Mike Göde, eine DDR-Punklegende und Sänger der Band Punishable Act, spricht über seine Erinnerungen an die Punkkultur der 80er Jahre. Er erzählt von den Herausforderungen und dem kreativen Widerstand im SED-Regime sowie von seinen eigenen Erfahrungen mit Repression und Überwachung. Besonders spannend ist die Geschichte seines geheimen Songs 'DDR Terrorstaat', der 1984 entstand. Göde reflektiert über den Einfluss des Punk auf Individualismus und Freiheit, der in der DDR nicht existierte, und vergleicht die Punk-Szenen im Osten und Westen.
Die Punk-Kultur in der DDR war ein Ausdruck des Widerstands gegen das autoritäre SED-Regime und bot Jugendlichen eine Plattform für individuellen Ausdruck.
Mike Göde beschreibt die brutalen Repressionen, denen Punks ausgesetzt waren, und wie diese die Solidarität unter den Mitgliedern der Szene verstärkten.
Konzerte in der DDR fanden unter extremen Bedingungen statt, wobei die Punks DIY-Prinzipien annahmen, um ihre kulturelle Identität zu festigen.
Nach dem Fall der Mauer erlebte die Punk-Szene eine Transformation, die es Bands ermöglichte, ihre Musik professionell zu verbreiten.
Mike göde betont die Bedeutung, als Band unabhängig zu bleiben, um Authentizität und Integrität in der Musik zu wahren.
Deep dives
Die Entwicklung der Punk-Kultur in der DDR
Die Punk-Kultur in der DDR bestand aus einer rauen Gemeinschaft von Jugendlichen, die sich gegen das autoritäre Regime auflehnten. Musiker wie Mike Göde, Sänger der Band Betonromantik, wurden Teil dieser Subkultur und prägten sie in den frühen 80er Jahren. Diese Bewegung war nicht glamourös, sondern zeichnete sich durch Widerstand und Entbehrungen aus, da der Zugang zu westlicher Musik stark eingeschränkt war. Trotz aller Schwierigkeiten erlebte die Punk-Szene in der DDR eine gewisse Solidarität unter den Mitgliedern, die durch den gemeinsamen Wunsch nach Freiheit und individueller Ausdruck geprägt war.
Einblick in die Lebensrealität von Punk-Musikern
Mike Göde teilt seine Erinnerungen an die seinerzeit brutalen Bedingungen für junge Punks in der DDR, einschließlich der ständigen Bedrohung durch die Polizei und das repressiv agierende Staatssystem. Er beschreibt, wie diese Repressionen ein Gefühl von Resilienz und Zusammenhalt zwischen den Punks hervorbrachten. Die erste Berührung mit Punk begann für Mike durch seinen älteren Bruder, was eine schlagartige Veränderung seines Lebensstils und seiner Ansichten mit sich brachte. Diese Erlebnisse waren prägend, da sie ihn und seine Freunde dazu brachten, ihre eigene Identität zu erkunden und zu verteidigen.
Die Rolle der Musik in der Subkultur
Musik wurde für die Punks in der DDR zu einem essenziellen Ventil, um Emotionen und Protest auszudrücken. Neben Punk-Rock-Elementen integrierten sie auch Einflüsse aus der Hip-Hop-Kultur, was ihren Sound bereicherte. Konzerte wurden oft unter extremen Bedingungen organisiert, in denen die Subkultur nicht nur musikalisch, sondern auch sozial zusammenwuchs. Dieses musikalische Engagement, das auf DIY-Prinzipien basierte, ermöglichte es den Punks, ihre kulturelle Identität zu festigen und gleichzeitig Kritik an ihrem Umfeld zu üben.
Der Einfluss der Wende auf die Punk-Szene
Mit dem Fall der Mauer erlebte die Punk-Szene eine transformative Phase, die es den Bands ermöglichte, ihre Musik zu verbreiten und auf neue Höhen zu gelangen. Mike Göde und seine Kollegen sahen die Chance, ihr Schaffen zu professionalisieren und tourten durch Europa. Die großen Punk- und Hardcore-Bands aus den USA wurden zu Vorbildern, während gleichzeitig die eigene Identität beibehalten wurde. Trotz der neu gewonnenen Freiheit erlebten die Musiker auch die Herausforderungen einer zunehmend kommerzialisierten Musikindustrie.
Herausforderungen und Triumphe im Einklang mit der Musik
Die Entscheidung, sich und die eigene Musik unabhängig zu halten, war für Mike Göde von großer Bedeutung. Er schildert, wie er sich in der Musikindustrie nie prostituieren wollte, um Erfolg zu haben. Stattdessen fokussierten er und seine Band darauf, einen authentischen und unverfälschten Sound zu kreieren. Diese Philosophie half ihnen, ihre Integrität und Identität als Band zu bewahren, was ihnen auch langfristigen Respekt in der Szene einbrachte.
Die Rückkehr zu den Wurzeln der Punkkultur
Als langjährige Band hat Punishable Act stets den Kontakt zu ihren Wurzeln gehalten, was sich in ihren Musikern und der Art und Weise widerspiegelt, wie sie ihre Konzerte gestalten. Sie stehen für eine gehegte Tradition der Punk-Kultur, die von Authentizität, Gemeinschaft und Respekt geprägt ist. Die Musiker verfolgen auch heute noch ihre Passion und spielen regelmäßig vor treuen Fans, die die Bedeutung dieser Tradition verstehen. Diese Nähe zur Basis und der unabhängige Geist sind zentrale Werte, die immer weiter gepflegt werden.
Die Bedeutung der Gemeinschaft in der Punk-Szene
Gemeinschaft war für viele Punks eine Überlebensstrategie, besonders in repressiven Umgebungen. Mike Göde hebt hervor, wie wichtig der Zusammenhalt in der Punk-Szene war, um gemeinsam gegen die Widrigkeiten anzukämpfen. Diese Solidarität erweiterte sich über den Musikrahmen hinaus und schuf ein Gefühl der Zugehörigkeit. Selbst heute ist das Gefühl der Gemeinschaft nach wie vor stark, während die Band und ihre Fans weiterhin als eine Einheit auftreten.
Persönliche und musikalische Entwicklung im Laufe der Jahre
Im Laufe der Jahre hat Mike Göde nicht nur als Musiker, sondern auch als Mensch eine bedeutende Entwicklung durchgemacht. Seine Erfahrungen in der Punk-Kultur haben ihn geprägt und seinen Musikstil beeinflusst. Diese persönlichen und musikalischen Entwicklungen stehen in enger Verbindung mit den Veränderungen innerhalb der Punk-Szene und der Gesellschaft insgesamt. Seine Rückkehr zu den Wurzeln der Musik zeigt den unerschütterlichen Glauben an die Werte, die von der Punkbewegung vermittelt werden.
Zukunftsperspektiven und aktuelle Projekte
Die Band Punishable Act plant, sich auch in Zukunft aktiv an der Musikszene zu beteiligen und neue Musik zu produzieren. Mike und sein Team konzentrieren sich auf die Veröffentlichung von EPs und das Drehen von Musikvideos, während sie bei Live-Auftritten versuchen, eine einzigartige Erfahrung zu schaffen. Trotz der Herausforderungen, die mit der Musikbranche verbunden sind, bleibt das Team von Punishable Act optimistisch und engagiert, ihre Leidenschaft für die Musik auf kreative Weise fortzusetzen. Der Blick in die Zukunft bleibt voller Hoffnung und Inspiration, während sie ihren Platz in der Musikszene weiterhin verteidigen.
Reflexion über die Punk-Kultur heute
Mike Göde reflektiert darüber, wie die Punk-Kultur sich im Laufe der Jahre verändert hat und welche Herausforderungen sich daraus ergeben haben. Er erkennt die Spannung zwischen den ursprünglichen Werten der Subkultur und den neuen Tendenzen, die die Punk-Szene stärker politisieren und regulieren wollen. Gleichzeitig bleibt er optimistisch, dass die Grundwerte des Punk, wie Individualität und Selbstbestimmung, weiterhin bestehen bleiben werden. Anhand von persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen wird deutlich, dass wahre Punk-Identität in der Akzeptanz von Vielfalt und im gemeinsamen Widerstand gegen Ungerechtigkeit verwurzelt ist.
Endlich unterhalte ich mich auch mal mit einer DDR-Punklegende: Mike Göde aus Berlin ist zu Gast. In den 80ern sang und spielte er im Osten bei Bandsalat, Betonromantik und Reasors Exzesz und seit 1993 ist er Sänger bei einer der dienstältesten deutschen Hardcore-Bands, Punishable Act, die ich vor fast 20 Jahren auch mal live gesehen habe. Wir sprechen ausgiebig über Punk in der DDR, über Mikes erste Bands, Konzerte von Westbands in der Zone, die Repression des SED-Regimes, das Verhältnis der DDR-Punks untereinander und zu den sogenannten "anderen Bands", Gewalt auf der Straße, die Ende der 80er aufkommenden Naziskins, die Wende 1989, die Zeit der Gesetzlosigkeit im Osten nach dem Mauerfall, Hardcore in den 90ern, DIY, Konzerte in Südostasien, Wokeness und starre Regelwerke im Punk und über die Philosophie des Punk, die auf Individualismus und Freiheit basiert. Diese zieht sich auch als roter Faden durch unser langes Gespräch und genau diese Freiheit war in der DDR nicht vorhanden, weshalb Mike 1984 auch streng konspirativ den Song "DDR Terrorstaat" aufnahm, der erst lange nach dem Mauerfall veröffentlicht und 2022 zum ersten Mal überhaupt live gespielt wurde.