Karl-Theodor zu Guttenberg: »Ich habe seelisch Schaden genommen«
May 7, 2025
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Karl-Theodor zu Guttenberg, ehemaliger Bundesminister und heute Unternehmer, beleuchtet seine Zeit im politischen Rampenlicht. Er spricht offen über die Herausforderungen der AfD und sieht eine mögliche Zusammenarbeit als denkbar an. Zudem reflektiert er über die Aussetzung der Wehrpflicht und die damit verbundenen finanziellen Zwänge. Persönliche Erfahrungen mit Plagiatsvorwürfen und deren Auswirkungen auf sein Leben werden ebenfalls thematisiert. Mit einem Augenzwinkern erzählt er Anekdoten aus der Familie Guttenberg, die die Zuhörer schmunzeln lassen.
Karl-Theodor zu Guttenberg reflektiert über den Druck und die Erwartungen, die mit einer politischen Karriere verbunden sind, und deren Einfluss auf die persönliche psychische Gesundheit.
Die Diskussion um die AfD erfordert ein differenziertes Verständnis der Wählerbeweggründe, um die politische Mitte zu stärken und den Dialog zu fördern.
Zu Guttenberg betont die Herausforderungen der Aussetzung der Wehrpflicht im Kontext von finanziellen Zwängen und der Notwendigkeit, moderne sicherheitspolitische Anforderungen zu erfüllen.
Deep dives
Stigmatisierung und Scheitern
In Deutschland herrscht eine ausgeprägte Lust an der Stigmatisierung und der Häme gegenüber Menschen, die scheitern oder psychische Probleme haben. Viele haben Angst, als gescheitert wahrgenommen zu werden, wenn sie mit solchen Herausforderungen konfrontiert sind. Diese Haltung führt dazu, dass seelische Erkrankungen oft nicht als das betrachtet werden, was sie sind – behandelbare Krankheiten. Im Gegensatz dazu wird in anderen Kulturen, wie in den USA, über psychische Probleme offener gesprochen, was zu einem gesünderen Umgang mit dem Thema führt.
Politische Karriere und Rückschläge
Die politische Karriere kann mit intensiven öffentlichen Erwartungen und Druck verbunden sein, die überwältigend wirken können. Karl-Theodor zu Guttenberg reflektiert über seinen eigenen Weg und die verschiedenen Herausforderungen, die er in seiner Laufbahn erlebt hat, einschließlich des überraschenden Rücktritts aufgrund eines Plagiatsvorwurfs. Er spricht über die wichtige Erkenntnis, dass man im Angesicht von Schwierigkeiten die innere Unabhängigkeit bewahren muss. Der Druck, den Erwartungen der Öffentlichkeit gerecht zu werden, kann zu persönlichen Krisen führen und ist oft schwer zu bewältigen.
Umgang mit der AfD
Die Diskussion über die AfD und ihre Platzierung im politischen Spektrum ist komplex und erfordert differenzierte Ansätze. Zu Guttenberg warnt davor, die gesamte Wählerschaft der AfD zu stigmatisieren und plädiert für ein Verständnis, das die Beweggründe ihrer Wähler betrachtet. Er ist der Meinung, dass die politische Mitte Strategien entwickeln sollte, um diese Wähler zurückzugewinnen, anstatt sie weiter zu isolieren. Gleichzeitig erkennt er die Herausforderung an, zwischen legitimen politischen Meinungen und extremistischen Positionen zu unterscheiden.
Veränderungen der Wehrpflicht
Zu Guttenberg erläutert die Entscheidung, die Wehrpflicht in Deutschland auszusetzen, und die damit verbundenen Herausforderungen für die Bundeswehr. Er betont, dass die strengen Bedingungen der Finanzkrise und die Erfordernisse der internationalen Verpflichtungen maßgeblich für diese Entscheidung waren. Die Diskussion um die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist nicht nur von finanziellen Aspekten geprägt, sondern auch von der Notwendigkeit, sich den modernen sicherheitspolitischen Herausforderungen zu stellen. Guttenberg sieht in der Wehrpflicht ein Mittel, um militärische Strukturen aufrechtzuerhalten und einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.
Authentizität in der Politik
Guttenberg spricht über die Bedeutung von Authentizität in der Politik, die von vielen Wählern als angenehm und ansprechend empfunden wird. Er zieht Vergleiche zur Führungsweise von Donald Trump und diskutiert, wie ein authentisches Auftreten in der Politik einen Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung hat. Gleichzeitig kritisiert er die Schwierigkeiten, die Politiker oft mitzuführen haben, um den Erwartungen gerecht zu werden, was manchmal zu einer Entfremdung führt. Eine klare, transparente Kommunikation wird als Schlüssel zu einem verbesserten Vertrauen zwischen Politikern und der Bevölkerung angesehen.
Manche handelten ihn schon als potenziellen Nachfolger von Bundeskanzlerin Merkel. Doch dann stolperte er über seine weitestgehend plagiierte Doktorarbeit. Die Uni Bayreuth entzog ihm den Titel und er sich der Öffentlichkeit. Heute ist er Unternehmer, Berater, Podcaster – und außerdem heimlicher LinkedIn-Star. Herzlich willkommen, Karl Theodor von und zu Guttenberg!
Der Ex-Verteidigungsminister hält eine Zusammenarbeit der Union mit der AfD nach der Bundestagswahl 2029 für denkbar. »Ich halte es nicht für ausgeschlossen.« Er sagte, dass die AfD bei 35 Prozent stehen könnte, »wenn es nicht gelingt, diese tatsächliche Monstrosität an Aufgaben, die jetzt vor dieser neuen Regierung liegt, innerhalb von zwei Jahren so zu bedienen, dass Vertrauen in der Bevölkerung zurückgewonnen wird.«
Er verteidigte außerdem die Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011, die unter seine Verantwortung fiel. »Wir konnten uns die Wehrpflicht schlichtweg nicht mehr leisten.« Dies sei Teil eines größeren Sparkurses gewesen. »Es war eine relativ ungerührte Ansage der Bundeskanzlerin, inklusive des Bundesfinanzministers, dass auf Teufel komm raus gespart werden musste.«
Das SPIEGEL-Spitzengespräch ist der Talk für alle, die politisch mitreden wollen. Markus Feldenkirchen ist Autor im Hauptstadtbüro des SPIEGEL und empfängt hier regelmäßig Gäste aus dem politischen Deutschland. Im Einzelgespräch oder in kleiner Runde bespricht er die gesellschaftlich und politisch relevanten Themen unserer Zeit.
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