Inga Bones, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Karlsruher Institut für Technologie, erklärt in dieser spannenden Diskussion die vielschichtige Definition von Hassrede. Sie beleuchtet die historische Entwicklung des Begriffs und die rechtlichen sowie moralischen Implikationen. Besonders interessant sind die Aspekte der geschützten Eigenschaften wie Rasse und Geschlecht. Bones thematisiert die Herausforderungen, Hassrede von weniger schweren diskriminierenden Äußerungen abzugrenzen, und analysiert die Rolle von sexistischer Hassrede sowie kodierter Sprache in unserem sozialen Diskurs.
Der Begriff 'Hate Speech' geht über beleidigende Äußerungen hinaus und beinhaltet komplexe moralische und rechtliche Dimensionen, die gesellschaftliche Auseinandersetzungen erfordern.
Slurs spielen eine zentrale Rolle in der Hate Speech, da sie spezifische soziale Gruppen diskriminieren und tiefere gesellschaftliche Spannungen widerspiegeln.
Deep dives
Definition von Hate Speech
Der Begriff 'Hate Speech' wird als eine Lehnübersetzung des englischen Ausdrucks betrachtet und hat seinen Ursprung in den USA, insbesondere in den 1980er und 90er Jahren. Inga Bones argumentiert, dass Hate Speech weit über einfache beleidigende Äußerungen hinausgeht, indem sie eine moralische und rechtliche Dimension beinhaltet. Die Klassifikation von Äußerungen als Hate Speech ist damit nicht neutral, sondern drückt ein Urteil über deren Verwerflichkeit aus. Diese moralische Dimension macht den Begriff umstritten, da er eng mit der Meinungsfreiheit verknüpft ist und die gesellschaftliche Auseinandersetzung darüber, was als Hate Speech gilt, von großer Relevanz ist.
Gesellschaftliche Auswirkungen von Hate Speech
Die Podcast-Episode thematisiert verschiedene aktuelle Beispiele für Hate Speech in Deutschland, angefangen bei Drohungen gegen öffentliche Persönlichkeiten wie Walter Lübcke bis hin zu den antisemitischen Äußerungen nach dem Anschlag der Hamas. Besonders betont wird, dass während der Corona-Pandemie Wissenschaftler und Politiker, wie Christian Drosten und Karl Lauterbach, vermehrt Opfer von Hassreden wurden. Diese Vorfälle verdeutlichen, wie Hate Speech nicht nur in digitalen Räumen, sondern auch in der Öffentlichkeit und Politik präsent ist. Zudem liefert die Episode statistische Daten, die belegen, dass ein erheblicher Teil der Internetnutzer bereits mit Hate Speech konfrontiert wurde.
Die Rolle von Slurs in Hate Speech
Im Vortrag wird eine besondere Aufmerksamkeit auf Slurs gelegt, da diese in der Hate Speech eine zentrale Rolle spielen. Slurs sind abwertende Ausdrücke, die eine spezifische soziale Gruppe diskriminieren und deren Verwendung als eine Form der Verachtung angesehen wird. Die Episode diskutiert, wie Slurs nicht nur eine sprachliche Beleidigung darstellen, sondern auch tieferliegende gesellschaftliche Spannungen widerspiegeln können. Inga Bones stellt heraus, dass das Verständnis von Slurs als solche die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung von Hate Speech und deren Auswirkungen auf die betroffenen Gruppen betont.
Herausforderungen bei der Definition von Hate Speech
Die Definition von Hate Speech ist komplex und stellt eine Herausforderung dar, da sie oft zu weit gefasst oder ungenau interpretiert wird. Inga Bones wendet sich gegen die Annahme, dass jede diskriminierende Äußerung automatisch als Hate Speech klassifiziert werden sollte, da dafür ein gewisser Schweregrad erforderlich ist. Hierbei wird auch auf internationale Standards, wie die UN-Definition von Hate Speech, verwiesen, die geschützte Eigenschaften wie ethnische Zugehörigkeit oder Religion berücksichtigt. Die Diskussion über die präzise Definition von Hate Speech bleibt weiterhin ein zentrales und kontroverses Thema in der Gesellschaft.
Ursprünglich stammt der Begriff "Hate Speech" aus den USA. Seit einiger Zeit wird er auch auf deutsch verwendet. Doch was ist mit "Hassrede" eigentlich genau gemeint?
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Inga Bones ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Department für Philosophie des Karlsruher Instituts für Technologie. Ihr Vortrag hat den Titel "Hassrede - Versuch einer Definition". Sie hat ihn am 21. Mai 2024 im Rahmen der Vorlesungsreihe "Sprachliche Ungerechtigkeiten" in Gießen gehalten. Organisiert hat diese Reihe das Collegium Gissenum der Justus-Liebig-Universität Gießen.
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