Wie können wir Frauen besser vor Gewalt schützen, Christina Clemm?
Aug 18, 2020
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Christina Clemm, Fachanwältin für Strafrecht und Familienrecht, spricht über ihre Erfahrungen im Opferschutz und die dramatische Zunahme von Gewalt gegen Frauen während der Corona-Pandemie. Sie betont die Notwendigkeit, mehr über Gewalt in der Gesellschaft zu sprechen und reflektiert über die emotionalen Herausforderungen ihres Berufs. Ihr Buch "AktenEinsicht" beleuchtet erschütternde Geschichten von Gewaltopfern und die komplexen rechtlichen Aspekte, die ihnen begegnen. Clemm zeigt auf, wie wichtig Gerechtigkeit und Unterstützung für Betroffene sind.
Christina Clemm weist darauf hin, dass die Gewalt gegen Frauen während der Corona-Pandemie zugenommen hat und dringend mehr öffentliche Diskussionen erforderlich sind.
Ein zentrales Anliegen von Clemm ist die Enttabuisierung von geschlechtsspezifischer Gewalt, um die gesellschaftliche Verantwortung für das Problem stärker ins Bewusstsein zu rücken.
Deep dives
Die Rolle der Anwältin in gewaltsamen Fällen
Die Anwältin Christina Klemm konzentriert sich in ihrer Arbeit auf die Verteidigung von Opfern von Gewaltverbrechen, insbesondere häuslicher Gewalt gegen Frauen. Sie sieht die Justiz als ein wichtiges Mittel, um Unrecht zu bekämpfen und unterstützt schwer traumatisierte Menschen in ihrem Weg durch den rechtlichen Prozess. Klemm hebt hervor, dass trotz der oft düsteren Geschichten, die sie tagtäglich hört, es auch positive Entwicklungen und erfüllende Momente gibt, wenn Klienten Fortschritte im Leben erzielen. Diese Verbindung zwischen ihrer beruflichen und persönlichen Leidenschaft hält sie motiviert, ihre Mandate sorgfältig auszuwählen und sich für die richtigen Fälle einzusetzen.
Umgang mit der emotionalen Belastung
Klemm beschreibt die Herausforderungen, die mit der Verarbeitung der schweren Schicksale ihrer Klienten verbunden sind, und wie sie über die Jahre gelernt hat, ihr berufliches und privates Leben zu trennen. Früher verfolgt sie ihre Fälle auch in ihren Träumen, doch mit der Zeit hat sie Wege gefunden, mit der Wut und Frustration über gesellschaftliche Missstände umzugehen. Sie betont, dass es nicht nur wichtig ist, über die Gewalt zu sprechen, sondern auch, Wege zu finden, wie die Opfer nach diesen Erfahrungen wieder ein normales Leben führen können. Ihre langjährige Erfahrung hilft ihr, den Fokus auf positive Veränderungen zu legen, die ihre Klienten erleben können.
Die Komplexität des Rechtssystems
Klemm erklärt, dass das Rechtssystem oft nicht intuitiv erscheint und dass es häufig zu Ungerechtigkeiten kommen kann, die für Laien schwer nachvollziehbar sind. Sie thematisiert spezifische Beispiele, bei denen Täter von Gewaltverbrechen oft mit milderen Strafen davonkommen, während die Reaktionen auf die Taten der Opfer nicht immer gerecht erscheinen. Ihre Beobachtungen verdeutlichen die Notwendigkeit eines tiefergehenden Verständnisses der Justizabläufe und der psychologischen Aspekte, die in rechtlichen Entscheidungen eine Rolle spielen. Klemm betont die Bedeutung der Unschuldsvermutung, weist jedoch gleichzeitig auf die Differenzen hin, die im Umgang mit verschiedenen Opfern und Tätern beobachtet werden.
Gesellschaftliche Fragestellungen zur Gewaltprävention
Abschließend hebt Klemm die gesellschaftliche Verantwortung hervor, über Gewalt gegen Frauen und Kinder zu sprechen und dieses Tabuthema zu enttabuisieren. Sie kritisiert, dass trotz steigender Berichte über familiäre Gewalt wenig getan wird, um die Prävention und Unterstützung zu verbessern. Ihr eigenes Buch zielt darauf ab, das Bewusstsein für geschlechtsspezifische Gewalt zu schärfen und eine breitere Diskussion über den Umgang mit Betroffenen anzuregen. Laut Klemm ist es entscheidend, dass die Gesellschaft erkennt, dass Gewalt gegen Frauen nicht nur eine persönliche Angelegenheit ist, sondern ein weit verbreitetes gesellschaftliches Problem, das an die Öffentlichkeit gehört.
"Dass die Gewalt gegen Frauen und Kinder durch Corona zugenommen hat, das wissen wir aus Studien", sagt Christina Clemm, Fachanwältin für Strafrecht und Familienrecht, im ZEIT-ONLINE-Podcast Frisch an die Arbeit. Die 52-Jährige registrierte die gestiegene Gewalt allerdings auch selbst: "Ich erlebe das auch in meiner Praxis. Ich habe viel, viel mehr Anfragen von Betroffenen von Gewalt als vor einem Jahr."
Clemm ist der Meinung, dass öffentlich viel mehr über Gewalt gegen Frauen und Gewalt in Familien gesprochen werden müsse. Im Podcast spricht sie auch darüber, was ihren Beruf so besonders macht: "Natürlich denke ich manchmal, als Anwältin in einem anderen Bereich hätte ich früher Feierabend und mehr Geld – aber das kann ich nicht und das, was ich mache, interessiert mich sehr", sagt Clemm. "Es gibt nicht besonders viele langweilige Tage in meinem Berufsleben."
Über die Erfahrungen ihrer Mandantinnen hat Clemm daher vor Kurzem ein Buch geschrieben: Es heißt "AktenEinsicht – Geschichten von Gewalt gegen Frauen", ist im März im Kunstmann-Verlag erschienen und umfasst acht Geschichten von Vergewaltigungen, Mordversuchen und Morden, "die tatsächlichen Ereignissen nachempfunden sind, aber in dieser Form nicht stattgefunden haben“. Dort erklärt sie: Wann ist es Mord, wann Totschlag und was ist Heimtücke? Und wie groß dürften die Dunkelziffern der Fälle sein?
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