Susanne Boshammer ist eine Philosophin, die sich intensiv mit den ethischen Fragen des Helfens beschäftigt. Sie diskutiert die komplexe Beziehung zwischen Helfenden und Hilfebedürftigen, wobei insbesondere die Autonomie der Hilfebedürftigen thematisiert wird. Boshammer beleuchtet das Vertrauen, das mit dem Bitten um Hilfe einhergeht, sowie das Recht, Hilfe abzulehnen. Sie untersucht auch die Herausforderungen und Vorteile professioneller Pflege und betont die Verantwortung der Helfenden, ohne die Bedürftigen in ihrer Autonomie einzuschränken.
Der Akt des Helfens wird als zentrale Tugend hervorgehoben, die sowohl die Persönlichkeitsentwicklung fördert als auch moralische Verantwortung impliziert.
Die komplexe Beziehung zwischen Helfendem und Hilfsbedürftigem erfordert eine differenzierte Analyse der wechselseitigen Dynamik und der ethischen Herausforderungen.
Hilfe kann sowohl positive als auch moralisch problematische Aspekte haben, wie bei Suizidbeihilfe, was den Wandel im gesellschaftlichen Hilfeverständnis verdeutlicht.
Deep dives
Der Mensch und das Helfen
Der zentrale Gedanke, dass die Fähigkeit zu helfen den Menschen von anderen Tieren unterscheidet, wird hervorgehoben. Helfen wird als eine Tugend betrachtet, die zur Persönlichkeitsentwicklung beiträgt. Dabei wird der Akt des Helfens sowohl aus der Perspektive der Helfenden als auch der Empfänger betrachtet, um die komplexe Beziehung zwischen diesen beiden Rollen zu verstehen. Die Dynamik des Helfens ist oft konfliktbeladen und kann in langjährigen Beziehungen eine verstetigte Rollenverteilung hervorrufen.
Ethik des Helfens
Die Philosophie thematisiert das Helfen vor allem im moralischen Kontext, indem sie die Fragen nach der Pflicht zu helfen und den Bedingungen des Hilfens behandelt. Es wird erklärt, dass jeder Mensch sowohl in der Rolle des Helfenden als auch der hilfsbedürftigen Person steckt, was zu einer wechselseitigen Dynamik führt. Diese Perspektive fordert dazu auf, nicht nur den Akt des Helfens, sondern auch die Beziehung zwischen Helfendem und Hilfeempfänger zu analysieren. Eine differenzierte Betrachtung ist notwendig, um die ethischen Herausforderungen des Helfens zu bewältigen.
Kritik am Helfen
Es wird ein kritischer Blick auf das Helfen geworfen, da nicht alle Arten von Hilfe positiv sind. Besondere Beispiele wie Suizidbeihilfe verdeutlichen, dass das Helfen auch moralisch problematische Dimensionen annehmen kann. Der Begriff der Hilfe hat sich in der gesellschaftlichen Wahrnehmung gewandelt, sodass das frühere Ministerium für Entwicklungshilfe heute als Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit bekannt ist, um einen differenzierteren und kritischen Diskurs zu fördern. Diese Entwicklung zeigt, dass viele Menschen ungern als Hilfeempfänger wahrgenommen werden und das Problem der Hilfsbedürftigkeit oft ein Tabuthema darstellt.
Hilfe annehmen und ablehnen
Das Annehmen von Hilfe wird als Herausforderung für die eigene Autonomie und Integrität wahrgenommen. Viele Menschen empfinden es als kränkend, um Hilfe bitten zu müssen, da dies ein Eingeständnis der Hilfsbedürftigkeit darstellt. Es wird diskutiert, dass ein balancierter Umgang zwischen der Wahrnehmung von Hilfsbedürftigkeit und dem Recht, Hilfe abzulehnen, wichtig ist. In Beziehungen, die durch Hilfe geprägt sind, spielt der Aspekt des Vertrauens eine entscheidende Rolle, da hilfsbedürftige Menschen oft nicht wollen, dass ihre Unabhängigkeit einschränkt wird.
Die Komplexität der Hilfsbeziehungen
Die Beziehung zwischen Helfenden und Hilfsbedürftigen wird als komplex und oft konfliktbeladen beschrieben. Ein Beispiel zeigt eine pflegebedürftige ältere Dame, die auf Hilfe angewiesen sein könnte, jedoch nicht bereit ist, diese anzunehmen. Solche Situationen erfordern eine sensibele Abwägung der Autonomie der hilfsbedürftigen Person und der Verantwortung der Helfenden. In der Diskussion wird klar, dass es nicht nur um die Erfüllung von Bedürfnissen, sondern auch um Fragen der Würde und Entscheidungsfreiheit geht.
Hilfe und Unterstützung spielen eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft. Jürgen Wiebicke diskutiert mit Philosophin Susanne Boshammer darüber, welche moralischen Aspekte damit verbunden sind.
Susanne Boshammer (*1968) ist Professorin für Praktische Philosophie an der Universität Osnabrück. Sie forscht über Moralphilosophie und angewandte Ethik.
Das Helfen macht den Menschen zum Menschen (02:31)
Der positive Ruf des Helfens – und die Kritik daran (06:33)
Über das Eingeständnis eigener Hilfsbedürftigkeit (10:09)
Konfliktpotenzial: Die Pflegebedürftigkeit im Alter (21:25)
Über das Recht, sich nicht helfen zu lassen (24:00)
Grundlegende Frage der Ethik: Bin ich verpflichtet, zu helfen? (30:30)
Was Hilfsbeziehungen anstrengend machen kann (34:10)
Welche Rolle das gegenseitige Vertrauen spielt (43:10)
Über die Crux, ein Hilfegesuch abzulehnen (47:30)
Literatur: Susanne Boshammer: Die zweite Chance. Rowohlt Verlag. 240 Seiten. 25 Euro. ISBN: 978-3-498-00681-5
Philosophieren Sie mit über die großen Themen unserer Zeit. Lassen Sie uns gemeinsam nachdenken über KI und Klimawandel, über Einsamkeit und Zusammenhalt, über Glück und Glaube. Das philosophische Radio mit Jürgen Wiebicke immer montags um 19:04 Uhr live in WDR 5. https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/philosophisches-radio/index.html
Im nächsten Podcast sprechen wir mit der Philosophin und Journalistin Svenja Flaßpöhler über das Streiten.
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Unser Podcast-Tipp: Im Mittelpunkt von "WDR Lebenszeichen" steht das Subjekt "Mensch": Sein Zusammenleben mit anderen in Familie, Partnerschaft oder im Berufsleben; sein Widerstand gegen Ideologien und Verhältnisse, die ihn zum Objekt degradieren wollen; sein Umgang mit Glück und Wohlstand, aber auch mit Krankheit und Trauer; seine Suche nach dem "aufrechten Gang". https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/lebenszeichen/index.html
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