Dr. Knut Bergmann, Politikwissenschaftler am Institut der deutschen Wirtschaft, beleuchtet in diesem Gespräch den Einfluss des Sozialstaats auf die Wählerschaft der AfD. Er diskutiert die Zusammenhänge zwischen Staatsausgaben, extremistischen Wahlergebnissen und der Skepsis gegenüber staatlichen Transfers, insbesondere beim Bürgergeld. Bergmann bringt historische Beispiele ein, um die Gefahren der Austeritätspolitik zu verdeutlichen, und analysiert die komplexe Wählerschaft der AfD sowie deren Bedürfnisse und Ängste im aktuellen politischen Klima.
Der Aufstieg der AfD ist eng verbunden mit einem Verlust des Vertrauens in politische Strukturen und gesellschaftlichen Frustrationen.
Sparmaßnahmen in der Sozialpolitik fördern die Unterstützung für extreme Parteien, was die Notwendigkeit stabiler sozialer Rahmenbedingungen unterstreicht.
Die Ängste vor sozialem Abstieg, oft unabhängig von tatsächlicher sozialer Benachteiligung, spielen eine zentrale Rolle bei der Wählerschaft der AfD.
Deep dives
Die Auswirkungen der AfD auf Deutschland
Die AfD wird als schädlich für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität Deutschlands beschrieben. Ihre Politik könnte das Land politisch isolieren und die wirtschaftliche Basis gefährden. Dies führt nicht nur zu einem Abstieg in den wirtschaftlichen Herausforderungen, sondern schadet auch dem gesellschaftlichen Klima nachhaltig. Der Aufstieg der AfD wird mit einem Verlust an Vertrauen in etablierte politische Strukturen und einer zunehmenden Frustration in der Bevölkerung verknüpft.
Zusammenhänge zwischen Sparpolitik und extremistischen Parteien
Studien zeigen, dass Sparmaßnahmen in der Sozialpolitik tendenziell zu einem Anstieg der Unterstützung für extreme Parteien führen können. Eine Reduktion der Staatsausgaben um ein Prozent könnte demnach zu einem Anstieg von bis zu drei Prozentpunkten für extremistische Parteien führen. Dies legt nahe, dass ein harter Sparkurs nicht nur politisch riskant ist, sondern auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass extreme Positionen an Zuspruch gewinnen. Die Notwendigkeit einer stabilen Sozialpolitik wird daher als zentral für die Bekämpfung des Populismus hervorgehoben.
Die Rolle von Abstiegsängsten in der Wählerschaft der AfD
Abstiegsängste scheinen eine bedeutende Rolle bei der Wählerschar der AfD zu spielen, wobei sich diese Ängste nicht notwendigerweise mit sozialer Benachteiligung decken. Es gibt Hinweise darauf, dass AfD-Wähler eher jene sind, die um ihren sozialen Status fürchten, anstatt tatsächliche Verlierer der wirtschaftlichen Entwicklung zu sein. Diese Ängste betreffen häufig Themen wie Migration und sozialpolitische Maßnahmen, wodurch sich ein Gefühl der Hilflosigkeit und des Kontrollverlusts verstärkt. Dies ist besonders relevant in einem Kontext, in dem die öffentliche Daseinsvorsorge und die wahrgenommene soziale Sicherheit in der Gesellschaft in Frage gestellt werden.
Kritik an der Sozialpolitik als Antwort auf die AfD
Die Vorstellung, dass ein Erhöhen der Sozialausgaben die Wählerschaft der AfD beeinflussen könnte, wird in Frage gestellt. Untersuchungen legen nahe, dass die Anhänger der AfD oft skeptisch gegenüber Sozialtransferleistungen sind, da sie diese als illegitim empfinden. Der Zusammenhang zwischen sozialpolitischen Maßnahmen und der Unterstützung für die AfD ist daher nicht so eindeutig, wie oft dargestellt wird. Stattdessen ist der Verlust an Wohlstand und das Gefühl des sozialen Abstieg viel entscheidender für die Unzufriedenheit in dieser Wählerschaft.
Politische Strategien zur Bekämpfung der AfD
Um den Einfluss der AfD zu verringern, wird empfohlen, sich nicht nur auf eine Ausweitung des Sozialstaates zu konzentrieren, sondern nachhaltige wirtschaftliche Bedingungen zu schaffen. Eine aktive Politik zur Erhaltung des Wohlstands und der Arbeitsplätze wird als notwendig erachtet, um Ängste vor dem sozialen Abstieg zu mindern. Zudem sollte eine offene Diskussion über Migration und deren Auswirkungen geführt werden, um die Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen. Politische Strategien müssen also differenzierte Ansätze verfolgen, um effektiv auf die Herausforderungen des populistischen Aufstiegs zu reagieren.
In der 245. Folge von „bto – beyond the obvious – der Ökonomie-Podcast mit Dr. Daniel Stelter“ betrachten wir anlässlich der EU-Wahlen die Möglichkeiten, den Aufschwung radikaler Parteien zu bremsen. Liegt der Schlüssel in höheren staatlichen Transfers und sind Budgetkürzungen direkt für bessere Wahlergebnisse der Extremisten verantwortlich? Als Experte dabei ist Dr. Knut Bergmann vom Institut der Deutschen Wirtschaft, der sich seit mehreren Jahren mit dem Phänomen der AfD beschäftigt.
Hörerservice
Die Studie„Did Austerity Cause Brexit?”finden Sie hier.
Die Studie „Austerity and the Rise of the Nazi party” finden Sie hier.
Die Studie „The Political Costs of Austerity”finden Sie hier.
Die zitierte Studie zu den sozialpolitischen Einstellungen der AfD-Wähler finden Sie hier.
Neue Analysen, Kommentare und Einschätzungen zur Wirtschafts- und Finanzlage finden Sie unter www.think-bto.com.
Sie erreichen die Redaktion unter podcast@think-bto.com. Wir freuen uns über Ihre Meinungen, Anregungen und Kritik.
Shownotes
Handelsblatt –Ein exklusives Angebot für alle „bto – beyond the obvious – featured by Handelsblatt”-Hörer*innen: Testen Sie Handelsblatt Premium 4 Wochen lang für 1 Euro und bleiben Sie zur aktuellen Wirtschafts- und Finanzlage informiert.