Regierungskrise in Österreich: “Das Vertrauen in die Demokratie erodiert”
Feb 12, 2025
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Verena Mayer ist SZ-Korrespondentin in Wien und beleuchtet die aktuelle Regierungskrise in Österreich. Sie diskutiert die gescheiterten Koalitionsverhandlungen zwischen der FPÖ und der ÖVP, die durch gravierende Differenzen in der Außen- und Europapolitik scheiterten. Mayer zeigt auf, wie das Vertrauen der Bevölkerung in die Demokratie erodiert und welche politischen Machtspiele im Hintergrund stattfinden. Zudem werden die strategischen Überlegungen zur Ministerienverteilung und mögliche Szenarien für die Zukunft angesprochen.
Die gescheiterten Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP verdeutlichen grundlegende Differenzen in der Außen- und Europapolitik, die eine Einigung unmöglich machen.
Die anhaltende Regierungskrise könnte das Vertrauen der Bürger in die Demokratie erodieren und extremistischen Parteien in Österreich Auftrieb geben.
Deep dives
Regierungskrise in Österreich
Österreich steht vor einer ernsthaften Regierungskrise, nachdem die Koalitionsgespräche zwischen der FPÖ und der ÖVP gescheitert sind. Ursprünglich strebten die beiden Parteien eine gemeinsame Regierung an, doch in den letzten Wochen traten grundlegende Differenzen zutage, die eine Einigung unmöglich machten. Insbesondere die europapolitischen Ansichten und sicherheitspolitischen Positionen der FPÖ unter Herbert Kickl kollidierten erheblich mit den Überzeugungen der ÖVP. Diese Uneinigkeit benutzte ein mehr als 200-seitiges Verhandlungspapier, das überwiegend rote (d.h. strittige) Punkte bezüglich zentraler Themen aufwies, und zeigt das Ausmaß der politischen Spaltung zwischen den beiden Parteien auf.
Ministerien und Machtkämpfe
Ein zentraler Streitpunkt in den Koalitionsverhandlungen war die Aufteilung der Ministerien, insbesondere das Finanz- und Innenministerium, beide von großer strategischer Bedeutung. Das Finanzministerium reguliert die Haushaltsführung, was in Anbetracht der drohenden Wirtschaftskrise eine entscheidende Rolle spielt. Das Innenministerium ist essenziell für die Polizei und Bürgerinnenschutz, Themen, die im Fokus der FPÖ stehen. Die Tatsache, dass beide Parteien auf diese Schlüsselressorts pochen, zeugt von der Dringlichkeit, ihre politischen Agenden durchzusetzen und gleichzeitig eine Kontrolle über den Sicherheitssektor zu wahren.
Auswirkungen auf die Demokratie
Die langfristige politische Unsicherheit in Österreich könnte das Vertrauen der Bürger in demokratische Prozesse erodieren, was zu einer breiteren Politikverdrossenheit führen könnte. In diesem Kontext ist die mögliche Rückkehr von Sebastian Kurz in die politische Arena, trotz seiner umstrittenen Vergangenheit, ein besorgniserregendes Signal für die Wähler. Die Erosion des Vertrauens in die Demokratie könnte extremistischen Parteien Auftrieb geben, was in verschiedenen osteuropäischen Ländern bereits zu beobachten ist. Daher ist die Frage, wie die politischen Akteure in Österreich mit dieser Krise umgehen, nicht nur für die Parteien selbst, sondern auch für die Stabilität der Demokratie von entscheidender Bedeutung.
Anfang 2025 beauftragt Österreichs Bundespräsident Alexander van der Bellen den rechtsextremen Chef der FPÖ, Herbert Kickl, damit, eine Regierung zu bilden. Alle Versuche zuvor sind gescheitert. Voller Tatendrang gehen die rechte FPÖ und die konservative ÖVP in die Verhandlungen. Doch nun, vier Wochen später, sind auch diese Gespräche geplatzt. Zu unüberbrückbar waren die Differenzen in der Außen- und Europapolitik. Und auch bei der Besetzung der Ministerien gab es großen Streit.
Österreich steht nun auf absehbare Zeit ohne Regierung da. Wie es weitergehen könnte und wie schwer die Regierungskrise ist, das erzählt in dieser Folge Verena Mayer, SZ-Korrespondentin in Wien.
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