#293 "Es geht um das Überleben progressiver Kräfte in der Ukraine – und in Russland"
Feb 26, 2025
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Valerie Brosch ist Sozialwissenschaftlerin und Osteuropaexpertin, die sich intensiv mit dem Widerstand gegen Putins Diktatur beschäftigt. Sie teilt beeindruckende Geschichten von russischen Anarchisten, die an der Front unter ukrainischen Waffen kämpfen. Die schwierige Lage der Opposition in Russland wird thematisiert, ebenso wie kreative Formen des Widerstands trotz gefährlicher Repression. Zudem wird die Solidarität zwischen linken Strömungen in Europa und den emanzipatorischen Bewegungen in der Ukraine beleuchtet.
Die russische Opposition, besonders Anarchisten, kämpft trotz Verhaftungen und Exil gegen Putins Regime, um soziale Veränderungen zu erreichen.
Der Protest in Russland hat sich in kreative und unterirdische Formen entwickelt, um Widerstand gegen das autoritäre Regime aufrechtzuerhalten.
Internationale Solidarität und ein tiefgehender Dialog über die Zukunft Russlands sind entscheidend für die Unterstützung derjenigen, die gegen das Regime kämpfen.
Deep dives
Überleben der progressiven Kräfte
Im Kontext des Ukrainekriegs wird betont, dass es wichtig ist, die Existenz sowohl der ukrainischen als auch der russischen Linken zu bewahren. Der Krieg wird nicht nur als territorialer Konflikt betrachtet, sondern als ein Kampf um das Recht der Menschen auf ein Leben in Freiheit und Sicherheit, fern von Folter und Gewalt. Diese Perspektive fordert dazu auf, den Kampf nicht für nationale Grenzen, sondern für menschliche Grundrechte zu führen. Der Fokus liegt somit auf der Aufrechterhaltung progressiver Kräfte in beiden Nationen, die für soziale Veränderungen eintreten.
Die Lage der Opposition in Russland
Drei Jahre nach dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine hat sich die Situation der Opposition in Russland dramatisch verschlechtert. Viele der Oppositionellen sind in Haft, andere mussten ins Exil fliehen, während der Widerstand gegen Putins Regime trotz gefühlter Chancenlosigkeit anhält. Insbesondere linker oder anarchistischer Widerstand zeigt sich in Sabotageakten gegen das Militär oder durch das Eingehen bewaffneter Kämpfe auf ukrainischer Seite. Die Diskussionsrunde beleuchtet die Herausforderungen, vor denen die Opposition steht, sowie die allgemeine gesellschaftliche Resignation und Angst.
Kreative Protestformen in Russland
In Anbetracht der repressiven Maßnahmen haben sich die Formen des Protests in Russland verändert. Kreative Ansätze und unterirdische Aktivitäten sind zur Norm geworden, um den Widerstand gegen das Regime aufrechtzuerhalten, darunter symbolische Gesten wie das Anbringen von Bändern oder das Organisieren von Gedichtabenden. Auch die Verwendung von Telegram als Kommunikationsmittel hat sich bewährt, um Informationen zu verbreiten und Protestaktionen zu koordinieren. Diese Taktiken zeigen, dass Widerstand auch in einem autoritären System weiter bestehen kann, wenn traditionelle Formen des Protests unterdrückt werden.
Pragmatismus im Widerstand
Russische Anarchisten, die an der Front kämpfen, zeigen einen bemerkenswerten Pragmatismus, wenn es darum geht, gegen das russische Regime zu kämpfen. Ihr Engagement wird als notwendiger Schritt angesehen, um mögliche Veränderungen in Russland zu erreichen und eine Bedrohung durch autoritäres Regieren zu neutralisieren. Diese Haltung betont, dass der Kampf an der Front nicht im Widerspruch zu anarchistischen Prinzipien steht, sondern dass der Kampf um die Selbstbestimmung der Ukraine im Vordergrund steht. Die Abwägung zwischen Prinzipien und der Realität des Krieges wird als entscheidend für den Erfolg des Widerstands angesehen.
Wünsche der Opposition
Die russische Opposition hofft auf Verständnis und Solidarität von der internationalen Gemeinschaft. Es wird betont, dass eine unterschiedliche Herangehensweise an den Konflikt sowie an die Unterstützung für die ukrainische Bevölkerung notwendig ist, um langfristige Lösungen zu finden. Die vielfältigen Stimmen aus dem Widerstand fordern die Aufarbeitung des imperialen Erbes und die Entwicklung eines anteilenden Dialogs über die Zukunft Russlands. Den Unterstützern im Westen wird geraten, aktiv solidarisch zu bleiben und die Perspektiven und Bedürfnisse der Menschen im Exil sowie der am Widerstand Beteiligten ernst zu nehmen.
Wie russische Anarchos gegen Putin kämpfen, auch an der Front unter ukrainischen Waffen
Die Lage der Opposition in Russland ist katastrophal, drei Jahre nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine sitzen viele in Haft oder sind im Exil. Doch trotz aller Gefahren leisten Menschen Widerstand gegen das Regime – darunter auch russische Anarchistinnen und Antifaschistinnen die Putins Kriegsmaschinerie sabotieren oder an der Front auf ukrainischer Seite kämpfen. Valerie Brosch erzählt einige ihrer Geschichten in dem Buch "Gegen die russische Staatsgewalt". Ein Gespräch über die Eskalation der Verfolgung und Gewalt unter Putins Diktatur, den Partisanenkampf im Untergrund und linke Solidarität in Europa.
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Valerie Brosch hat Sozialwissenschaft und Osteuropastudien in Bochum und Berlin studiert. Sie beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit der Geschichte und Gesellschaft Russlands und mit emanzipatorischen Bewegungen in verschiedenen osteuropäischen Ländern. Für ihr Buch "Gegen die russische Staatsgewalt" hat sie mit russischen Anarchist*innen über ihren Widerstand gegen Putins Diktatur gesprochen.