#125 "In der Leichenhalle": Der Fall Sonja Sagmeister vs. ORF
Nov 22, 2024
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Sonja Sagmeister, ehemalige ORF-Journalistin mit über 30 Jahren Erfahrung, spricht über ihren Kampf gegen die Kündigung, die sie für ungerechtfertigt hält. Sie thematisiert die Herausforderungen der journalistischen Unabhängigkeit und den Druck auf Journalisten im ORF. Außerdem beleuchtet sie die Probleme von Nebentätigkeiten und interne Konflikte innerhalb des Unternehmens. Sagmeister analysiert die ethischen Herausforderungen, die mit der Erstellung von Nachrufen verbunden sind, sowie die tief verwurzelten Schwierigkeiten, die die Pressefreiheit in Österreich gefährden.
Sonja Sagmeister sieht ihre Kündigung als Zeichen für die ernsthaften Bedrohungen der Pressefreiheit und der journalistischen Unabhängigkeit.
Der ORF weist die Vorwürfe der politischen Einflussnahme zurück und beruft sich auf angebliche Verstöße gegen interne Richtlinien.
Sagmeister kritisiert den Druck von Vorgesetzten und politischen Akteuren, der die Integrität und Qualität des Journalismus gefährdet.
Ihre Entscheidung, rechtliche Schritte einzuleiten, dient als öffentliches Zeichen gegen Ungerechtigkeiten und für Veränderungen im Journalismus.
Deep dives
Fall Sagmeister und ORF: Ein Journalist kämpft für seine Rechte
Sonja Sagmeister, eine erfahrene Journalistin, wurde nach 30 Jahren beim ORF gekündigt und hat gegen diese Entscheidung rechtliche Schritte eingeleitet. Ihr Fall hat bereits nationale Aufmerksamkeit aufgrund der möglicherweise damit verbundenen Fragen zur Pressefreiheit gewonnen. Sagmeister sieht ihre Situation als Beispiel für die Gefahren, die die Unabhängigkeit des Journalismus bedrohen, insbesondere in einer Zeit, in der wahrgenommen wird, dass politische Interventionen in die Berichterstattung zunehmen. Der ORF hingegen hat die Vorwürfe der Einmischung zurückgewiesen und argumentiert, dass ihre Kündigung auf angeblichen Verstößen gegen interne Richtlinien basiert.
Das Kocher-Interview: Eingriffe in die journalistische Freiheit?
Die Konflikte begannen nach einem Interview mit Martin Kocher, dem Wirtschaftsminister, bei dem Sagmeister eine kritische Haltung an den Tag legte, die nicht mit der vorgegebenen Interviewagenda übereinstimmte. Sie fühlte sich in ihrer journalistischen Freiheit eingeschränkt, als ihre Vorgesetzte vorgab, dass sie nur die Fragen stellen dürfe, die vorher abgesprochen waren. Sagmeister beschrieb die Situation als unethisch, da sie die Aufgaben eines Journalisten nicht als 'Botin' wahrnehmen wollte, sondern kritisch hinterfragen wollte. Diese Auseinandersetzung mündete in eine Diskussion über die Standards des ORF und die Unabhängigkeit der Berichterstattung.
Politischer Druck und interne Anforderungen
Sagmeister schildert, dass der Druck nicht nur von außen durch politische Akteure kam, sondern auch durch ihre Vorgesetzten, die sich aus Opportunismus der politischen Agenda anpassen wollten. Die Praxis, Interviews zu 'bestellen', um die gewünschten Botschaften zu transportieren, sieht sie als ernsthafte Bedrohung für die Pressefreiheit an. Darüber hinaus stellt sie fest, dass solche Eigeninteressen der Vorgesetzten dazu führen, dass Journalisten an ihrer Integrität und Unabhängigkeit zweifeln. Diese Dynamik führt dazu, dass kritische Stimmen innerhalb des ORF verstummen und die Qualität des Journalismus insgesamt leidet.
Die Folgen der Ablehnung von Einflussnahme
Nach dem Interview mit Kocher wurde Sagmeister unter Druck gesetzt, indem sie mit Nachteilen in ihrer Karriere rechnen musste, weil sie sich weigerte, sich diesen Eingriffen zu beugen. Sie vermeldet, dass die Reaktion auf ihre offizielle Beschwerde über die Interventionen nicht nur ihre Arbeitsbedingungen verschlechterte, sondern sie letztendlich zu ihrer Kündigung führte. Ihre Weigerung, sich der vorgegebenen Berichterstattung zu fügen, wurde als rote Linie angesehen, die sie überschritt. Diese Gesten des Widerstands gelten nicht nur als persönliche, sondern auch als kollektive Herausforderung für die Integrität der journalistischen Praxis im ORF.
Die Umstellung auf einen 'Inneren Dienst'
Nach ihrer Kündigung und den darauffolgenden Strukturen sah sich Sagmeister gezwungen, eine Vielzahl von Nachrufen als neue Aufgabe zu übernehmen, was sie als Abwertung ihrer Arbeit empfand. Diese Zuweisung von Aufgaben, die ihrer Meinung nach nichts mit ihrem eigentlichen Beruf zu tun hatten, verstärkte ihre Besorgnis über die innerbetriebliche Kultur. Es wurde deutlich, dass die Verantwortlichen im ORF versuchten, sie in die Rolle einer Journalistin zu drängen, die sich nicht mehr frei bewegen konnte. Diese unerwartete Umstellung führte nicht nur zu einem Verlust an Selbstwertgefühl, sondern auch zu einer Abnahme ihrer Möglichkeiten, investigativen Journalismus auszuüben.
Reaktion des ORF auf Pressefreiheit und Unterdrückung interner Kritik
Der ORF wurde kritisiert für seinen Umgang mit Mitarbeitern, die interne Missstände ansprechen, wobei Sagmeister darauf hinweist, dass die bestehenden Mechanismen zur Meldung von Mobbing und anderen Kritikpunkten ineffektiv sind. Das Fehlen von Transparenz und der Eindruck, dass interner Druck auf aufrechte Journalisten ausgeübt wird, gefährden das Vertrauen in die Integrität der gesamten Institution. Die nach außen hin gelebte Pressefreiheit scheint durch interne Strukturen untergraben zu werden, die kritische Stimmen unterdrücken. Solche Bedingungen schaffen eine Atmosphäre, in der Mitarbeiter das Gefühl haben, ihre Stimmen seien nicht sicher, wodurch die Qualität des Journalismus sinken könnte.
Persönliche Konsequenzen und der Perspektivenwechsel
Obwohl sie große Loyalität gegenüber dem ORF und dem Journalismus hat, sieht Sagmeister sich gezwungen, den Rechtsweg zu beschreiten, um ihre Integrität zu wahren. Ihre Entscheidung, die Kündigung anzufechten, ist sowohl ein persönlicher als auch ein öffentlicher Akt des Widerstands gegen wahrgenommene Ungerechtigkeiten und Missstände im System. Sagmeister glaubt daran, dass die Offenlegung ihrer Erfahrungen dazu beitragen kann, positive Veränderungen in der Branche zu bewirken. Diese Auseinandersetzungen sind nicht nur für sie selbst von Bedeutung, sondern auch für die generationsübergreifende Diskussion über den Stand der Pressefreiheit in Österreich.
Von Edith Meinhart und Michael Nikbakhsh. In Episode #125 sprechen wir mit Sonja Sagmeister. Sie war rund 30 Jahre als Journalistin für den ORF tätig, ehe sie gekündigt wurde. Sagmeister hat die Kündigung vor dem Arbeits- und Sozialgericht angefochten, das Verfahren ist noch nicht entschieden.
Die Journalistin sagt, sie sei entfernt worden, weil sie allzu energisch für Pressefreiheit und unabhängigen Journalismus eingetreten sei.
Der ORF verneint das – vielmehr habe sie Nebenbeschäftigungen nicht offengelegt. Eine Orientierung.Die Dunkelkammer ist ein Stück Pressefreiheit.
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