Scham - Warum manche Pornos sich hinter dem Label "Sexual Wellness" verstecken
Sep 15, 2023
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Madita Oeming, unabhängige Porno-Wissenschaftlerin und Autorin von "Porno, eine unverschämte Analyse", beleuchtet die Scham, die viele mit Pornos verbinden. Sie diskutiert, warum der Begriff 'Sexual Wellness' häufig verwendet wird, um das Wort Porno zu vermeiden und welche historische Chance zur Enttabuisierung verpasst wurde. Zudem räumt sie mit Mythen auf, die behaupten, Frauen konsumieren Pornos anders als Männer. Die Bedeutung von fairen Arbeitsbedingungen in der Pornografie und der Bedarf an besserer sexueller Bildung werden ebenfalls thematisiert.
Die Verschiebung hin zu 'Sexual Wellness' zeigt, dass Pornografie zunehmend als Bildungsmedium wahrgenommen wird, was jedoch die unterhaltsame Natur des Mediums missversteht.
Die Annahme, dass Frauen und Männer unterschiedlich Pornografie konsumieren, wird als überholt angesehen, was auf tiefere gesellschaftliche Stereotypen hindeutet.
Deep dives
Die Entwicklung von Pornografie und Sexual Wellness
Die aktuelle Diskussion um Pornografie zeigt eine Verschiebung hin zu Konzepten wie 'Sexual Wellness', bei denen Pornos nicht mehr nur als sexueller Anreiz, sondern auch als eine Form von Bildung betrachtet werden. Ein Beispiel hierfür sind hochwertige pornografische Filme, die versuchen, informative Elemente zu integrieren und Aspekte wie Safer Sex oder echte zwischenmenschliche Interaktionen zu zeigen. Madita Oeming, eine Pornoforscherin, betont jedoch, dass der Anspruch an Pornos, lehrreich zu sein, ein Missverständnis des Mediums darstellt, das vorrangig zur Unterhaltung dient. Sie plädiert dafür, Pornografie als das zu akzeptieren, was sie ist: ein Unterhaltungsmedium, das auch übertriebene und unrealistische Darstellungen bieten darf, ohne den Druck zu verspüren, bildend sein zu müssen.
Die Stigmatisierung von Pornografie
Die Stigmatisierung von Pornografie führt dazu, dass der Begriff oft umschrieben wird, um eine negative Konnotation zu vermeiden. Anstelle von Aufwertung wird versucht, den Begriff zu vermehren und als akzeptabel darzustellen, was laut Oeming ein grundlegendes Missverständnis der positiven Aspekte von Pornografie ist. Indem man sexuelle Lust und Masturbation als wertvoll ansieht, spiegelt sich eine zugrunde liegende Scham wider, die vor allem Frauen betrifft. Die Debatte um Pornografie sollte sich auf die Normalisierung und Akzeptanz dieser Konzepte konzentrieren, anstatt sich darauf zu versteifen, sie umzubenennen oder zu beschönigen.
Der Einfluss gesellschaftlicher Geschlechterrollen auf den Pornokonsum
Die Annahme, dass Frauen und Männer grundlegend unterschiedliche Arten von Pornografie konsumieren, wird hinterfragt und als überholt betrachtet. Oeming argumentiert, dass das gesellschaftliche Narrativ Frauen oft als passive Teilnehmer an sexuellen Aktivitäten darstellt, während Männer als aktives Verlangen gezeigt werden. Studien zeigen, dass die sexuellen Fantasien von Männern und Frauen nicht so unterschiedlich sind, wie oft gedacht, und dass individuelle Unterschiede viel stärker ausgeprägt sind. Der historische Kontext, insbesondere in Bezug auf die sexuelle Revolution, verdeutlicht, dass die Möglichkeiten, Pornografie gesellschaftlich zu diskutieren und aufzuwerten, möglicherweise nicht optimal genutzt wurden.
Scham - Warum manche Pornos sich hinter dem Label "Sexual Wellness" verstecken
Obwohl Deutschland eines der Länder mit dem höchsten Porno-Konsum ist, wird auch bei uns nicht unbedingt offen übers Pornoschauen gesprochen. Es gibt sogar immer mehr Anbieter, die ihr Angebot mit Schlagworten wie "Sexual Wellness" oder "erotische Filme" bewerben, aber bloß das Wort Porno vermeiden.
Warum das eher nichts mit Internet-Zensur, sondern vielmehr mit Scham zu tun hat und warum diese Angebote vor allem eine weibliche Zielgruppe haben, klären wir in dieser Episode mit der unabhängigen Porno-Wissenschaftlerin Madita Oeming. Und wir fragen uns: woher kommt eigentlich der Mythos, dass Frauen anders Pornos gucken als Männer?
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Ihr hört in dieser "Eine Stunde Liebe":
00:02:10 - Madita Oeming spricht über die Angst vor dem Wort "Porno"
00:07:30 - Luna und Esti von "Porn Better" sprechen über faire Pornos
00:09:10 - Madita Oeming spricht darüber, wann wir eine historische Chance verpasst haben, dem Porno die Scham zu nehmen
00:21:20 - Rieke spricht im Liebestagebuch über eine vergangene Affäre