Kann die neue Bundesregierung Deutschland wieder auf den Wachstumspfad schicken?
Apr 18, 2025
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Bert Rürup und Michael Hüther diskutieren die wirtschaftlichen Herausforderungen Deutschlands im Kontext des neuen Koalitionsvertrags. Der drastische Rückgang des Trendwachstums sowie der demografische Wandel stehen im Fokus. Sie thematisieren die Auswirkungen der Pflegeversicherung und vergleichen das deutsche System mit skandinavischen Modellen. Zudem beleuchten sie geopolitische Strategien, notwendige Reformen und die Rolle internationaler Partnerschaften für die Zukunft Deutschlands. Innovative Ansätze und Investitionen sind entscheidend für eine erfolgreiche Wachstumsstrategie.
Die deutsche Wirtschaft sieht sich einem signifikanten Rückgang des Trendwachstums auf 0,3 Prozent gegenüber, was dringende Reformen erfordert.
Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD zeigt Schwächen bei der Bewältigung demografischer Herausforderungen und der Rentenpolitik, was innovative Lösungen notwendig macht.
Deep dives
Wirtschaftswachstum und demografische Herausforderungen
Das Trendwachstum der deutschen Volkswirtschaft ist signifikant gesunken, von etwa 1,3 Prozent auf nur 0,3 Prozent, was auf eine Kombination aus demografischen und globalen Veränderungen hinweist. Besonders der demografische Wandel mit dem Abgang von über 400.000 Arbeitnehmern aus dem Erwerbsleben jährlich stellt eine wesentliche Herausforderung für das Wachstum dar. Diese Situation wird durch die rückläufigen globalen Impulse, insbesondere von den USA unter einem Präsidenten mit unorthodoxen wirtschaftspolitischen Ansichten, zusätzlich verkompliziert. Daher muss Deutschland in erster Linie seine eigenen wirtschaftlichen Kräfte stärken, anstatt auf externe Exportimpulse zu hoffen, die in der Vergangenheit häufig als Motor für Investitionen und Beschäftigung dienten.
Koalitionsvertrag und fehlende Themen
Der neue Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD zeigt deutliche Schwächen in der Behandlung zentraler Themen, insbesondere demografischer Herausforderungen und Rentenpolitik. Es wird darauf hingewiesen, dass der Koalitionsvertrag viele interessante Ansätze enthält, diese jedoch oft von Finanzierungsvorbehalten begleitet sind und konkrete Maßnahmen fehlen. Die Ergebnisse früherer Konsense zwischen den Parteien in der Rentenreform scheinen nicht mehr erreichbar, da die Diskussion um Rentenerhöhungen und -reformen gar nicht mehr stattfindet. Dies wirft die Frage auf, wie die etablierten Parteien den Herausforderungen einer zunehmend alternden Gesellschaft begegnen wollen, während sie gleichzeitig plädiert haben, Rentner nicht zu belasten.
Innovations- und Investitionspolitik
Eine der größten Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft liegt in der Sicherung und Förderung von Innovationen und Investitionen, um den Veränderungen in der internationalen Wertschöpfung gerecht zu werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Notwendigkeit, die Innovationsstruktur zu verbessern und wissenschaftliche Freiheit zu fördern, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Es wird argumentiert, dass die geopolitischen Rahmenbedingungen, unter denen die deutsche Industrie operiert, von der Regierung dringend thematisiert werden müssen, um eine nachhaltige Wachstumsstrategie zu entwickeln. Das Fehlen einer aktiven Diskussion über die Sicherung von Wertschöpfung in einem sich ständig wandelnden geopolitischen Umfeld kann langfristige negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben.
Handelsblatt-Chefökonom Bert Rürup und Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, diskutieren in der neuen Folge von Economic Challenges die Frage, ob die Pläne im Koalitionsvertrag von Union und SPD Deutschland wieder auf einen Wachstumspfad bringen können.
Das Trendwachstum der deutschen Volkswirtschaft ist von etwa 1,3 Prozent im letzten Jahrzehnt laut der Gemeinschaftsprognose der großen Wirtschaftsforschungsinstitute auf 0,3 Prozent zurückgegangen. „Gleichzeitig wird der bestenfalls prognostizierte Alterungsschub, bei dem 400.000 Personen mehr aus dem Erwerbsleben ausscheiden als nachrücken werden, noch gut zehn Jahre anhalten“, konstatiert Rürup. Auch sei der die deutsche Wirtschaft beflügelnde Globalisierungsschub im Auslaufen und die Trump-Regierung vertrete wirtschaftspolitisch streitbare Positionen.
Kann die neue Bundesregierung Deutschlands, die sich im nächsten Monat offiziell formieren soll, all diese Herausforderungen meistern? Das Spannungsfeld zwischen „den beiden großen T, Zwischen Trendwachstum und Trump“, führe jedenfalls dazu, „dass wir es selbst machen müssen: Wir haben keine begründete Erwartung, dass der Export uns rauszieht“, sagt Hüther mit Blick auf das Wirtschaftswachstum. Zwar bliebe noch abzuwarten, welchen Kurs die USA langfristig tatsächlich fahren, dennoch müssten jetzt andere Partnerschaften, etwa mit den Mercosur-Staaten in Südamerika oder den Ländern im asiatischen Raum, von Europa und Deutschland in den Fokus genommen werden.
Welche konkreten Schritte Rürup und Hüther empfehlen, hören Sie in dieser Folge Economic Challenges.
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