"Wir erleben eine massive antisemitische Radikalisierung"
Jan 30, 2024
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Samuel Salzborn, Experte für Antisemitismus in Berlin, beschreibt die alarmierende Zunahme antisemitischer Aggressionen seit dem 7. Oktober. Er diskutiert die gefährliche Rolle sozialer Medien bei der Radikalisierung und fordert eine verstärkte Thematisierung von Antisemitismus im Schulunterricht. Zudem erklärt Salzborn die drängenden Sicherheitsherausforderungen und die Maßnahmen, die Behörden umsetzen müssen, um die Gesellschaft zu schützen. Seine persönliche Sichtweise zeigt die Notwendigkeit für einen kritischen Dialog über Antisemitismus.
Die radikale Zunahme antisemitischer Einstellungen zeigt sich deutlich in sozialen Medien, wo Gleichgesinnte ihre Ansichten ungehindert äußern können.
Eine entscheidende Maßnahme im Kampf gegen Antisemitismus ist die Verbesserung der Bildung und Sensibilisierung, insbesondere bei Lehrern und Polizei.
Deep dives
Reflexion über Antisemitismus
Die Auseinandersetzung mit Antisemitismus erfordert eine kritische und selbstkritische Haltung, die es ermöglicht, die Ambivalenz in diesem Thema zu reflektieren. Es wird betont, dass die Gesellschaft die Chance hat, Antisemitismus schrittweise abzubauen, wenngleich dies nicht ohne Herausforderungen bleibt. Diese Reflexion ist besonders relevant in Anbetracht der jüngsten antisemitischen Vorfälle und der damit verbundenen gesellschaftlichen Diskussionen. Es wird die Hoffnung geäußert, dass signifikante Reduzierungen in Bezug auf Antisemitismus möglich sind, auch wenn unklar bleibt, ob dies im eigenen Lebenszeitraum geschehen kann.
Zunahme des Antisemitismus und öffentliche Wahrnehmung
In den letzten Jahren ist Antisemitismus nicht nur sichtbarer geworden, sondern auch radikalisiert, was insbesondere durch soziale Medien verstärkt wird. Menschen mit antisemitischen Einstellungen finden in diesen Plattformen Gleichgesinnte und können ihre Ansichten einfacher öffentlich äußern. Diese erhöhte Sichtbarkeit geht Hand in Hand mit einer Verringerung der individuellen Hemmschwelle, antisemitische Äußerungen oder gar gewalttätige Taten zu begehen. Die gegenwärtige Situation wird als besorgniserregend angesehen, da antisemitische Versammlungen und gewalttätige Ausschreitungen zugenommen haben.
Aktuelle Herausforderungen und Sicherheitsmaßnahmen
Seit dem Überfall der Hamas auf Israel hat sich die Lage in Deutschland verschärft, und es werden zahlreiche antisemitische Vorfälle, einschließlich gewalttätiger Zusammenstöße, verzeichnet. In Berlin fand eine beunruhigende Eskalation statt, die die Sicherheit jüdischer Gemeinden in den Fokus rückt. Trotz der bereits organisierten Sicherheitsmaßnahmen besteht eine Fragilität in der aktuellen Situation, die von weiterhin möglichen Bedrohungen geprägt ist. Die Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden und der Zivilgesellschaft wird als entscheidend erachtet, um diesen Herausforderungen zu begegnen.
Präventionsansätze und Bildung
Ein wesentlicher Aspekt im Kampf gegen Antisemitismus liegt in der Bildung und der Sensibilisierung, insbesondere in Schulen und bei der Polizei. Es wird betont, dass Lehrer für das Thema Antisemitismus besser ausgebildet werden sollten, um frühzeitig auf antisemitische Äußerungen zu reagieren. Programme zur Sensibilisierung und fortlaufende Schulungen für Polizeibeamte sind ebenfalls von Bedeutung, um ein besseres Verständnis für Antisemitismus zu fördern. Letztlich wird die Notwendigkeit gesehen, dass gesellschaftliche Diskussionen und präventive Maßnahmen breiter verankert werden, um nachhaltige Veränderungen herbeizuführen.
“Seit dem 7. Oktober – dem antisemitischen Terroranschlag der Hamas – ist alles anders. Weltweit, in Deutschland, aber auch in Berlin. Wir erleben eine massive antisemitische Radikalisierung”, sagt Samuel Salzborn, der Ansprechpartner des Landes Berlin zu Antisemitismus.
Salzborn, 46, studierte Politikwissenschaft, Soziologie, Psychologie und Rechtswissenschaft in Hannover und promovierte in Köln. In seiner Habilitation ging es um Antisemitismus-Theorien, anschließend war er Professor an der Universität Göttingen. Seit 2020 arbeitet Salzborn in seiner jetzigen Funktion für das Land Berlin und sorgt etwa dafür, dass Polizei, Verwaltung und Sicherheitsbehörden in Sachen Antisemitismus geschult werden. Oder auch dafür, das Land Berlin sein „Landeskonzept zur Weiterentwicklung der Antisemitismus-Prävention“ umsetzt. Auch ist er Ansprechpartner für jüdische Institutionen.
Im Podcast erzählt Salzborn, weshalb er in Zeiten von antisemitischen Übergriffen kaum Feierabend machen kann und warum er denkt, dass sich Schülerinnen und Schüler in Deutschland verpflichtend im Unterricht mit Antisemitismus beschäftigen sollten.
"Frisch an die Arbeit" wird jeden zweiten Dienstag veröffentlicht. Das Team erreichen Sie unter frischandiearbeit@zeit.de.
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