrer Regierung verraten worden zu sein.
Mussolinis Beziehung zu Hitler und die radikalisierte Politik
Die anfängliche Beziehung zwischen Mussolini und Hitler war asymmetrisch, wobei Mussolini der politisch bekannte Führer war und Hitler als sein Schüler galt. Diese dynamische Beziehung änderte sich jedoch mit der Zeit, da Hitlers nationalsozialistische Regierung rascher radikalisierte und militärische Erfolge erzielte. Mussolini sah sich gezwungen, eine ähnliche imperialistische Politik zu verfolgen, und beide Diktatoren schlossen ein militärisches Bündnis, das zu den Achsenmächten während des Zweiten Weltkriegs führte. Die Entwicklungen führten zu einem gescheiterten Italien im Krieg, was schlussendlich zu Mussolinis Sturz und seiner Hinrichtung führte.
Mussolinis Ende und die öffentliche Wahrnehmung nach dem Faschismus
Mussolinis Hinrichtung am 28. April 1945 markierte das Ende eines zerrissenen Kapitels in der italienischen Geschichte und wurde als Akt der öffentlichen Distanzierung der Italiener von der faschistischen Vergangenheit angesehen. Nach seinem Tod wurden seine Leichname zur Schau gestellt, was als symbolischer Akt der Selbstbefreiung interpretiert wurde, im Gegensatz zur Situation in Deutschland, wo Hitler unauffällig verschwand. Diese öffentliche Ausstellung war auch entscheidend für die Nachkriegsidentität Italiens, da sie das Gefühl vermittelte, dass der Widerstand gegen den Faschismus stärker war als das Regime selbst. Heute wird Mussolini in Italien zwar nicht mehr politisch verehrt, doch die Debatte über rechten Populismus und postfaschistische Tendenzen bleibt relevant.
Mit dem Tod des Diktators und Hitler-Vorbilds Benito Mussolini endete im April 1945 die faschistische Ära in Italien. Der Faschismus ist deshalb dort aber nicht ausgestorben.
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Ihr hört in dieser "Eine Stunde History":
05:37 - Der Historiker Lutz Klinkhammer über Mussolinis Politik und sein Verhältnis zu Hitler
22:18 - Der Historiker Thomas Schlemmer zu den Unterschieden zwischen Faschismus und Nationalsozialismus
31:40 - ARD-Korrespondentin Lisa Weiß über die faschistischen Wurzeln der Partei "Fratelli d'Italia" von Ministerpräsidentin Georgia Meloni