Welche Rolle will Deutschland in der Welt spielen? Mit Eckart Lohse und Florence Gaub
Dec 11, 2024
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Eckart Lohse, Leiter der Parlamentsredaktion der FAZ und Experte für deutsche Außenpolitik, diskutiert mit Anne Will die Rolle Deutschlands in der Welt. Sie beleuchten die Herausforderungen der deutschen Sicherheitspolitik im Kontext des Ukraine-Kriegs. Lohse gibt Einblicke in Friedrich Merz' außenpolitische Ambitionen und deren Auswirkungen. Außerdem thematisieren sie die Beziehungen zu Frankreich und Polen sowie die geopolitischen Spannungen, die durch eine mögliche Rückkehr von Trump zur NATO aufkommen könnten.
Friedrich Merz' ambivalente Wahrnehmung seiner politischen Rolle zeigt den Druck und die Unsicherheiten bei den bevorstehenden Wahlen in Deutschland.
Die unterschiedlichen Ansätze von Merz und Scholz zur Unterstützung der Ukraine reflektieren die tiefen politischen Differenzen in der deutschen Außenpolitik.
Die Sensibilität in der öffentlichen Diskussion über Waffenlieferungen verdeutlicht die Herausforderungen, vor denen Politiker in Bezug auf gesellschaftliche Spannungen stehen.
Deep dives
Die Relevanz von Reisen mit Politikern
Reisen mit Politikern bieten Journalisten einen einzigartigen Einblick in die politischen Dynamiken und Entscheidungsprozesse. Während solcher Reisen ist der Fokus oft auf offizielle Übereinkünfte und Gespräche gerichtet, was bedeutet, dass ein Journalist selten umfassende Eindrücke des Landes erhält, obwohl er physisch anwesend ist. Es ist ein enger Rahmen, in dem die Journalisten teilnehmen können, was die Tiefe des Verständnisses über die besuchten Länder einschränkt. Dennoch können sie durch das Beobachten von Interaktionen und Ereignissen wertvolle Einsichten über die politischen Akteure und deren Sichtweisen gewinnen.
Eckhard Lohse über Friedrich Merz
Friedrich Merz, der Oppositionsführer, hat während seiner Reisen das Gefühl, dass er sich näher an einer potenziellen Kanzlerschaft befindet. Lohse reflektiert über Merz' ambivalente Wahrnehmung seiner Rolle und betont, dass Merz, da er sich nach Jahren in der politischen Abgeschiedenheit erneut engagiert, von einem ehrgeizigen Ziel angetrieben wird. Die Beurteilung von Merz’ Chancen auf eine Kanzlerschaft wird nuanciert dargestellt, da die Vergangenheit zeigt, dass Umfragevorteile nicht immer in Wahlsiege umschlagen. Diese Dynamik ist besonders relevant, da der historische Vergleich zu früheren Kanzlerkandidaten und deren unverhofften Rückschlägen verdeutlicht, wie gefährlich der politische Kurs sein kann.
Deutschlands Rolle in der Welt
Die sich verändernde internationale Lage zwingt Deutschland, über seine Rolle und Außenpolitik nachzudenken. Ein zentraler Punkt ist der Ansatz von Merz, der für eine starke Militärpräsenz und Unterstützung für die Ukraine plädiert, um Russland in die Schranken zu weisen. Im Gegensatz dazu stehen ältere Formulierungen des amtierenden Kanzlers Olaf Scholz, die einen ausgewogeneren Ansatz propagieren, in der Hoffnung, niemanden zu provozieren. Diese semantischen Differenzen sind entscheidend, da sie direkte Auswirkungen auf zukünftige Handlungen Deutschlands in der geopolitischen Arena haben werden.
Die Debatte über Waffenlieferungen
Obwohl die Unterstützung der Ukraine vielfach als notwendig erachtet wird, zeigt die öffentliche Meinung eine Diskussion über die Lieferung von Waffen, insbesondere des Taurus Marschflugkörpers. Der politisch sensible Umgang mit diesen Themen ist für Merz von Bedeutung, da er abwägt, wie er auf die Forderungen nach militärischer Unterstützung reagiert, ohne gesellschaftliche Spannungen zu verursachen. Lohse hebt hervor, dass die Lieferung von Waffen weitreichende Auswirkungen auf die öffentliche Wahrnehmung und politischen Prioritäten haben könnte. Dies verdeutlicht, wie vorsichtig der Ansatz strategischer Unterstützung gestaltet werden muss, um nicht in politische und gesellschaftliche Fallstricke zu geraten.
Politische Unsicherheit und Führungsfragen
Die Unsicherheiten, die mit bevorstehenden Wahlen und dem wachsenden politischen Druck verbunden sind, stellen die gegenwärtige Regierung vor Herausforderungen. Es gibt Überlegungen darüber, wie sich Scholz gegen seine politischen Gegner behaupten kann und inwieweit Merz als potenzieller Kanzler wahrgenommen wird. Die Dynamik wird durch historische Kontexte und frühere Wahlerfahrungen geprägt, die zeigen, wie schnell sich politische Landschaften verändern können. Diese Unbeständigkeit erfordert von den Führenden sowohl strategisches Denken als auch angepasstes Handeln, um sowohl den Wählerwillen zu gewinnen als auch innerparteiliche Differenzen zu entschärfen.
In Syrien wird der Diktator Assad gestürzt. Frankreich und Polen sprechen über Friedenstruppen für die Ukraine. Und der künftige US-Präsident Trump stellt erneut die Mitgliedschaft in der NATO unter Bedingungen. Und Deutschland? Macht Wahlkampf. Friedrich Merz reist wie ein Schattenkanzler nach Kiew und Warschau. Olaf Scholz inszeniert sich als Friedenskanzler und schürt Kriegsangst.
Welche Rolle will Deutschland in der Welt spielen? Diese Frage stellt Anne Will in dieser Folge Eckart Lohse. Der Leiter der Parlamentsredaktion der F.A.Z. ist ein ausgewiesener Kenner der deutschen Außenpolitik. Er hat Friedrich Merz nach Kiew und Warschau begleitet und gibt Einblicke in dessen außenpolitische Agenda.
Außerdem diskutieren Anne Will und Eckart Lohse, wie die Beziehungen Deutschlands zu Frankreich und Polen wieder besser werden können und wie eine künftige Bundesregierung höhere Ausgaben für die Sicherheit finanzieren will. Darüber steht natürlich die Frage: wer gewinnt das Rennen um das Kanzleramt?
Der Redaktionsschluss für diese Folge war Mittwoch, 11. Dezember 2024, um 17:00 Uhr.