Ehen zwischen Siedlern und Indigenen in Namibia verboten
Apr 18, 2025
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Zu Beginn der Kolonie Deutsch-Südwestafrika heiraten Siedler einheimische Frauen, was zu einem erschütternden Eheverbot führt. Die Angst vor dem Verlust der deutschen Identität und die Rolle von indigenen Frauen in der Gesellschaft sind zentrale Themen. Rassistische Untertöne durchziehen die koloniale Gesetzgebung und beeinflussen das tägliche Leben der Betroffenen gravierend. Interessante Parallelen werden zwischen kolonialen Rassengesetzen und den Nürnberger Gesetzen des Nationalsozialismus gezogen, die auch moderne Identitätsdebatten prägen.
Das Eheverbot von 1905 zwischen deutschen Siedlern und indigenen Frauen reflektierte die rassistische Ideologie und gesellschaftliche Ängste der Kolonialzeit.
Die Auswirkungen dieser diskriminierenden Gesetze sind bis heute spürbar und zeigen Parallelen zu späteren rassistischen Ideologien im Nationalsozialismus.
Deep dives
Die Auswirkungen der Rassengesetze
Im Jahr 1905 wurde in Deutsch-Südwestafrika das Verbot von Ehen zwischen deutschen Siedlern und indigenen Frauen eingeführt, das erhebliche sociale und rechtliche Konsequenzen hatte. Der Fall von Karl Becker, der wegen seiner Ehe mit einer indigenen Frau seine bürgerlichen Ehrenrechte verlor, verdeutlicht diese Diskriminierung, da sein Wahlrecht und finanzielle Unterstützung für seine Farm entzogen wurden. Der Paragraph 17f der Gemeindeverordnung führte dazu, dass die Kinder solcher Ehen nicht mehr erbberechtigt waren, und dies reflektiert die systematische Ausgrenzung, die durch koloniale Rassengesetze gefördert wurde. Die Behörden in Windhoek argumentierten, dass die Verbindung von Weißen und Indigenen die gesellschaftliche Ordnung gefährde und führten dies als Grund für die diskriminierenden Maßnahmen an.
Kulturelle und rassistische Ideologien
Die Ideologie des Kulturrassismus, die unter den deutschen Kolonialherren vorherrschte, beruhte auf der Annahme, dass die Siedler eine überlegene Kultur in die kolonisierten Gebiete bringen würden, während die indigenen Völker als kulturell minderwertig betrachtet wurden. Diese Sichtweise rechtfertigte anfänglich die Akzeptanz von Beziehungen zwischen Siedlern und indigenen Frauen, da man glaubte, eine kulturelle Entwicklung der Indigenen zu fördern. Mit der Zeit wandelte sich jedoch die öffentliche Meinung, als Ängste hinsichtlich des Verlusts der deutschen Identität und die negativen Stereotype über Nachkommen solcher Ehen wuchsen. Diese Veränderungen führten zu einem stärkeren Fokus auf rassistische Ideologien und zur Etablierung von Gesetzen, die eine Trennung der Rassen forderten.
Langfristige Folgen und moderne Parallelen
Die Gesetze und Verordnungen, die in der Zeit des deutschen Kolonialismus in Deutsch-Südwestafrika eingeführt wurden, hatten langfristige Folgen, die bis in die heutige Zeit nachwirken. Sie schaffen eine Verbindung zu späteren rassistischen Gesetzen der Nationalsozialisten, die die Restriktionen hinsichtlich Ehen zwischen verschiedenen Rassen zu einem zentralen Thema in ihrer Ideologie machten. Die diskutierten Fragen um Identität und Zugehörigkeit, die einst während der Kolonialzeit thematisiert wurden, sind auch im modernen Deutschland relevant, wo Debatten über nationale Identität und Einbürgerung fortbestehen. Diese historischen Vergleiche verdeutlichen, dass rassistische Denkmuster und deren gesellschaftliche Konsequenzen auch heute noch von Bedeutung sind.
Zu Beginn der Kolonie Deutsch-Südwestafrika heiraten Kolonisten auch einheimische Frauen. Der alltägliche Rassismus führt schließlich zu einem Eheverbot durch die Behörden.
In diesem Zeitzeichen erzählt Tobias Sauer:
wie es zu einem Ehe-Verbot kommt, das auch rückwirkend gelten soll,
warum sich die Kolonialverwaltung vor Kindern fürchtet,
warum man davon ausgeht, weiße Frauen könnten dem Tropenklima nicht standhalten,
warum das Berliner Reichsjustizamt das Ehe-Verbot kritisch sieht,
welche Auswirkungen das Verbot auf das alltägliche Leben hat.
Seit Gründung der Kolonie Deutsch-Südwestafrika 1884 bis zu ihrem Ende ziehen 15.000 Deutsche dorthin, um sich ein neues Leben aufzubauen. Viele sind jung, unverheiratet und getrennt von ihren Familien. Einige von ihnen heiraten deshalb einheimische Frauen.
Doch bald wächst die Angst, diese Siedler könnten im fernen Afrika ihr Deutschsein verlieren. Zudem sind nach deutschem Staatsbürgerschaftsrecht sowohl die Ehefrauen als auch die Kinder deutscher Männer automatisch deutsche Staatsbürger. Auch das gefällt nicht jedem. So verbietet das Kolonialgouvernement 1905 Eheschließungen zwischen deutschen Siedlern und indigenen Frauen. Später müssen sogar bereits geschlossene Ehen wieder aufgelöst werden.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
Livia Rigotti, Historikerin
Jürgen Zimmerer, Historiker
Horst Gründer: Geschichte der deutschen Kolonien, Paderborn 2012.
Gisela Graichen, Horst Gründer (Hgg.): Deutsche Kolonien: Traum und Trauma, Berlin 2005.
Jürgen Zimmerer: Deutsche Herrschaft über Afrikaner, Münster 2025.
Jürgen Zimmerer: Von Windhuk nach Auschwitz?, Münster 2025.