Wie helfen Sie Kindern mit psychischen Problemen, Frau Adler-Corman?
Dec 17, 2024
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In diesem Gespräch teilt Petra Adler-Corman, eine erfahrene Kinder- und Jugendpsychotherapeutin aus Düsseldorf, ihre Einsichten aus über 25 Jahren Praxis. Sie beleuchtet den Druck auf Familien und dessen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Kindern. Besonders der frühe Interventionsansatz und die Bedeutung stabiler therapeutischer Beziehungen werden thematisiert. Adler-Corman spricht auch über den Einfluss von Technologie auf Jugendliche und die Herausforderungen, die ihre Arbeit mit sich bringt, einschließlich emotionaler Belastungen.
Der Druck auf Eltern, ständig zu funktionieren und hohe Erwartungen zu erfüllen, überträgt sich negativ auf die Entwicklung ihrer Kinder.
Frühe therapeutische Interventionen bei Babys sind entscheidend, um psychische Störungen frühzeitig zu erkennen und präventiv zu handeln.
Deep dives
Druck in Familien
Es wird betont, dass es in modernen Familien zunehmend an Freiraum mangelt und ein erheblicher Druck auf den Eltern lastet. Existenzielle Ängste sind in vielen gesellschaftlichen Schichten verbreitet, was dazu führt, dass Eltern das Gefühl haben müssen, ständig zu funktionieren und überdurchschnittliche Leistungen zu erbringen. Diese Erwartungshaltung wird an die Kinder weitergegeben und kann deren Entwicklung negativ beeinflussen. Der Druck, den Kindern eine perfekte Entwicklung zu bieten, führt oft zu übermäßigen Programmen und Aktivitäten, wodurch Eltern und Kinder zusätzlichen Stress erfahren.
Frühe Entwicklungsstörungen
Die ersten Lebensjahre eines Kindes sind entscheidend für die gesunde Entwicklung, wobei viele psychische Störungen bereits im Säuglingsalter entstehen können. Die Therapeutin erklärt, dass sie insbesondere bei Babys arbeitet, um frühzeitig Probleme zu erkennen, bevor sie sich manifestieren. Eltern sind oft unsicher, ob das Verhalten ihres Kindes normal ist, was dazu führt, dass sie neue Beratungsangebote wünschen, anstatt präventiv zu handeln. Eine sehr präventive Herangehensweise wäre wünschenswert, doch aufgrund der Krankenkassenregelungen dürfen Therapeuten oft erst tätig werden, wenn eine Diagnose vorliegt.
Veränderungen in der Eltern-Kind-Beziehung
Es wird beobachtet, dass sich die Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern über die Jahre verändert hat, insbesondere durch den Einfluss von sozialen Medien und den Druck, perfekte Eltern zu sein. Mütter und Väter fühlen oft, dass Elternschaft mit hohen Erwartungen und zahlreichen Anforderungen verbunden ist, was zu Überforderung führen kann. Die junge Generation tendiert dazu, sich zu sehr auf Apps und externe Anleitungen zu stützen, wodurch ihre Intuition in der Kindererziehung untergraben wird. Ein ausgewogener Alltag, in dem Familien Zeit miteinander verbringen und sich austauschen, wird als wesentlich für das Wohlergehen aller Familienmitglieder hervorgehoben.
Einblick in die Therapie
Die Therapeutin beschreibt, dass die Therapie von Babys und Kleinkindern den gesamten Familiendynamiken Rechnung tragen muss, und nicht nur auf das Kind fokussiert ist. In den Sitzungen wird oft der gesamte Kontext der familiären Situation betrachtet, um zu verstehen, welche Faktoren das Verhalten des Kindes beeinflussen können. Der erste Schritt ist oft, den Eltern zu helfen, ihr eigenes Verhalten und ihre Emotionen in Bezug auf die Herausforderungen der Elternschaft zu reflektieren. Diese integrative Herangehensweise fördert ein besseres Verständnis zwischen Eltern und Kind und führt letztlich zu einer harmonischeren Familienatmosphäre.
"Es gibt nicht mehr so viel Freiraum in den Familien, es ist unglaublich viel Druck, es sind existenzielle Ängste durch alle Schichten durch", sagt die Kinderpsychotherapeutin Petra Adler-Corman im Podcast Frisch an die Arbeit. "Viele Eltern haben das Gefühl, ständig funktionieren zu müssen. Und dieses Gefühl vermitteln sie auch ihren Kindern."
Adler-Corman, 72, betreibt seit 1998 eine eigene Praxis in Düsseldorf. Spezialisiert hat sie sich auf die Psychoanalyse von Babys. "Als ich anfing, Therapiestunden zu geben, habe ich gemerkt, dass schon in den ersten Lebensjahren so viel passiert", sagt Adler-Corman im Podcast. Deswegen sei es für sie wichtig, auffällige Babys früh zu behandeln und eine schlimmere Störung möglichst zu verhindern.
In ihrem Berufsleben hat Adler-Corman Hunderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene begleitet. Die meisten therapiert sie über Jahre hinweg. Ihre ältesten Patienten sind 23 Jahre alt. Trotz vieler dramatischer Fälle schaffe sie es, sich davon im Feierabend zu distanzieren, sagt sie: "Am Anfang möchte man alle Kinder retten oder adoptieren. Man denkt auch, man wäre die bessere Mutter für sie. Das ist völliger Unsinn." Im Podcast erzählt sie, wie eine Therapiestunde abläuft, welche Diagnosen sie am häufigsten stellt und wieso ihrer Einschätzung nach immer mehr Kinder und Jugendliche psychische Probleme haben.
"Frisch an die Arbeit" wird jeden zweiten Dienstag veröffentlicht. Es moderieren im Wechsel Daniel Erk, Hannah Scherkamp und Elise Landschek. Das Team erreichen Sie unter frischandiearbeit@zeit.de.
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